Das Mädchen auf den Klippen (German Edition)
dabei war, sich in sie zu verlieben, war er gleichzeitig überzeugt, nichts Unrechtes zu tun. Er hatte seine Frau geliebt, nur sie und die Kinder lebten nicht mehr. Betty wäre die letzte gewesen, die von ihm verlangt hätte, bis an das Ende seiner Tage allein zu ble iben.
Dr. Thornberry bog in den Fahrweg ein, der zu Janices Haus führte. Er stellte seinen Kombiwagen neben ihrem eigenen ab, stieg aus und nahm den Blumenstrauß vom Rücksitz, den er für sie in St. Vincent gekauft hatte.
Janice kam ihm aus dem hinteren Teil des Gartens entgegen. Es war ihr anzusehen, dass sie sich über seinen Besuch freute. „Danke, für die wunderschönen Blumen, Doktor Thornberry“, sagte sie, als er sie ihr reichte.
„Es ist mir eine Freude gewesen, sie für Sie auszusuchen, Mrs. Baker“, erwiderte er. „Allerdings, wenn ich jetzt sehe, wie in Ihrem Garten alles blüht, hätte ich wohl besser ein paar Pralinen gekauft.“
„Glauben Sie mir, über die Blumen freue ich mich hundertmal mehr“, antwortete die junge Frau und führte ihn ins Haus. „Ich habe den Teetisch auf der Terrasse gedeckt. Wenn Sie wollen, können Sie schon immer hinausgehen. Oder möchten Sie sich erst einmal anschauen, was ich seit Ihrem letzten Besuch alles im Haus verändert habe?
„Gern“, sagte Walter. Er fühlte sich hier ausgesprochen wohl. Janices Wesen war in jedem Winkel dieses Hauses zu spüren. Obwohl ein Großteil der Möbel noch von den Winslows stammte, hatte inzwischen ihre Gegenwart das Haus geprägt. Er bewunderte die Zeichnungen, die an den Wänden im Treppenhaus hingen. Mit ein paar Strichen hatte es die junge Frau geschafft, den reizvollen Charakter Cornwalls auf das Papier zu ba nnen.
„Ich zeichne und male in letzter Zeit sehr viel“, sagte Janice, als sie ihn durch das Haus führte. „Vor einigen Tagen habe ich mit dem Galeristen gesprochen, bei dem ich vor meiner Ehe ausgestellt habe. Er hat mir ein gutes Angebot gemacht.“
„Und, werden Sie es annehmen?“
„Ja.“ Janice nickte. „Er will im Oktober zehn Bilder von mir ausstellen und ist überzeugt, dass ich großen Erfolg haben werde.“
„Das freut mich für Sie.“ Walter berührte ihren Arm.
„Sie sind schon jetzt zur Vernissage eingeladen.“
„An diesem Tag werde ich mir auf jeden Fall frei nehmen“, versprach er.
Es gab nur einen einzigen Raum, in dem die junge Frau nichts geändert hatte und das war Maureens Zimmer. Die Zeichnung von Winnie Pu und seinem Abenteuer in der Kaninchenhöhle war noch immer unvolle ndet.
„Ich habe mir überlegt, ob ich Maureens Spielsachen und Bücher nach unten holen soll“, sagte Janice. „Ich...“ Sie öffnete den Kleiderschrank und nahm die Puppe heraus, die sie in der Höhle g efunden hatte.
„Es könnte durchaus sein, dass sie Maureen gehört hat“, meinte der junge Arzt, nachdem er sie lange betrachtet hatte. Nachdenklich legte er die Puppe in den Schrank zurück. „Ich frage mich, ob es etwas bringen würde, zu Maureen zu ze igen.“
„Darüber habe ich auch schon nachgedacht, nur woher sollen wir wissen, ob es ihr nicht schaden würde?“, fragte Janice, während sie nach unten gingen. „Maureen macht Fortschritte, wenn es auch nur winzige sind.“ Sie sah ihn an. „Ehrlich, Doktor Thornberry, manchmal habe ich das Gefühl, verrückt zu werden. Diese Stimmen, die ich oft des Nachts höre, dieses Mädchen... Gestern Abend habe ich es wieder am Strand gesehen. Diesmal hatte es keine Puppe dabei.“
„Ich bin überzeugt, dass wir es mit einem übersinnlichen Phänomen zu tun haben“, erwiderte Walter. „Es gibt Leute, die derartige Vorkommnisse erforschen. Wenn ich mich umhöre, könnte es sein...“
„Nein.“ Janice schüttelte den Kopf. „Nein, ich glaube, das wäre ein großer Fehler, Doktor Thornberry. Wenn ich mir tatsächlich diese Stimmen nicht einbilde und auch das Kind am Strand nicht real ist, muss ich selbst herausfinden, was das alles zu bedeuten hat. Einen Experten hinzuzuziehen, könnte ein großer Fehler sein. Er kann unwissentlich etwas zerstören. Es...“ Sie holte tief Luft. „Vorausgesetzt, dass ich nicht verrückt werde oder es schon bin, betrifft diese Geschichte auch meinen Sohn. Denn immerhin ist es ja auch seine Stimme, die ich h öre.“
Walter legte ihr spontan die Hände auf die Schultern. „Sie sind der normalste Mensch, den ich kenne“, versicherte er ihr. „Sie können sich darauf verlassen, dass ich zu anderen kein Wort über das verliere, was hier g
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