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Das Mädchen am Rio Paraíso

Das Mädchen am Rio Paraíso

Titel: Das Mädchen am Rio Paraíso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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Zeit mal in den Spiegel geschaut? Dein Haar ist wie Stroh, deine Haut speckig, dein Kinn voller Pickel, deine Lippen sind aufgeplatzt, deine Kleider schmutzig.«
    »Ich bin leider nicht dazu gekommen, in den Spiegel zu sehen. Ich muss nämlich eine Familie ernähren, etwas, was du ja nicht zustande bringst.«
    Und dann passierte etwas, womit ich in meinen bösesten Träumen nie gerechnet und was ich Hannes nie zugetraut hätte: Er schlug mich ins Gesicht, und zwar mit einer solchen Wucht, dass meine Nase zu bluten begann.
    Ich war fassungslos. Ich war derart entsetzt, dass ich nicht einmal weinen konnte.
    »Hat es dir jetzt die Sprache verschlagen? Hä? Antworte mir gefälligst!«
    Ich bekam keinen Ton heraus, sondern schlug die Hände vors Gesicht.
    »Kannst mich jetzt wohl nicht mal mehr ansehen, oder? Ich bin ja kein ganzer Kerl mehr, was? Das ist es doch, was du denkst. Was ihr alle denkt.«
    Ich schüttelte den Kopf und sah ihn an. Sollte ich lieber den Mund halten, um seine Raserei nicht noch anzuheizen? Oder sollte ich versuchen, ganz ruhig und vernünftig mit ihm zu reden, ihm meine Sichtweise zu erklären? Die nämlich, dass es nicht zwei gesunde Beine waren, die einen ganzen Mann ausmachten, sondern Charakter, Willenskraft und der Mut, eine solche Herausforderung, wie der Verlust eines Körperteils es nun einmal war, anzunehmen. Ich zögerte einen Augenblick zu lang. Hannes humpelte einen Schritt auf mich zu. Sein Gesicht war vor Wut zu einer Fratze entstellt. Er blieb hinter einem Stuhl stehen, hielt sich an der Lehne fest und holte dann mit seinem Krückstock zum Schlag aus.
    »Ich habe dich was gefragt, du Schlampe! Antworte!«, schrie er.
    Hildchen in ihrem Korb fiel in sein Gebrüll mit ein.
    Ich dagegen war mucksmäuschenstill. Er hatte mich am Arm getroffen. Es schmerzte, aber unter dem Ärmel meines Kleides konnte ich nicht sehen, ob es blutete. Ich rührte mich nicht von der Stelle. Aber ich begann zu sprechen.
    »Schlag mich doch tot. Tu es einfach. Bei mir gelingt es dir vielleicht, wo du es bei dem Bruder des armen Mädchens, das du daheim entehrt hast, schon nicht geschafft hast. Schlag zu, los! Dann kannst du ja sehen, wer dich durchfüttert. Vielleicht findest du ja noch eine Frau, die dich so nimmt, wie du bist – ein einbeiniger Trunkenbold, ha, ich wünsche dir viel Glück! Nicht mal der Friedhelm findet eine Braut, dabei ist der doch viel …« Weiter kam ich nicht. Ein weiterer Schlag streckte mich nieder. Er hatte mich am Kopf getroffen, und bei dem Fall zur Erde hatte ich mir unglücklich auf die Lippen gebissen, so dass diese bluteten. Ich konnte es schmecken.
    »Na los, worauf wartest du?«, sagte ich ganz leise. »Hau doch noch mal drauf, damit ich dann als Ernährerin auch ausfalle. Meinen Arm hast du schon verletzt. Hier«, dabei streckte ich ihm ein Bein entgegen, »schlag feste drauf, immer schön aufs Knie. Dann brauche ich wenigstens nicht länger im Unterholz herumzukriechen, um für dich nach Essen zu graben.«
    Unter Wutgeheul schlug er mit der Krücke auf mich ein. Ich rollte mich zu einem Knäuel zusammen, um weniger Angriffsfläche zu bieten, und wimmerte vor mich hin. Das alles war zu schrecklich, um wahr zu sein. Dann warf Hannes sich plötzlich auf mich, oder vielleicht hatte er auch nur das Gleichgewicht verloren, ich wusste es nicht. Ich merkte nur, dass die furchtbaren Schläge mit dem Stock auf einmal aussetzten, dass dafür aber der Mann, den ich in diesem Augenblick mehr als alles auf der Welt hasste, mich mit seinem Körper zu ersticken drohte und wie von Sinnen an meiner Kleidung riss. Er würde doch nicht etwa … hier, auf dem Holzfußboden?
    »Und das? Kann das der Friedhelm auch besser?«, keuchte er, während er an seiner Hose herumnestelte.
    Ich presste instinktiv meine Beine zusammen.
    »Was ist los, du Luder? Machst du beim Friedhelm auch auf Fräulein Rührmichnichtan? Ah, nein, bei dem kriegst du die Schenkel bestimmt gar nicht schnell genug gespreizt.« Er drückte meine Beine mit Gewalt auseinander, rollte sich dazwischen und versuchte, in mich einzudringen. Es klappte aber nicht, weil ich nicht bereit war und er nicht richtig hart. Das erzürnte ihn nur noch mehr.
    Obwohl ich bestimmt nicht wollte, dass wir uns unter solchen Umständen vereinigten, betete ich, dass er sein Ziel erreichen möge. Wenn zu allem Unglück, das er bereits erfahren hatte, nun auch noch der Verlust seiner Manneskraft käme, dann gnade mir Gott. Ich fügte mich also in

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