Das Mädchen auf den Klippen - Riley, L: Mädchen auf den Klippen - Girl on the Cliff
wo ich nicht weiß, ob ich überhaupt nach New York zurückkehren werde.«
Kathleen vergrub den Kopf in den Händen. »Oje. Die Geschichte wiederholt sich. Aber du hast recht: Die Vergangenheit hat nichts mit dir zu tun.«
»Wenn ich wüsste, was damals passiert ist, würde ich alles besser begreifen. So, wie die Dinge stehen, nehme ich Alexanders Angebot an. Was spricht dagegen?«
»Ja, was spricht dagegen …?«, wiederholte Kathleen mit leiser Stimme. »Wir tappen beide im Dunkeln. Ich habe keine Ahnung, was mit dir und Matt los ist, und du kannst nicht verstehen, wieso ich wegen deiner Verbindung mit den Lisles aus der Fassung gerate. Du sagst, der gute Alexander wird nicht da sein, wenn du in Dunworley House bist?«
»Nein, er muss weg.«
»Wie findest du Auroras Vater?«
»Er ist nett.« Grania zuckte mit den Achseln. »So gut kenne ich ihn nicht.«
»Ich halte ihn für einen anständigen Menschen, aber alle, die in Kontakt mit dieser Familie kommen, scheinen von ihr vergiftet zu werden.«
»Mam, bevor ich nicht weiß …«
»Ja, ja.« Kathleen tätschelte traurig lächelnd die Hand ihrer Tochter.
»Es ist doch nur ein Monat«, sagte Grania. »Immerhin falle ich dir dann nicht mehr zur Last.«
»Grania, ich habe dich zehn Jahre lang nicht gesehen und freue mich, dich hier zu haben.«
»Danke, Mam. Ich wollte auch fragen, ob ich Aurora herbringen kann. Wenn du sie kennenlernst, verstehst du mich sicher besser. Sie ist ein reizendes Mädchen …«
»Übertreib’s nicht. Die Stimmung den Lisles gegenüber ist bei uns nicht die beste. Lass dir Zeit damit.«
»Okay.« Grania gähnte. »Entschuldige, ich hab nicht viel geschlafen.« Grania stand auf, spülte ihre Tasse, ging zu ihrer Mutter und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. »Gute Nacht, Mam. Schlaf gut.«
»Du auch, Liebes.«
Sobald Grania oben war, gesellte Kathleen sich zu ihrem Mann im Wohnzimmer.
»Ich mach mir Gedanken über unser Mädchen«, erklärte sie und setzte sich seufzend in den Sessel gegenüber von John. »Sie will einen Monat lang in Dunworley House auf das Lisle-Kind aufpassen.«
»Ach.« John wandte sich vom Fernseher ab und seiner Frau zu.
»Was sollen wir tun?«, fragte Kathleen.
»Ich würde ihr nicht dreinreden. Sie ist erwachsen.«
»John, begreifst du denn nicht, was da passiert? Grania macht immer zu, wenn sie emotionale Probleme hat. Das tut sie jetzt auch. Ich sehe ihren Schmerz, komme aber nicht an sie heran.«
»So ist sie nun mal, Kathleen. Wie ihr Vater … Wir gehen unterschiedlich mit Problemen um; es gibt keine allgemein gültige Methode.«
»Findest du es nicht auch merkwürdig, dass sie keine Träne über den Verlust des Babys vergossen hat?«
»Wie gesagt: Wir haben alle unsere eigenen Methoden, über so etwas hinwegzukommen, Schatz. Lass sie einfach.«
»John«, beharrte Kathleen, »unsere Tochter überträgt ihre mütterlichen Gefühle auf dieses Kind. Für sie ist Aurora ein Ersatz für das, was sie verloren hat, und der Vater des Mädchens vermutlich ein Ersatz für Matt. Wenn sie ihre gesamte Energie auf die beiden verwendet, muss sie nicht über ihr eigenes Leben nachdenken.«
»Ich weiß, du willst unser Mädchen beschützen, aber ich sehe keine Möglichkeit, Grania zu helfen. Du etwa?«
»Nein«, antwortete Kathleen nach langem Schweigen und stand auf. »Ich gehe ins Bett.«
»Ich komme bald nach«, versprach John. Wenn Kathleen sich um eines ihrer geliebten Kinder sorgte, konnte er wenig sagen oder tun, um sie zu trösten, das war ihm klar.
Drei Tage später brachte Granias Bruder Shane sie nach Dunworley House.
Grania bedankte sich, als sie aus dem Wagen stieg.
»Keine Ursache. Sag Bescheid, wenn ich dich mit der Kleinen irgendwo hinbringen soll. Und pass auf dich auf.«
Grania betrat die Küche durch die hintere Tür, wo Aurora sie begeistert empfing.
»Endlich! Ich warte schon den ganzen Morgen auf dich!«
»Hast du etwa geglaubt, ich komme nicht?«
Aurora schürzte die Lippen. »Erwachsene versprechen oft etwas und tun es dann nicht.«
»Zu der Sorte gehöre ich nicht«, versicherte Grania ihr.
»Gut. Daddy hat gesagt, ich soll dir dein Zimmer zeigen. Es ist neben dem meinen, damit du dich nicht einsam fühlst.« Aurora nahm Granias Hand und zog sie aus der Küche, durch den Flur und die Treppe hinauf zu einem hübschen Zimmer mit einem großen schmiedeeisernen Bett und weißer Spitzentagesdecke. Die Wände waren rosa, und an dem Fenster mit dem atemberaubenden Blick hingen
Weitere Kostenlose Bücher