Das Mädchen aus dem All
erfolgte eine heftige Explosion. Die »Parus« hatte eine geologische Bombe abgesetzt, und eine riesige Wolke von Mineralteilchen stieg hinauf bis zum Sternschiff. Pumpen heulten auf, sie sogen Staubteilchen in die Filter der Ansaugkanäle. Einige Proben feinsten Mineralpulvers aus den Wüsten und Bergen den verbrannten Planeten füllten die Silikoll-Reagenzgläschen, Luft der oberen atmosphärischen Schichten wurde in Quarzballons aufbewahrt. Die »Parus« trat den Rückflug an, den sie jedoch nie vollenden sollte. Nun brachten die Forscher der »Tantra« alles, was die toten Astronauten mit großer Mühe, Geduld und Tapferkeit erringen konnten, zur Erde.
Die restlichen Aufzeichnungen — sechs Spulen Beobachtungen — würden von den besten Astronomen der Erde ausgewertet werden. Das Wichtigste davon würde allen über den Großen Ring zugänglich gemacht werden.
Keiner wollte sich die Filme über das weitere Schicksal der »Parus«, über den schweren Kampf gegen die Havarie und den T-Stern, ansehen, keiner sich die tragische letzte Tonspule anhören — jene wertvolle Warnung. Zu stark waren noch die eigenen Erlebnisse. Man wollte damit warten, bis die gesamte Besatzung wach war. Von den Eindrücken überwältigt, begaben sich die Diensthabenden zur Ruhe, nur Erg Noor blieb in der Zentrale.
Er dachte nicht mehr daran, daß seine Träume zerstört waren. Er überlegte, was nun an auch noch so geringem Wissen für die Menschheit auf Kosten zweier opfervoller Expeditionen gewonnen worden war.
Erg Noor dachte an seine heimatliche Erde, an seine Mitmenschen, deren Leben frei war von schweren Sorgen, von den Gefahren der Natur oder der Primitivgesellschaft. Natürlich gab es auch jetzt noch in der Epoche des Rings Mißerfolge, Irrtümer und Enttäuschungen, doch jetzt entstanden sie in den schöpferischen Prozessen der Wissenschaft, der Kunst und des Aufbaus. Allein das Wissen und die schöpferische Arbeit befreiten die Erde von den Unbilden des Hungers, der Übervölkerung, von Seuchen und schädlichen Tieren, bewahrte sie vor Mangel an Brennstoff, an nützlichen chemischen Elementen, vor frühzeitigem Tod und Siechtum der Menschen. Und dieses Wissen, jene winzigen Erkenntnisse, die die »Tantra« mitbrachte, werden in die mächtige Bewegung des Denkens eingehen, die mit jedem Jahrzehnt einen Schritt nach vorn beim Aufbau der Gesellschaft und bei der Erkenntnis der Natur machte.
Erg Noor öffnete den kleinen Safe für das Bordjournal der »Tantra« und nahm die Schachtel heraus, in der das Metallstück vom Tellerschiff auf dem schwarzen Planeten lag. Der Splitter wog ungewöhnlich schwer in seiner Hand.
Erg Noor wußte, daß es solch ein Metall weder auf dem heimatlichen Planeten und den Nachbarplaneten im Sonnensystem noch auf den nächstgelegenen Sternen gab. Außer der Nachricht vom Untergang des Lebens auf der Sirda war das vielleicht die wichtigste Information, die sie der Erde und dem Ring bringen würden. Der Eisenstern war der Erde sehr nah, ein Besuch des schwarzen Planeten durch eine speziell ausgerüstete Expedition würde jetzt nach den Erfahrungen der »Parus« und der »Tantra« nicht mehr so gefährlich sein, ganz gleich, welche schwarzen Kreuze und Medusen in dieser ewigen Finsternis auch existierten. Sie hatten an einer ungeeigneten Stelle das Tellerschiff zu öffnen versucht. Hätten sie Zeit gehabt, das Vorhaben gut zu durchdenken, wären sie vielleicht schon an Ort und Stelle darauf gekommen, daß dieRiesenspirale zum Antriebssystem des fremden Sternschiffes gehörte.
Wieder tauchten in der Erinnerung des Expeditionsleiters die Ereignisse des letzten unheilvollen Tages auf, wieder sah er in Gedanken Nisa vor sich, wie sie sich schützend über ihn warf, als er hilflos vor dem Ungeheuer lag. Seit kurzem erst war in ihr jenes Gefühl erwacht, das in sich den heroischen Opferwillen der Frauen des Altertums mit der Aufgeschlossenheit und dem besonnenen Mut der modernen Zeit vereinte.
Lautlos erschien Pur Hiss hinter dem Leiter, um ihn abzulösen. Erg Noor ging aber nicht zu den Schlafräumen, sondern öffnete die schwere Tür zur Krankenkabine.
Das diffuse künstliche Tageslicht spiegelte sich in den Silikollschränken mit Arzneien und Instrumenten, in dem Metall des Röntgenapparats und der Geräte für künstliche Blutzirkulation und Atmung. Vorsichtig schob der Expeditionsleiter den bis zur Decke reichenden dichten Vorhang beiseite und trat in das Halbdunkel. Das matte Licht bekam durch das
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