Das Mädchen aus dem All
Tantra-Expedition direkt an das Observatorium des Rates weiter.
Endlich war der Augenblick gekommen, den alle Expeditionsmitglieder mit so viel Ungeduld erwartet hatten. Die »Tantra« begann die Fast-Lichtgeschwindigkeit des Fluges zu bremsen, als die den Eisgürtel des Sonnensystems passierte; sie näherte sich der Sternschiffstation auf dem Triton, einem Trabanten des Neptuns. Da sie mit einer Geschwindigkeit von neunhundert Millionen Kilometern in der Stunde flog, würde sie von hier aus die Erde in weniger als fünf Stunden erreichen.
Um jedoch den Verbrauch des wertvollen Anamesons einzuschränken, verkehrten innerhalb des Sonnensystems Ionen- und Photonen-Planetenschiffe. Ihre Geschwindigkeit lag bei achthunderttausend Kilometern in der Stunde für die inneren Planeten und bei zweieinhalb Millionen für die äußeren. So dauerte der Weg vom Neptun zur Erde zweieinhalb bis drei Monate.
Der Triton ist ein Trabant großen Ausmaßes, der dicht hinter dem dritten und dem vierten Satelliten des Jupiters — Ganymed und Kallisto — und dem Planeten Merkur rangiert. Deshalb besitzt er eine dünne Atmosphäre, die sich hauptsächlich aus Stickstoff und Kohlensäure zusammensetzt.
Erg Noor setzte das Schiff auf dem angewiesenen Platz zur Landung auf, am Pol des Satelliten, ein wenig entfernt von den breiten Kuppeln des Stationsgebäudes. Am Rande einer Hochebene funkelten die Fenster des Quarantäne-Sanatoriums. Hier mußten die Weltraumfahrer fünf Wochen in Quarantäne leben. Erfahrene Ärzte untersuchten die Heimgekehrten sorgfältig, ob sich auch ja keine infektiösen Bakterien in ihre Körper eingenistet hatten. Die Gefahr war zu groß, als daß man leichtfertig daranvorübergehen konnte. Das galt für alle Menschen, die auf anderen Planeten gelandet waren, auch auf unbesiedelten, und war völlig unabhängig davon, wie lange ihr Aufenthalt im Sternschiff gedauert hatte. Auch das Schiff wurde von den Wissenschaftlern des Sanatoriums untersucht, bevor die Station die Flugerlaubnis zur Erde erteilte.
Die Isolierung im Sanatorium war viel leichter zu ertragen als die Abgeschlossenheit im Sternschiff. Laboratorien standen zur Verfügung, es gab Konzertsäle, kombinierte Bäder mit Elektrizität, Musik, Wasser und Wellenschwingungen, tägliche Spaziergänge in leichten Skaphandern zu den Bergen und in der Umgebung des Sanatoriums. Aber vor allem hatte man eine schnelle Verbindung zum Heimatplaneten, zwar nicht ständig, doch war es tröstlich, zu wissen, daß eine Mitteilungzur Erde nur fünf Stunden brauchte.
Die Silikolldruckkammer Nisas wurde mit allen Vorsichtsmaßnahmen ins Sanatorium übergeführt.
Erg Noor und der Biologe Eon Tal verließen die »Tantra« als letzte. Sie bewegten sich vorsichtig, um nicht unversehens wegen der geringen Schwerkraft auf dem Satelliten ins Springen zu geraten.
Die starken Scheinwerfer, die die Landebahn von allen Seiten beleuchtet hatten, erloschen. Der Triton erreichte die von der Sonne beleuchtete Seite des Neptuns, der nur dreihundertfünfzigtausend Kilometer von ihm entfernt ist. Wie trübe und grau das vom Neptun reflektierte Sonnenlicht auch war, es durchbrach die Finsternis und bewirkte auf dem Satelliten eine helle Dämmerung, ähnlich der Frühjahrsdämmerung in den hohen Breitengraden der Erde.
Fast gleichzeitig erblickten Erg Noor und Eon Tal ein kleines Schiff, das weit entfernt am Rande eines Plateaus stand. Es war keines von den Sternschiffen mit der stark vergrößerten hinteren Hälfte und den hohen Stabilisationsflossen. Dem spitz zulaufenden Bug und dem schmalen Rumpf nach zu urteilen, mußte es ein Planetenschiff sein. Es unterschied sich jedoch von den üblichen Konturen dieser Schiffe durch einen dicken Ring am Heck und einen langen spindelförmigen Aufbau.
»Noch ein Schiff in der Quarantäne?« meinte Eon. »Hat etwa der Rat seine Gewohnheit geändert?«
»Sollte er eine neue Sternenexpedition vor Rückkehr der alten entsandt haben?« überlegte Erg Noor. »Wir haben zwar unsere Termine eingehalten, aber die Nachricht, die wir von der Sirda senden sollten, hat sich um zwei Jahre verspätet.«
»Vielleicht ist es eine Expedition zum Neptun?« mutmaßte der Biologe. Sie legten schnell den zwei Kilometer langen Weg bis zum Sanatorium zurück und stiegen dann die breite Terrasse hinauf, die nach Süden ging. Am schwarzen Himmel leuchtete heller als alle Sterne die winzige Scheibe der Sonne. Die 170 Grad Frost waren durch die heizbaren Skaphander nicht
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