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Das Mädchen aus dem All

Das Mädchen aus dem All

Titel: Das Mädchen aus dem All Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Jefremow
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rosa Kristall des Silikolls einen warmen Ton. Zwei Stimulatoren, die für den Fall eines plötzlichen Kollapses eingeschaltet waren, klickten hin und wieder ganz leise; sie erhielten künstlich das gelähmte Herz am Schlagen. Nisa lag regungslos unter der Glocke und schien in einen ruhigen, glücklichen Schlaf versunken zu sein. Die gesunde, reine Lebensführung der Menschen viele Generationen hindurch hatte den weiblichen Körper — die herrlichste Schöpfung des reichen Erdenlebens — zu höchster ästhetischer Vollkommenheit gebracht. Die Menschen wußten längst, daß ihr Schicksal vom Wasserreichtum ihres Planeten abhing. Das Wasser hatte eine üppige Vegetation begünstigt, und die Pflanzenwelt wiederum hatte große Vorräte an freiem Sauerstoff erzeugt. Das tierische Leben hatte sich mehr und mehr ausgebreitet und sich im Laufe von hundert Millionen Jahren immer höher entwickelt, bis zum denkenden Wesen, dem Menschen. Die historische Erfahrung bei der Entwicklung des Lebens auf Planeten zahlloser Welten lehrte, daß die Menschen in ihrem Äußeren um so vollkommener wurden, daß sie sich den Umweltbedingungen und den Erfordernissen des Lebens um so besser anpaßten, je komplizierter und langwieriger der Weg der blinden Evolution und Auslese war.
    Alles Bestehende bewegt und entwickelt sich spiralförmig. Erg Noor stellte sich diese gewaltige Spirale des allgemeinen Aufstiegs, angewandt auf das Leben und die menschliche Gesellschaft, bildhaft vor. Zum erstenmal wurde ihm deutlich: Je schwieriger die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Organismen als biologische Maschinen sind und je komplizierter der Entwicklungsweg der Gesellschaft ist, um so straffer ist diese Spirale gewunden, um so enger liegen ihre einzelnen »Windungen« beieinander, folglich verläuft dieser Prozeß um so langsamer und genormter, die entstehenden Formen sind einander um so ähnlicher.
    Er hatte sich geirrt bei seiner Jagd nach den Planeten der blauen Sonne, hatte Nisa nicht richtig unterwiesen. Zweck eines Fluges zu neuen Welten durfte nicht die Suche nach irgendwelchen unbesiedelten, sich willkürlich formenden Planeten sein, sondern das wohlüberlegte, schrittweise Vorrücken der Menschheit über den ganzen Spiralarm der Milchstraße, ein Siegeszug des Wissens.
    Von plötzlicher Sehnsucht überwältigt, ließ sich Erg Noor vor der Silikollglocke auf die Knie nieder. Der Atem des Mädchens war nicht wahrzunehmen; die Wimpern warfen unter den geschlossenen Lidern violette Schatten. Auf der linken Schulter, am Ellenbogen und am Halsansatz schimmerten blaßblaue Flecke — das waren die Stellen, wo sie der Strom getroffen hatte.
    Angesichts der regungslosen Gestalt preßte sich Erg Noor das Herz zusammen; sein Atem stockte, seine Kehle war wie zugeschnürt.
    Die Ärztin Luma Laswi betrat leise die Krankenkabine. Als sie vorsichtig den Vorhang zurückschlug, sah sie den kniendenErg Noor. Nicht zum erstenmal traf sie ihn hier, und sie empfand tiefes Mitleid mit ihm. Als er sich erhob, trat Luma schnell auf ihn zu und sagte flüsternd: »Ich muß mit Ihnen sprechen.«
    Erg Noor nickte und folgte ihr in den vorderen Teil der Krankenkabine. Luma bot ihm einen Stuhl an, aber er blieb stehen und lehnte sich an den Röntgenapparat. Die kleine Luma Laswi reckte sich vor ihm in die Höhe, um für das bevorstehende Gespräch größer und imposanter zu wirken. Der Blick des Expeditionsleiters ließ ihr keine Zeit, sich die Worte zurechtzulegen.
    »Sie wissen«, begann sie unsicher, »daß die moderne Neurologie den Entstehungsprozeß der Emotion in der bewußten und der unterbewußten Sphäre der Psyche gründlich erforscht hat. Das Unterbewußtsein läßt sich durch hemmende Medikamente beeinflussen, und zwar über die Zentren des Gehirns, die den Organismus, darunter auch das Nervensystem und speziell die höhere Nerventätigkeit, chemisch regulieren.«
    Erg Noor zog die Augenbrauen hoch. Luma Laswi spürte, daß sie zu ausführlich und langatmig sprach.
    »Ich will damit sagen, daß die Medizin jene Gehirnzentren zu beeinflussen vermag, die die starken Gefühlsäußerungen lenken. Ich könnte . . .«
    In Erg Noors Augen trat ein Ausdruck des Verstehens, er lächelte flüchtig.
    »Sie wollen auf meine Liebe einwirken«, fragte er schnell, »um mich dadurch von meinem Leiden zu befreien?«
    Die Ärztin blickte zu Boden.
    Erg Noor schüttelte den Kopf. »Ich gebe meine Gefühle nicht her, wie sehr ich auch darunter leiden mag. Leid führt, wenn es

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