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Das Mädchen Ariela

Das Mädchen Ariela

Titel: Das Mädchen Ariela Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sich vor Schmerzen … es war schwer, den rechten Arm in dem dicken Verband hochzuheben. In der Schulterwunde tuckerte es wie ein Traktormotor. »Es macht dir Freude, mich zu quälen …«
    »Ich dachte, ein israelischer Offizier könnte die Wahrheit ertragen!« Alle Bitterkeit, die Rishon empfand, lag in diesen Worten. Dann senkte er den Blick und nagte verzweifelt an seiner Unterlippe. »Ich gehe, Ariela«, sagte er. »Ich bedaure, daß der Krieg zwei Opfer von dir gefordert hat. Du … du bist jetzt allein. Wenn der Krieg zu Ende ist, werden wir viel Zeit haben, ohne Leidenschaft über die Zukunft nachzudenken. Ich habe mein Haus noch … draußen in Talpioth … du weißt, es ist groß, und es ist leer … und seine Türen stehen immer offen … Vielleicht kommst du einmal … später … wenn wir den Frieden gewonnen haben und wenn alle Wunden vernarbt sind …«
    Er wartete keine Antwort ab. Militärisch knapp machte er eine Drehung auf den Absätzen zur Tür und verließ das Zimmer.
    Ariela stand mitten im Raum, die Hände noch an den Ohren. Aber sie hatte alles gehört, und sie war Rishon dankbar, daß er jetzt, im richtigen Augenblick, gegangen war.
    Denn jetzt mußte sie weinen …
    Da war die Mauer.
    Hunderte drängten sich zu ihr, schoben sich durch die engen Durchlässe, standen in Reihen hintereinander und warteten, bis sie herantreten konnten, um die Arme auszubreiten, die Stirn gegen die heißen Quadern zu drücken und mit Gott zu sprechen. O Herr, beschütze Dein Volk. Gib uns Frieden. Frieden. Frieden.
    Sonst nichts.
    Frieden ist Boden und Dünger, Regen und Wind, Tag und Nacht, Same und Frucht.
    Frieden ist Dein Atem, Gott.
    Schalom, o Herr …
    Auf den Mauern und Dächern rings um die Klagemauer und den Tempelbezirk saßen israelische Soldaten mit Maschinengewehren und Granatwerfern. In den Zufahrtsstraßen waren Panzer und leichte Geschütze in Stellung gegangen. Der Krieg war nun zweiundsiebzig Stunden alt. König Hussein von Jordanien hatte als erster kapituliert, die tapfere jordanische Armee, die beste im Vorderen Orient, hatte die Waffen gestreckt. Sie war nicht vernichtet … sie war erschreckt und verzweifelt. Die in Tränen schwimmende Rede ihres Königs in Amman verstanden sie zwar als Menschen, aber nicht als Soldaten und schon gar nicht als Araber, denen der Haß gegen die Juden mit dem ersten Atemzug ins Blut geht. Blutvergießen vermeiden, verhandeln, einen Frieden am runden Tisch suchen. Tote sind keine Pflastersteine für eine Straße in die Zukunft.
    Es ist die Wahrheit, man weiß es … aber da liegen Jerusalem und Bethlehem, da beginnt hinter Jericho die Wüste, da fließt die Lebensader des Landes, der Jordan, der nun Grenze geworden ist … und da sind die Brüder und Schwestern, die mit Säcken und Ballen, zu Fuß oder auf einem Esel, allein oder familienweise über die staubige Straße ziehen, die Angst im Nacken, Bürger eines jüdischen Staates zu werden, denjenigen gehorchen zu müssen, die man haßt wie den Teufel mit den sieben Schwänzen.
    Und so war noch immer Krieg rund um Jerusalem. Stoßtrupps der Israelis säuberten Widerstandsnester in den Bergschluchten, entdeckten verborgene Waffenlager, stellten Heckenschützen an die Wand und erschossen sie, trieben Familien aus den Häusern, in denen man versteckte Soldaten fand, und sammelte sie auf Plätzen. Dort hockten sie wie flügellahme Riesengeier, starrten in den Staub und warteten auf die Rache Allahs an den Juden.
    Und da war die Mauer!
    Ariela drängte sich durch die Reihen der betenden Soldaten und der strenggläubigen Juden aus dem Viertel Mea Shearim, die auch heute noch die schwarzen runden Hüte tragen, ihre Haare in lange Löckchen drehen und am Sabbat ihren Kaftan anziehen. Sie sah Offiziere, die weinten, als sie an der Mauer standen; sie sah einen uralten Rabbiner, dessen weißer Bart bis zum Gürtel hing, wie er von zwei Schülern gestützt wurde, mit beiden Händen die Thorarollen gegen seine Brust drückte, sie dann zur Mauer hob und mit zitternden Lippen betete. Sie sah Frauen, die Zettel schrieben, sie zusammenfalteten und in die Ritzen der Mauer schoben: Gott, schütze meinen Mann! Gott, gib ihn mir wieder! Gott, verlaß uns nicht …
    Sie sah das alles und sah es doch nicht. Sie stand vor der Mauer, die Sonne blendete sie, die Quadern waren wie aufgetürmte Berge, das Gemurmel der Betenden umrauschte sie wie ein Fluß, der durch ein breites, sandiges Bett fließt … ein Wadi in der Wüste, in der

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