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Das Maedchen am Klavier

Das Maedchen am Klavier

Titel: Das Maedchen am Klavier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosemarie Marschner
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einem Freund unter. Der freiheitsdurstigeRomantiker Robert Schumann erwies sich als gehorsamer Bürger.
    Die Kälte trieb Clara zurück zum Friese’schen Haus, wo man sie fröhlich empfing. Es wurde viel gelacht in dieser Familie. Gelacht, gescherzt und gerne auch amüsant über andere gelästert. Trotzdem fühlte sich Clara fremd hier. Am liebsten hätte sie ihren Koffer gepackt und wäre mit dem spärlichen Rest ihrer Gagen nach Paris zurückgereist. Pierre Erard hätte ihr sicher geholfen und das Konzert im Conservatoire hätte sie wieder saniert.
    Es klopfte an der Tür. Madame Friese stand draußen. »Wollen Sie nicht zum Abendessen kommen, liebe Clara?«, fragte sie freundlich und nahm Clara am Arm. »Herr Dr. Schumann wird auch bald da sein. Er war am Nachmittag zweimal hier und hat nach Ihnen gefragt.« Sie lächelte schwärmerisch. »Mein Gott, wie dieser Mensch Sie liebt! Man kann Sie wirklich beneiden. Wenn diese unangenehme Sache erst ausgestanden ist, werden Sie beide die glücklichsten Menschen der Welt sein.«

Berlin
1
    Den größten Teil ihres Lebens hatte Clara auf Reisen verbracht. Immer hatte es dabei ein Ziel gegeben, wo sie sich dem Publikum präsentierte. Danach folgte das nächste und das übernächste und immer so weiter. Im Hintergrund aber hatte zu jeder Zeit das Elternhaus in Leipzig auf sie gewartet, in das sie am Ende der Tournee zurückkehrte, um Kraft zu schöpfen, bis sie danach zu einer neuen Fahrt aufbrach. Eine endlos erscheinende Kette von Städten und Konzertauftritten, deren Clara jedoch nie überdrüssig geworden war, weil sie es nicht anders kannte und weil sie wusste, dass diese Lebensweise allen reisenden Musikern gemeinsam war. Ein »Tingelleben« hatte Clementine es einmal ärgerlich genannt, als Friedrich Wieck schon wieder von neuen Zielen schwärmte, obwohl er doch eben erst nach Leipzig zurückgekehrt war.
    Diesmal aber war es kein Tingelleben, zu dem Clara aufbrach. Diesmal fuhr sie nach Berlin, weil dort ihre Mutter lebte und Clara nicht wusste, wohin sonst sie gehen sollte. Bei Robert Schumann konnte sie nicht bleiben und bei Familie Friese hielt sie es nicht mehr aus, weil sie sich schämte, ein geduldeter Gast zu sein. Der einzige Bezugspunkt war nun ihre Mutter, auch wenn Clara bei den wenigen Gesprächen mit ihr immer das Gefühl hatte, Marianne gönne ihr ihre Erfolge nicht. »Du hast den Ruhm, der auch mir gebührt hätte«, hatte sie bei Claras erstem Besuch ganz nebenbei gesagt und dann geschildert, wie man ihr zugejubelt hatte, als sie im Gewandhaus auftrat. »Ich war nie so virtuos wiedu«, hatte sie hinzugefügt, »aber was die Emotion betrifft und den Ausdruck, konnte mir niemand das Wasser reichen.«
    Clara hatte diese Bemerkung nie vergessen, doch bisher hatte sie sich davon nicht verletzt gefühlt. Trotzdem war Marianne immer eine Fremde für sie geblieben, auch wenn sich Clara manchmal danach sehnte, eine Mutter zu haben, mit der sie über alles sprechen konnte. Doch Marianne war nie wie andere Mütter gewesen. Marianne hatte ihren Gatten betrogen und sich eine zweite Familie angeschafft mit Kindern, mit denen Clara nichts zu tun haben wollte. Mit ihnen nicht und auch nicht mit dem Urheber des Übels, mit dem falschen Freund, der nach seinem Schlaganfall nun mühevoll durchs Zimmer schlurfte und über sein Schicksal jammerte.
    »Ich will nicht nach Berlin«, hatte Clara zu Robert Schumann gesagt, als der Termin der nächsten Verhandlung auf Oktober anberaumt wurde. »Ich will nach Paris. Nur dort bieten sich mir Chancen, zumindest im Augenblick.«
    Doch darauf wollte Robert Schumann keinesfalls eingehen. So unentschlossen er sich sonst oft gebärdete – hier kehrte er plötzlich den Herrn im Hause hervor. Vielleicht fürchtete er, Clara zu verlieren, wenn sie seine Einflusssphäre erst verlassen hatte. Ein Triumph in Paris konnte sie für immer dort festhalten und ihr die Lust auf sein erträumtes »Hüttchen in Zwickau« verleiden.
    Clara ließ ihn reden. Die Zurückweisung durch den Vater hatte sie tief getroffen und ihre Widerstandskraft geschwächt. Sie war es müde, ständig zu streiten, und schon gar nicht mit dem einzigen Menschen, der ihr geblieben war. Sie wollte zur Ruhe kommen, musizieren und endlich den heimlichen Plan ausführen, an den sie trotz ihrer Traurigkeit in den letzten Tagen immer öfter denken musste: der »Romanze«, die sie in Paris komponiert hatte, zwei weitere Stücke hinzuzufügen, die das Werk abrundeten und

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