Das Mädchen auf den Klippen - Riley, L: Mädchen auf den Klippen - Girl on the Cliff
so unwohl in seiner Haut fühlen konnte. Ihrer Erfahrung nach waren reiche, erfolgreiche Männer, die aussahen wie Alexander, arrogant und besaßen ein starkes Selbstbewusstsein, das sich aus allgemeiner Bewunderung speiste.
»Es ist fertig«, verkündete Alexander, als er den Kopf zur Tür hereinstreckte. »Wir gehen ins Esszimmer. Dort ist es wärmer als in der Küche.«
Grania folgte Alexander. Der hochglanzpolierte lange Mahagonitisch war am einen Ende für zwei Personen gedeckt. Grania wählte den am weitesten vom Kamin entfernten Stuhl.
Alexander setzte sich ans Kopfende. Mrs. Myther betrat den Raum mit zwei Tellern, die sie vor ihnen abstellte.
»Danke.« Alexander nickte der Haushälterin zu, die das Zimmer verließ, und sah Grania an. »Ich muss mich für das rustikale Essen entschuldigen, aber die feine Küche ist nicht ihre Stärke.«
»Ich liebe Schinken, Kohl und Kartoffeln mit Sauce«, versicherte Grania ihm.
»Es ist das Einzige, was Mrs. Myther ordentlich hinkriegt. Bitte, fangen Sie doch an«, fügte er mit einem Blick auf ihren Teller hinzu.
Sie aßen eine Weile schweigend. Grania beobachtete ihren Gastgeber aus den Augenwinkeln.
»Weswegen haben Sie mich eingeladen?«
»Ich wollte Sie nach Ihren Plänen für den kommenden Monat fragen«, antwortete Alexander. »Wenn Sie nur zu Besuch bei Ihrer Familie sind, wollen Sie sicher bald nach New York zurück, oder?«
Grania legte Messer und Gabel zusammen. »Ehrlich gesagt, habe ich noch nicht entschieden, was ich tun werde.«
»Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie vor etwas weglaufen?«
Wie konnte jemand, der sie kaum kannte, das ahnen? »Wenn Sie so wollen. Wie kommen Sie darauf?«
»Nun …« Alexander schluckte den letzten Bissen hinunter und wischte sich den Mund mit der Serviette ab. »Zum einen besitzen Sie eine Kultiviertheit, die Sie sich bestimmt nicht in Dunworley erworben haben. Zum anderen habe ich Sie, wahrscheinlich noch vor Aurora, auf den Klippen spazieren gehen sehen. Sie wirkten nachdenklich. Außerdem hätte eine Frau wie Sie normalerweise weder Zeit noch Lust, jeden Tag in Gesellschaft einer Achtjährigen zu verbringen.«
Grania spürte, wie sie rot wurde. »Das ist eine ziemlich zutreffende Einschätzung meiner gegenwärtigen Situation.«
»Meine Tochter scheint Sie sehr zu mögen, und offenbar können Sie ihr auch etwas abgewinnen …«
»Ich finde sie reizend und bin gern mit ihr zusammen«, erklärte Grania. »Sie ist einsam.«
»Ja, das stimmt«, pflichtete Alexander ihr seufzend bei.
»Wollen Sie sie nicht in die Schule schicken? Es gibt eine ausgezeichnete Grundschule keine zwei Kilometer von hier. Dort könnte sie sich mit Gleichaltrigen anfreunden.«
»Das hätte keinen Sinn.« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung, wie lange wir da sein werden, und Freundschaften zu schließen, die sie dann wieder aufgeben muss, wäre nicht gut für sie.«
»Und ein Internat? Dort hätte sie, egal, wo Sie sich aufhalten, ihren Lebensmittelpunkt.«
»Natürlich ist mir dieser Gedanke auch schon gekommen«, sagte Alexander. »Doch leider hat Aurora nach dem Tod ihrer Mutter emotionale Probleme entwickelt, die einem solchen Schritt entgegenstehen. Sie muss zu Hause unterrichtet werden. Was mich zum Grund meiner Einladung führt.«
»Und der wäre?«
»Mrs. Myther hat schon in London für uns gearbeitet und sich freundlicherweise bereit erklärt, die ersten paar Wochen hier bei uns zu bleiben. Aber ihre Familie lebt in London, und sie möchte so schnell wie möglich zu ihr zurück. Ich habe mich mit mehreren Agenturen in Verbindung gesetzt, um ein Kindermädchen für Aurora und eine Haushälterin für Dunworley zu engagieren, bisher ohne Erfolg. Und ich muss in ein paar Tagen weg. Was ich Sie fragen wollte, Grania: Wären Sie bereit, in diesem Haus zu wohnen und auf Aurora aufzupassen, bis ich geeignetes Personal aufgetrieben habe?«
Mit diesem Vorschlag hatte Grania nun wirklich nicht gerechnet. »Ich …«
Alexander hob die Hand.
»Ich weiß, Sie sind kein Kindermädchen, und als solches betrachte ich Sie auch nicht. Aurora kann mich nicht begleiten, weshalb ich so schnell wie möglich jemanden finden muss, dem ich vertrauen kann und in dessen Gesellschaft sie sich wohlfühlt. Ich hoffe, ich überrumple Sie nicht.«
»Aber nein. Ich fühle mich geehrt, dass Sie denken, mir vertrauen zu können. Schließlich kennen Sie mich kaum.«
»Ich kenne Sie sehr wohl, Grania«, widersprach er ihr lächelnd.
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