Das Mädchen auf den Klippen - Riley, L: Mädchen auf den Klippen - Girl on the Cliff
großziehen, verabschiedet?«
»Ja. Du hast mir ja letzte Woche klipp und klar gesagt, dass eine Beziehung mit der Kindsmutter für dich nicht infrage kommt.«
Matt wurde rot. Grania war weg, und Charley, die er sein Leben lang kannte, bekam ein Kind von ihm. Was hatte er schon zu verlieren?
»Ich hab’s mir anders überlegt«, verkündete er.
»Ach.«
»Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass das mit uns funktionieren könnte.«
»Wirklich?«, fragte Charley skeptisch.
»Ja.«
»Und was ist mit Grania?«
»Das ist vorbei.«
»Bist du sicher?« Charley musterte ihn argwöhnisch. »Letzte Woche schien das noch nicht so klar zu sein. Was hat dich dazu bewogen, es dir anders zu überlegen?«
»Mir ist aufgegangen, dass wir uns immer nahe waren. Und jetzt …«, er deutete auf Charleys Bauch, »… vielleicht ist das ein Fingerzeig des Schicksals.«
»Bist du wirklich sicher, Matty? Wie gesagt: Ich schaffe das mit dem Kind auch allein. Ich will dich nicht unter Druck setzen.«
»Das weiß ich, Charley. Aber ich bin bereit, es zu versuchen. Wie steht’s mit dir?«
»Dein Meinungsumschwung kommt überraschend. Ich … möchte nicht wieder von dir verletzt werden.«
»Ich schwöre beim Leben unseres Kindes, dass ich dir nicht wehtun werde, Charley.«
»Ich dachte, du empfindest nicht das Gleiche für mich wie ich für dich.« Charley senkte verlegen den Blick. »Du weißt, dass ich dich schon lange liebe, Matty?«
»Ich liebe dich auch«, hörte Matt sich lügen.
»Als ›Freund‹?«
»Wir sind so lange befreundet, Charley. Ich glaube, das ist eine gute Grundlage für mehr.«
»Okay. Was schlägst du nun vor?«
»Dass du bei mir im Loft bleibst.«
»In meinem Schlafzimmer?«
»Nein.« Matt holte tief Luft und ergriff ihre Hand. »In meinem.«
»Schockierend. Das hätte ich nicht erwartet.«
»Ich bin immer für eine Überraschung gut«, scherzte Matt mit leichter Verbitterung in der Stimme.
»Dann also auf uns und auf das kleine Wesen, das wir gemeinsam geschaffen haben.«
»Ja.« Matt bekam ein flaues Gefühl im Magen. »Auf uns.«
36
Zwei Wochen nachdem Grania in die Schweiz gereist war, betrat sie kurz nach dem Mittagessen unangekündigt die Küche des Farmhauses. Als Kathleen von oben herunterkam, sah sie ihre Tochter zusammengesunken am Tisch sitzen, den Kopf auf den Armen ruhend. Sie musterte sie eine ganze Weile, bevor sie sich bemerkbar machte.
»Hallo, Grania.«
»Hallo, Mam.« Grania hob den Blick nicht.
»Ich stelle Wasser für den Tee auf, ja?«, sagte Kathleen.
Keine Antwort. Kathleen füllte den Kessel, setzte sich neben sie und legte ihr sanft die Hand auf die Schulter. »Was ist passiert, Grania?«
»Ach, Mam …«
Als Grania den Kopf hob, sah ihre Mutter ihr blasses, eingefallenes Gesicht. Kathleen legte die Arme um sie, und Grania begann, hemmungslos zu weinen. Der Wasserkessel pfiff gute zwei Minuten vor sich hin, bevor Kathleen aufstand. »Ich mach uns ein Tässchen Tee«, verkündete sie. Wenig später stellte sie eine Tasse vor Grania auf den Tisch, die apathisch vor sich hinstarrte.
»Grania, du siehst schrecklich aus. Willst du mir nicht erzählen, was los ist?«
»Alexander ist tot, Mam«, presste Grania hervor.
Kathleen schlug eine Hand vor den Mund und bekreuzigte sich mit der anderen. »Nein … Wie?«
Grania leckte sich die Lippen. »Er hatte einen Hirntumor und ist vor vier Tagen gestorben. Als seine Frau musste ich bleiben, um alles für seine Beisetzung zu regeln und sämtliche Papiere zu unterschreiben.«
»Liebes, trink einen Schluck Tee. Ich hole uns noch was anderes, das uns wieder auf die Beine bringt.« Kathleen nahm den Brandy aus dem Schrank, den sie sonst nur zum Kochen benutzte, und gab einen ordentlichen Schuss in ihre Tassen.
Grania nahm einen Schluck und begann zu husten.
»Grania, ich weiß, dass es viel zu erzählen gibt, aber …«, sie warf einen Blick auf die Küchenuhr, »… Aurora kommt in weniger als einer Stunde heim. Soll ich Jennifer, die Mutter ihrer besten Freundin, anrufen und sie bitten, sie von der Schule abzuholen und bis zum Abendessen bei sich zu behalten? Ich finde, sie sollte dich nicht so sehen.«
»Bitte, ja«, antwortete Grania. »Ich könnte jetzt nicht …«
»Du schaust aus, als hättest du die ganze letzte Woche nicht geschlafen. Wie wär’s, wenn du dich mit einer Wärmflasche ins Bett legst?«
»Ich glaube nicht, dass ich schlafen kann«, sagte Grania, als Kathleen sie hinaufbegleitete.
»Du kannst es
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