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Das Mädchen aus dem All

Das Mädchen aus dem All

Titel: Das Mädchen aus dem All Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Jefremow
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nachhaltig eingeprägt.
     
    Der Maschinist des Gleitbootes trat zu dem Afrikaner. »Die Brandung ist heute zu stark, wir werden kaum ans Ufer kommen; die Wellen schlagen hoch über die Mole. Es bleibt nichts anderes übrig, als den Südhafen anzusteuern.«
    »Aber warum denn! Haben Sie ein kleines Rettungsfloß an Bord? Darauf verstaue ich meine Sachen und schwimme an Land.«
    Steuermann und Maschinist sahen Mwen Mass voller Hochachtung an. Trübe, weißliche Wellen schlugen mit voller Wucht auf eine Sandbank auf und fielen tosend in sich zusammen. In Ufernähe wühlte die Brandung den Meeresgrund auf, Sand und Schaum quirlten wild durcheinander, weit rollte das Wasser über den flachen Strand hin. Tief hingen die Wolken über dem Meer, ein leichter Sprühregen fiel, schräg abgetrieben vom Wind. Durch den Regenschleier konnte man verschwommen am Ufer graue Gestalten wahrnehmen.
    Maschinist und Steuermann sahen sich bedeutungsvoll an, während Mwen Mass sich auszog und die Kleider verstaute. Diejenigen, die sich auf die Insel des Vergessens zurückzogen, konnten nicht mehrmit der schützenden Besorgtheit der Gesellschaft rechnen. Der Steuermann fühlte sich verpflichtet, Mwen Mass zu warnen. Doch der Afrikaner winkte unbekümmert ab. Der Maschinist brachte ihm ein hermetisch abgeschlossenes Päckchen.
    »Hier, nehmen Sie wenigstens diese konzentrierte Nahrung. Sie reicht ungefähr für einen Monat.«
    Zusammen mit der Kleidung verstaute Mwen Mass das kleine Paket in einer wasserdichten Kammer des Floßes. Sorgfältig schloß er das Ventil und kletterte über die Reling, das Floß hinter sich herziehend.
    »Wenden!« rief er.
    Hart legte sich das Gleitboot auf die Seite. Mwen Mass wurde hinuntergeschleudert und kämpfte verbissen mit den Wellen. Er wurde emporgehoben, stürzte in die Tiefe und tauchte etwas weiter entfernt wieder auf.
    »Er schafft es!« sagte der Maschinist erleichtert. »Doch wir müssen sehen, daß wir wegkommen, der Wind treibt uns ab.«
    Die Schiffsschraube heulte auf, und das Schiff schoß, von einer riesigen Welle hochgehoben, mit einem Sprung vorwärts. Mwen Mass’ Gestalt war jetzt in voller Größe am Ufer zu sehen und verschwand in den Regenschleiern.
    Über den festen feuchten Sand näherten sich langsam einige Menschen, die nur mit Lendenschurzen bekleidet waren. Triumphierend schleppten sie einen sich heftig windenden großen Fisch. Als sie Mwen Mass erblickten, blieben sie stehen und begrüßten ihn freundschaftlich.
    »Ein Neuer aus der anderen Welt!« sagte lächelnd einer der Fischer. »Und wie gut er schwimmt! Komm zu uns!«
    Mwen Mass schüttelte den Kopf.
    »Ich könnte hier an der Küste nicht leben. Das Meer würde in mir ständig Sehnsucht nach meiner verlorenen schönen Welt wecken.«
    Einer der Fischer legte dem Ankömmling die Hand auf die Schulter. Er hatte einen stark ergrauten Bart, was hier offensichtlich als Attribut der Männlichkeit galt.
    »Hat man dich etwa hierher verbannt?«
    Mwen Mass lächelte traurig und versuchte zu erklären, was ihn hierhergeführt hatte.
    Schmerzlich und mitfühlend betrachtete der Fischer den Afrikaner.
    »Wir würden einander nicht verstehen. Geh dorthin!« Der Fischer wies nach Südosten, wo durch die aufgerissenen Wolken einzelne Bergkuppen schwach zu erkennen waren. »Der Weg ist weit, aber bei uns gibt es keine anderen Verkehrsmittel als die hier.« Der Inselbewohner klopfte sich auf die kräftigen Beinmuskeln.
    Mwen Mass war froh, weitergehen zu können, und stieg mit großen Schritten leichtfüßig den sanft ansteigenden Bergpfad hinauf.
    Der Weg bis ins Innere der Insel betrug etwa zweihundert Kilometer, aber Mwen Mass hatte es nicht eilig. Warum auch? Ohne eine nutzbringende Tätigkeit schlichen die Tage doch nur dahin. Anfangs, als er sich von der Katastrophe noch nicht völlig erholt hatte, sehnte er sich nach der Ruhe ausstrahlenden Natur. Würde ihn nicht ständig die ungeheure Vergeudung bedrücken, könnte er sich jetzt dem Genuß der Stille einsamer Hochebenen, der heißen, dunklen Tropennächte hingeben.
    Ein Tag nach dem anderen verging. Der Afrikaner durchstreifte die Insel auf der Suche nach einer seinem Geschmack entsprechenden Arbeit. Seine Sehnsucht nach der Großen Welt wurde immer stärker. Der Anblick friedlicher Täler mit manuell bearbeiteten Obstplantagen erfreute ihn nicht. Das gleichförmige Plätschern der klaren Bergbäche, an denen er um die heiße Mittagszeit oder in hellen Mondnächten ungezählte

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