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Das Mädchen am Rio Paraíso

Das Mädchen am Rio Paraíso

Titel: Das Mädchen am Rio Paraíso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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mein Schicksal und gab mich weniger widerspenstig. Doch auch das war offenbar nicht richtig.
    »Was ist? Stellst du dich jetzt tot? Bei einem so schlaffen Körper kann einem ja alles vergehen.«
    Wenn es doch so gewesen wäre! Aber er blieb auf mir liegen und versuchte weiterhin, sein halb aufgerichtetes Glied zu etwas zu zwingen, wozu es nicht imstande war. Er versuchte, mit der Hand nachzuhelfen, indem er sich selber rieb und zwischendurch mit dem Finger in mich stieß. Dieser Vorgang war so mechanisch, so vollkommen bar jeder Zärtlichkeit, dass es mich zutiefst anwiderte. Immerhin war ihm nach ein paar Minuten, die mir wie eine Ewigkeit erschienen, Erfolg beschieden, und er drang in mich ein. Er atmete schwerer, bewegte sich immer schneller, stöhnte, zuckte und ergoss sich in mir. Ich spürte kaum mehr als ein unangenehmes Scheuern – und die Unebenheiten der Holzdielen an meinem Gesäß. Und dann war der Spuk auch schon vorüber.
    Hannes zog sich die Hose hoch, griff nach der Krücke und stemmte sich mit einer Hand an der Tischkante nach oben. Er würdigte mich keines Blickes mehr, als er davonhumpelte. Ich lag wie erstarrt auf dem Boden. Erst als ich hörte, wie er sich ins Bett fallen ließ, rappelte ich mich auf.
    Wenig später hörte ich ihn schnarchen. Hilde in ihrem Korb schlief ebenfalls. Ich selber jedoch verspürte nicht die geringste Lust, mich schlafen zu legen, schon gar nicht ins Bett zu Hannes. Auf Zehenspitzen schlich ich ins Schlafzimmer, öffnete die große Reisetruhe und kramte darin nach der Hängematte, die wir anfangs benutzt hatten. Ich zog sie hervor und ließ den Deckel der Truhe versehentlich zu früh fallen. Es gab einen ziemlich lauten Knall. Hannes grunzte und drehte sich um, wachte aber nicht auf. Leise verließ ich den Raum.
    In der Stube fand ich zwei hölzerne Bolzen, die sich in der richtigen Entfernung voneinander befanden, um die Hängematte daran aufzuhängen. Ich musste auf einen Stuhl klettern, um die Schlingen sicher darumzulegen. Dann setzte ich mich in die Matte und schaukelte eine Weile vor mich hin. Ich fiel fast um vor Erschöpfung, aber ich verspürte keinerlei Müdigkeit. In meinem Kopf jagte ein Gedanke den nächsten. Ich dachte an Flucht, an Mord, an Selbstmord. Ich spielte alle Möglichkeiten durch, doch keine davon versprach eine dauerhafte Lösung, oder zumindest keine, mit der ich zufrieden gewesen wäre.
    Vielleicht, dachte ich schließlich, sollte ich mir woanders Rat holen. Andere Leute mussten doch auch schon gemerkt haben, dass Hannes nicht mehr er selber war, dass er zu trinken begonnen hatte und seine Pflichten vergaß. Und vielleicht wüssten die anderen, was zu tun war. Christel und Franz würden sicher vernünftiger mit Hannes reden können. Bei ihnen würde er sich benehmen, und auf sie würde er eher hören als auf mich. Obwohl ich meine Sorgen lieber mit mir selber ausmachte und andere Leute nicht gern mit meinen persönlichen Nöten belästigte, fasste ich den Beschluss, am nächsten Tag zu unseren Nachbarn zu gehen. Und kaum hatte ich das beschlossen, hob ich die Beine in die Hängematte und schlief sofort ein.
     
    Ich wurde von Hannes geweckt, der ungeschickt mit dem Geschirr klapperte. Er schien unser Frühstück zubereiten zu wollen. Ich beobachtete ihn ein paar Minuten aus dem Augenwinkel. Er wusste nicht einmal, wo sich was in der Küche befand, so selten hatte er je darin zu tun gehabt. Es war irgendwie rührend, wie er in jedes Gefäß blickte, um den Zucker zu finden, oder wie er den falschen Topf nahm, um Wasser für den Kaffee aufzusetzen.
    »Lass schon. Ich mach das«, meldete ich mich.
    Er schrak zusammen. Dann drehte er sich zu mir um. Er wirkte über alle Maßen zerknirscht.
    »Es … das gestern Abend, also das … tut mir leid.«
    »Hm.«
    »Es wird nie wieder vorkommen.«
    Ich wandte den Blick ab.
    »Klärchen, bitte glaub mir. Ich weiß nicht, was in mich gefahren war. Aber es wird bestimmt nie wieder passieren, das versichere ich dir. Verzeihst du mir?«
    Ich konnte ihm noch immer nicht in die Augen sehen. Er klang aufrichtig. Er sah aus wie der Hannes, den ich einmal geliebt hatte. Er war mir, bis auf die vergangenen Wochen, immer ein guter Mann gewesen, und er war ein hingebungsvoller Vater. Doch der Schrecken des Vorabends saß mir noch zu tief in den Knochen, als dass ich ihn einfach so hätte vergessen können. Und die körperlichen Schmerzen erinnerten mich jede Sekunde daran. Als ich aus der Hängematte krabbelte,

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