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Das Mädchen auf den Klippen - Riley, L: Mädchen auf den Klippen - Girl on the Cliff

Das Mädchen auf den Klippen - Riley, L: Mädchen auf den Klippen - Girl on the Cliff

Titel: Das Mädchen auf den Klippen - Riley, L: Mädchen auf den Klippen - Girl on the Cliff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucinda Riley
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›Auf Wiedersehen‹ zu mir, Anna«, ermutigte Lisle sie.
    »Auf W-Wiedersehen«, stotterte Anna.
    Lisle runzelte die Stirn. »Noch mal, Anna.«
    »Auf W-Wiedersehen.«
    »Hm … Mary, für mich klingt das, als würde Anna stottern.«
    »Nein, nein«, versicherte ihm Mary nervös, obwohl Lawrence Lisle nur ihre eigenen Befürchtungen in Worte gefasst hatte. »Ihre Zunge muss sich noch an die Sprache gewöhnen.«
    »Nun, du kennst dich aus mit kleinen Kindern, aber behalte das im Auge.«
    »Ja, Sir, das tue ich.«
    In den folgenden Monaten, als Anna mehr Wörter lernte, wurde ihr Sprachfehler zu offensichtlich, als dass man ihn einer Entwicklungsverzögerung hätte zuschreiben können. Mary zerbrach sich den Kopf darüber und holte Rat in der Küche ein.
    »Da lässt sich wohl nichts machen«, sagte Mrs. Carruthers mit einem Achselzucken. »Sie sollte in Gegenwart von Mr. Lisle nicht zu viel reden. Du weißt ja, dass die feinen Leute Unvollkommenheiten bei ihren Nachkommen hassen. Da Anna fast so etwas wie ein eigenes Kind für ihn ist, würde ich es ihm verheimlichen, so gut es geht.«
    Mary holte sich ein Buch zu dem Thema aus der örtlichen Bibliothek, aus dem sie erfuhr, dass Nervosität Stottern verstärkte. Als Annas wichtigste Bezugsperson bemühte Mary sich, sehr deutlich zu sprechen, so dass Anna die Laute gut hören und nachformen konnte.
    In der Küche amüsierte man sich, wenn Mary die Worte überdeutlich artikulierte und die anderen Bediensteten ermunterte, es ihr gleichzutun.
    »Wenn du nicht aufpasst, kriegt die Kleine einen irischen und einen Cockney-Akzent«, warnte Mrs. Carruthers Mary schmunzelnd. »Ich an deiner Stelle würde mich nicht einmischen.«
    Doch Mary gab sich weiter große Mühe mit dem Kind. Mrs. Carruthers Rat folgend, brachte sie Anna bei, in Gegenwart von Lawrence Lisle zu schweigen, weil sie hoffte, dass ihr natürlicher Charme und ein anmutiger Knicks das Problem kaschierten. Gleichzeitig übte sie mit Anna die wenigen Wörter, die sie für ein einfaches Gespräch brauchte.
    Mr. Lisle äußerte sich mehrmals über Annas Wortkargheit, was Mary mit einem Achselzucken abtat.
    »W-Warum darf ich nicht mit ihm reden, M-Mary?«, flüsterte Anna, wenn Mary sie aus dem Salon zurück ins Kinderzimmer brachte.
    »Irgendwann darfst du das, Liebes«, tröstete Mary sie.
    Anna schien daraufhin ihre eigene Art der Verständigung mit ihrem Vormund zu entwickeln.
    Einige Monate später klopfte Mary wieder einmal an der Salontür, um Anna nach der üblichen halben Stunde mit Lawrence Lisle abzuholen.
    »Herein.«
    Lawrence Lisle stand am Kamin, den Blick auf Anna gerichtet, die sich zu Musik vom Grammofon durch den Raum bewegte.
    »Schau nur, wie sie tanzt«, flüsterte er fasziniert. »Anna scheint die Schritte instinktiv zu kennen.«
    »Ja, sie tanzt gern.«
    »Mit ihrem Körper drückt sie sich viel besser aus als mit Worten«, stellte Lawrence fest.
    »Was für eine Musik ist das, Sir? Sie ist wunderschön.«
    » Der sterbende Schwan . Das Ballett habe ich einmal in der Choreografie von Fokin vom Kirow in St. Petersburg gesehen …«, schwärmte er.
    Als die Musik endete, scharrte die Nadel weiter über die Platte.
    Lawrence riss sich selbst aus seinen Tagträumen. »Anna, du tanzt hervorragend«, lobte er das Mädchen. »Würdest du gern Stunden nehmen?«
    Obwohl Anna nicht begriff, was er sie fragte, nickte sie.
    Mary sah unsicher zuerst Anna, dann Lawrence an. »Glauben Sie nicht, dass sie noch ein bisschen jung ist für Tanzstunden, Sir?«
    »Aber nein. In Russland fangen sie in diesem Alter an. Ich kenne viele in London lebende russische Emigranten. Bei denen werde ich mich nach einem passenden Lehrer für Anna erkundigen.«
    »Gut, Sir.«
    »Ich mag d-dich, Mr. Lisle«, verkündete Anna da mit einem strahlenden Lächeln.
    Lawrence Lisle war verblüfft über diesen unerwarteten Beweis ihrer Zuneigung. Mary nahm Anna an der Hand und schob sie zur Tür, bevor sie noch mehr sagen konnte.
    »Mary, hältst du es für angemessen, wenn sie mich ›Mr. Lisle‹ nennt? Das klingt so … förmlich.«
    »Haben Sie einen anderen Vorschlag, Sir?« fragte Mary.
    »Vielleicht wäre ›Onkel‹ unter den gegebenen Umständen passender? Schließlich bin ich ihr Vormund.«
    »Ausgezeichnete Idee, Sir.«
    Anna wandte sich ihm noch einmal zu und verabschiedete sich von ihm: »G-Gute Nacht, Onkel.«
    Zwei Wochen später betrat Mary ein helles Ballettstudio voller Spiegel an der King’s Road in Chelsea. Die

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