Das Mädchen Ariela
härter die Unterlage, um so besser kann ich den Kopf abschlagen. Sagen Sie mir, wenn Sie den Muskel gespannt haben …«
Schumann nickte. Er starrte auf die Viper und zog die Wadensehne an. Ganz langsam und gleichmäßig. Er sah, wie der Kopf der Viper jetzt wie auf einem kleinen Hügel lag … wie auf einem Hackklotz, bereit zur Hinrichtung.
»Jetzt!« sagte er lauter als zuvor. »Jetzt, Major …«
Rishon warf sich herum. Mit dem Messer stürzte er sich über das Bein Schumanns, bevor die Viper reagieren konnte und den Schatten über sich als Gefahr erkannte. Mit einem kräftigen Hieb trennte er den Kopf vom Leib, das scharfe Messer schnitt tief in Schumanns Bein ein, und ein Blutstrom quoll aus der klaffenden Wunde hervor. Aber noch im Tode geschah es … der Kopf zuckte, die Nerven der Viper zogen sich zusammen, die Zähne kratzten über das Bein Schumanns und rissen die Haut auf. Erst dann überflutete Blut den abgetrennten Kopf.
Schumann sank erschöpft zurück. Rishon warf Leib und Kopf der Viper auf den Wagenboden. »Gelungen!« schrie er so laut, daß Ariela draußen im Zelt hochschreckte. »Sie ist tot, Schumann!«
»Aber sie hat noch die Haut geritzt …«
»Das … das ist nicht möglich …« Rishon riß sein Hemd vom Körper und drückte es auf die blutende Wunde. »Der Kopf war sofort ab …«
»Und doch hat er es noch geschafft …« Schumann lag auf der Polsterbank des Autositzes und sah an die Decke. »Wir können nur die Hoffnung haben, daß es nicht der Giftzahn war …«
So gut es ging, wischte Rishon das Blut von Schumanns Bein und zog eine Taschenlampe aus dem Ablagefach hervor. Im grellen Schein sah er zwei ganz feine Kratzer auf der Haut, kaum gerötet, nicht einmal so stark, als habe er sich an Dornen die Haut verletzt.
»Es ist nichts!« sagte er aufatmend. »Keine Sorge, Schumann.«
Aus dem Zelt kroch Ariela und lief zum Wagen. »Was habt ihr?« rief sie im Laufen. »Streitet ihr euch schon wieder? Könnt ihr nicht warten, bis wir in Sicherheit sind?« Sie riß die Tür des Wagens auf und sah das Blut, das von Schumanns Bein lief und auf den Sitz tropfte. »Was hast du ihm getan, Moshe?« schrie sie. Ihre Hand zuckte vor. Erschrocken starrte Rishon in den Lauf einer Pistole. »Steig aus!« sagte sie kalt. Es war ein Befehl. »Steig aus und nimm die Hände hoch!«
»Ariela …«, stotterte Rishon. »Ein Irrtum …«
»Steig aus!« Die Pistole zeigte mitten auf seine Stirn. Rishon wurde es eiskalt. Sie würde auf mich zielen, dachte er. Sie würde mich wegen Schumann töten … ihr Finger liegt gekrümmt am Abzug. Er senkte den Kopf und war dem Weinen nahe. Die plötzliche Erkenntnis, für Ariela nichts mehr zu bedeuten, war fast unerträglich. Er stieg aus und warf das Messer in den Sand.
»Mit dem Messer«, sagte sie leise. »Mit einem Messer wolltest du ihn töten …«
Über den blutbefleckten Sitz schob sich Schumann nach draußen. Er setzte sich auf einen großen Stein und preßte Rishons völlig durchblutetes Hemd auf die Wunde. Er hatte nicht gehört, was zwischen Ariela und Rishon gesprochen worden war, und sah plötzlich erstaunt die Pistole in Arielas Hand.
»Er hat mir das Leben gerettet«, rief Schumann. »Wenn es vielleicht auch nur ein paar Stunden sind. Er hat alles getan, was er konnte. Du solltest ihn umarmen, Ariela!«
Rishon lehnte am Auto und sah hinauf in den fahl werdenden Morgenhimmel über der Wüste. Er hörte, wie Ariela mit Schumann sprach, wie sie ihn küßte, wie sie aus der Truhe unter dem Fahrersitz Verbandszeug holte und das verletzte Bein verband. Plötzlich stand Ariela vor ihm und steckte ihm das gereinigte Messer in die Tasche.
»Ich danke dir, Moshe«, sagte sie zaghaft.
Rishon schwieg. Warum spricht sie mich noch an? Es ist, als ob man in eine tönerne Kanne schreit. Ich bin ein leeres Gefäß. Ich bin ein Stein dieser Wüste geworden. Seit wann unterhält man sich mit toten Gegenständen?
»Du hast ihn gerettet. Das vergesse ich dir nie.« Ariela legte die Hand auf seine Schulter. »Verzeih mir, Moshe«, sagte sie leise.
»Du hättest mich erschossen …«
»Ja!« sagte sie fest.
»Ohne daran zu denken, was uns miteinander verbindet …«
»Erbarmungslos, Moshe! Ich hätte dich dort vor dem Wagen hingerichtet, wie einen Mörder …«
»Mein Gott … was bist du bloß für ein Mädchen!«
»Ich habe in der Armee gelernt, hart und gerecht zu sein. Peter und ich sind eins. Wer Peter tötet, tötet auch mich … ich hätte an dir
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