Das Mädchen aus dem All
›Akademie der Grenzen des Wissens‹.«
»Ich kenne ihn flüchtig. Er arbeitet über die Probleme der Wechselbeziehungen zwischen Raum und Feld. Wo haben Sie ihn gelassen?«
»Am Ufer. Er schwimmt nicht so gut wie . . .«
Ein leises Aufklatschen unterbrach Mwen Mass.
»Ich schwimme ans Ufer zurück, zu Weda!« rief ihnen Miiko aus dem Wasser zu.
Dar Weter sah dem Mädchen lächelnd nach.
»Sie hat eine Entdeckung gemacht«, erklärte er Mwen Mass und erzählte ihm von dem Unterwasserfund.
Der Afrikaner hörte ohne Interesse zu. Mit seinen langen Fingern strich er sich übers Kinn. In seinen Augen las Dar Weter Unruhe und Hoffnung.
»Sie haben doch etwas auf dem Herzen? Also, heraus mit der Sprache!«
Nur zu gern kam Mwen Mass der Aufforderung nach. Er hatte sich am Rand des Felsvorsprungs niedergelassen und sprach von seinen quälenden Gedanken. Sein Zusammentreffen mit Ren Boos war nicht zufällig. Die Vision von der herrlichen Welt des Sterns Epsilon Tucanae hatte ihn nicht wieder losgelassen. Seit jener Nacht träumte er davon, dieser Welt näher zu kommen, den unermeßlichen Raum zu überwinden, ganz gleich wie, damit zwischen Sendung und Empfang der Botschaft, des Signals oder des Bildes nicht mehr sechshundert Jahre lagen, die für ein Menschenleben unüberbrückbar waren. Mwen Mass hatte, sich ganz darauf konzentriert, die ungelösten Fragen und die noch unvollendeten Versuche kennenzulernen, die bereits seit einem Jahrtausend zur Erforschung des Raumes als Funktion der Materie angestellt wurden.
In der »Akademie der Grenzen des Wissens« leitete Ren Boos, ein junger Mathematiker und Physiker, gleichgerichtete Forschungen. Seine Begegnung mit Mwen Mass und ihre beginnende Freundschaft resultierten aus ihrem gemeinsamen Ziel.
Nunmehr hielt Ren Boos das Problem für so weit gelöst, daß ein Experiment durchgeführt werden könnte. Wie alle Experimente mit kosmischer Ausdehnung konnte auch dieses nicht im Laboratorium vorgenommen werden. Ren Boos wollte den Versuch über die Außenstationen unter Verwendung der gesamten Erdenergie ausführen, einschließlich der Reservestation der Q-Energie in der Antarktis.
Dar Weter ahnte dunkel die drohende Gefahr, als er Mwen Mass’ funkelnde Augen und bebende Nasenflügel sah.
»Sie wollen wissen, wie ich in diesem Falle handeln würde?« fragte er ruhig.
Mwen Mass nickte und fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen.
»Ich würde das Experiment nicht wagen«, sagte Dar Weter klar und deutlich. Die Enttäuschung, die sich für einen Moment auf dem Gesicht des Afrikaners widerspiegelte und einem weniger aufmerksamen Beobachter entgangen wäre, übersah Dar Weter.
»Das habe ich erwartet!« brachte Mwen Mass mühsam hervor.
»Warum haben Sie mich dann um Rat gefragt?«
»Ich glaubte, wir könnten Sie überzeugen.«
»Na schön, versuchen Sie es mal! Schwimmen wir zurück. Unsere Freunde bereiten sicherlich schon die Tauchgeräte vor, um sich das Pferd anzusehen.«
Am Ufer sang Weda, begleitet von zwei Frauenstimmen, die Dar Weter nicht kannte. Als sie die Schwimmenden sah, rief sie sie winkend herbei. Das Lied verstummte. In einer der Frauen erkannte Dar Weter Ewda Nal. Zum erstenmal sah er sie ohne den weißen Arztkittel. Ihre hochgewachsene, geschmeidige Gestalt hob sich von den anderen beiden durch ihre noch ungebräunte Haut ab. Augenscheinlich war die berühmte Nervenärztin in letzter Zeit sehr beschäftigt gewesen. Das in der Mitte gescheitelte blauschwarze Haar trug sie an den Schläfen hochgesteckt. Die hervortretenden Backenknochen über den etwas eingefallenen Wangen unterstrichen noch den schrägen Schnitt der schwarzen Augen. Das Gesicht erinnerte an die berühmte ägyptische Sphinx, die einst am Rande einer Wüste stand. Heute, ein Jahrtausend später, warenan Stelle der Wüste blühende Haine getreten, und die Sphinx wurde von einer Glashaube geschützt, die die Sprünge ihres von der Zeit zerfurchten Antlitzes nicht verbarg.
Dar Weter erinnerte sich, daß Ewda Nals Vorfahren Peruaner oder Chilenen waren. Er begrüßte sie nach der Sitte der alten südamerikanischen Sonnenanbeter.
»Ich sehe, Ihre Arbeit bei den Historikern war von Nutzen«, sagte Ewda. »Sie sollten Weda dankbar sein.«
Dar Weter sah sich suchend nach der vertrauten Gestalt um, und Weda nahm ihn bei der Hand und stellte ihn der unbekannten Frau vor.
»Das ist Tschara Nandi. Wir alle hier sind eigentlich zu Gast bei ihr und dem Maler Kart San, denn sie
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