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Das Mädchen aus dem Meer: Roman

Das Mädchen aus dem Meer: Roman

Titel: Das Mädchen aus dem Meer: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Hohlbein
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Protest klammerte ich mich in das glitschige Gefieder, was mich nicht nur große Überwindung, sondern angesichts meiner steif gefrorenen Finger auch viel Kraft kostete, und hielt nach irgendetwas Ausschau, auf das ich mich flüchten konnte. Aber der Vogel hatte sich schon wieder aufgerichtet. Zurückzuspringen hätte bedeutet, das Boot umzuwerfen, und fester Grund war weit und breit nicht in Sicht.
    Auch Cocha saß einem der Tiere auf, das sich sichtlich mühsamer aufrichtete als das meine, und für einen Moment befürchtete ich, dass die dünnen Beinchen des Triumphvogels (welch ein ironischer Name!) unter ihm in mehrere Teile zerbrechen würden. Aber nichts dergleichen geschah, und unsere Reittiere warteten fast reglos auf den Befehl zum Aufbruch. Mein Magen zog sich so heftig zusammen, dass es mir vorkam, als ob er sich in sich selbst zu verstecken versuchte.
    »Es gibt einen halbwegs befestigten Weg zur Burg«, erklärte Cocha, während auch die anderen auf je einem Vogel aufsaßen. »Er führt vom Kantorramer Hafen im Nordosten an den Sternensilberquellen vorbei und wochenlang durch die Felswüste, bis sie an die Wälder grenzt. Und von dort aus noch einmal mehrere Tage durchs Gestrüpp – aber immerhin über eine Straße. Von dieser Seite aus ist es wirklich schwierig, die Motte zu umrunden. Zumal die Wasserstraßen immer schmaler und sumpfiger werden.«
    Ich bedachte das Rinnsal, durch das man uns hierher geschifft hatte, mit einem ungläubigen Blick.
    »Das da war eine Straße ?«, vergewisserte ich mich fassungslos.
    »Nach montanischen Maßstäben: ja«, erwiderte Cocha gelassen.
    Ich schüttelte den Kopf. »Unfassbar …«, stellte ich fest. »Das ist wirklich … primitiv. Aber woher weißt du das alles? Warst du schon einmal hier?«
    »Nein«, antwortete Cocha. »Ich habe nur in der Schule aufgepasst.«
    Unser Bootsmann klatschte in die Hände, und unsere Tiere jagten los.
    Man kann ja über Triumphstelzen sagen, was man will, aber eines sind sie ganz bestimmt nicht: träge. Das eisige Wasser spritzte meterhoch auf, und als der große, seichte Tümpel keine drei Atemzüge später bereits hinter uns lag, waren wir völlig durchnässt. Dann sprengten sie auf ihren tellergroßen, platten Füßen in einer Geschwindigkeit durch das Dickicht, dass es sich anfühlte, als ob der Gegenwind mir die Nase auf links stülpen wollte. Auch um den Zweigen und Ranken auszuweichen, die unentwegt auf mich einpeitschten, und nicht zuletzt, um auf dem krummen, glitschigen Rücken nicht den Halt zu verlieren, presste ich mein Gesicht tief in das stinkende Gefieder und klammerte mich mit aller Kraft am langen, dünnen Hals des Tieres fest. Auf diese Weise sah ich zwar nichts mehr, aber das machte mir nichts aus. Das rasende Stakkato der Schritte und das Pfeifen des Gegenwinds zu hören – untermalt von Mikkokas ganz und gar unpassenden Jubelschreien – genügte mir vollends.
    Auf unserem halsbrecherischen Ritt durch das finstere Dickicht starb ich tausend Tode. Ab und an tat das Tier einen unvermittelten Satz, um über einen umgestürzten Baum, dorniges Gestrüpp oder andere Hindernisse zu springen, und mehr als einmal wäre ich um ein Haar abgestürzt, was unweigerlich dazu geführt hätte, mir jeden Knochen im Leib zu brechen. Aber irgendwie gelang es mir immer, obenauf zu bleiben, und zum Glück dauerte der Ritt auf den Triumphstelzen nicht allzu lange – obwohl er mir natürlich wie eine Ewigkeit vorkam.
    Ein neuer Schwall Spritzwasser, der mir wie eine eisige Faust in den Nacken klatschte, setzte mich bald davon in Kenntnis, dass wir wieder durch ein sumpfiges Gewässer sprengten, und kaum, dass wir das andere Ufer erreichten, warfen die Vögel uns einfach ab.
    Ja, so war es wirklich. Meine Triumphstelze hielt abrupt inne, mitten im Schritt, und breitete gleichzeitig ihre kümmerlichen Schwingen aus, um die ich meine Beine geklammert hatte. Ich segelte im unfreiwilligen Spagat von ihrem Rücken und landete mit einem dumpfen Schlag auf dem Boden – mit immer noch geschlossenen Augen und ohne jede Vorwarnung, genau, wie du gerade von der Pritsche gesegelt wärst …
    Den Sternen sei Dank, dass ich nicht die Kraft hatte, dich aufs Bett zu heben. Du hättest dich bestimmt verletzt. Es schwankt aber auch gewaltig! Ganz schön heftig, dieser Sturm … Komm, ich bette deinen Kopf und halte dich fest, damit du dir nicht wehtust. Genau so. Alles ist gut, Froh. Dir kann nichts passieren.
    Was meinen Sturz von der

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