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Das Mädchen auf den Klippen (German Edition)

Das Mädchen auf den Klippen (German Edition)

Titel: Das Mädchen auf den Klippen (German Edition)
Autoren: Anne Alexander
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wusste, wie leichtsinnig es war, mit Hausschuhen den steilen Klippenpfad hinunterzusteigen, verließ sie den Garten und machte sich auf den Weg zum Strand.
    Der Abstieg war bei Dunkelheit noch schwieriger als am Tag. Immer wieder musste sich die junge Frau an einem Stück Felsen oder an einem Strauch festhalten. Schon nach wenigen Metern bereute sie es, sich auf dieses Abenteuer eingelassen zu haben, umkehren wollte sie allerdings jetzt auch nicht mehr. Sie wollte endlich wissen, was es mit diesem Kind auf sich hatte.
    Es schien endlos zu dauern, bis Janice das Ende des Klippenpfades erreicht hatte. Sie zog sich ihre Hausschuhe aus und ging durch den kühlen Sand. Das Brausen und Tosen der Wellen, die auf den Strand zu rollten, erfüllte die Luft. Einen Moment blieb sie stehen und beobachtete, wie die Gischt sich an einer Klippe wenige Meter vom Ufer entfernt brach. Es war ein faszinierendes Schauspiel. Sie hatte sich von jeher gern am Meer aufgehalten. Stundenlang konnte sie dem Spiel der Wellen zuschauen und auf das Kreischen der Möwen la uschen.
    Das kleine Mädchen hockte noch immer im nassen Sand. Unermüdlich baute es an seiner Burg, deren größter Teil mit jeder We lle, die über das Ufer glitt, fortgespült wurde. Es schien so in sein Spiel vertieft, dass es alles um sich herum vergessen hatte.
    Ganz langsam ging die junge Frau auf das Kind zu. Ihre bloßen Füße hinterließen im Sand Abdrücke, die sich mit Wasser füllten und ausgelöscht wurden.
    Sie hatte das Mädchen fast erreicht, streckte bereits die Hand nach ihm aus, als es aufsprang, blitzschnell nach seiner Puppe griff und davonrannte.
    „Warte!“, rief Janice. „Bitte, warte!“
    Das kleine Mädchen bog um eine Klippe und war verschwunden.
    Janice stieß heftig den Atem aus und schaute nachdenklich auf die Burg hinunter. Das Wasser hatte sie bereits bis auf ein feuchtes Häufchen Sand fortgetragen. Sie bückte sich und griff in den nassen Sand. Langsam ließ sie ihn durch ihre Finger rinnen.
    Die junge Frau entschloss sich, dem Kind zu folgen. Eilig lief sie am Ufer entlang, watete ein paar Meter durch seichtes Wasser, um an einer Klippe vorbeizugehen, die ins Meer hineinführte, und erreichte die Bucht, in der man vor zehn Jahren Joans Leiche gefunden hatte. Allerdings hatte Janice keine Ahnung, dass der Mord hier geschehen war.
    Von dem Kind war weit und breit nichts zu sehen. Der Mond stand jetzt genau über ihr. Janice schaute zu den Höhlen, die von seinem Licht getroffen wurden. Ohne, dass es ihr selbst bewusst war, stieg sie zu ihnen hinauf. Hier war der Sand trocken. Nur bei Sturm reichte das Wasser so weit hinauf.
    In ihrer Jugend hatte Janice unzählige Bücher über die Schmuggler gelesen, die in diesen Höhlen wahre Schätze versteckt hatten. Sie hatte davon geträumt, die Höhlen zu erforschen und die geheimen Gänge zu finden, die in irgendeinem Schloss oder einer Kirche endeten. Jetzt war ihr allerdings nicht nach derartigen Abenteuern zumute. Trotzdem betrat sie eine der Höhlen.
    Die junge Frau war erst ein paar Schritte in die Höhle hineingegangen, als ihr bewusst wurde, was sie tat. Ich kann nur verrückt sein, dachte sie erschrocken. Die Dunkelheit, die sie umgab, mac hte ihr Angst. Aber es schien nicht nur ihre eigene Angst zu sein, die sie spürte, sondern auch noch die eines anderen Wesens.
    „Kleine, bist du hier?“, fragte sie in die Dunkelheit hinein. „Bitte, antworte. Ich will dir nichts tun.“
    Bis auf das Tosen des Meeres, das gedämpft zu ihr drang, und das laute Schlagen ihres Herzens, blieb es um sie herum still.
    Janice wollte fliehen, stattdessen ging sie noch weiter in die Höhle hinein. Und dann sah sie trotz der Dunkelheit plötzlich wieder dieses Kind. Umgeben von einem bläulichen, diffusen Licht, hockte es angstvoll zusammengekauert in einer Nische und hielt seine Puppe fest an sich gepresst.
    „Du musst dich nicht fürchten“, sagte die junge Frau. „Na, komm.“ Mit ausgestreckten Händen ging sie auf die Kleine zu. Sie hatte sie schon fast erreicht, als es um sie herum mit einem Mal so dunkel wurde, als hätte sie sich dieses Licht, das sie gerade noch gesehen hatte, nur eingebildet.
    Janice ging noch einen Schritt weiter. Sie stolperte über etwas, das am Boden lag, und wäre fast hingestürzt, wenn sie sich nicht noch im letzten Moment an der Höhlenwand hätte abstützten können. Verdammt, dachte sie wenig damenhaft. Sie bückte sich und griff nach dem Gegenstand, über den sie
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