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Das Mädchen aus Mantua

Das Mädchen aus Mantua

Titel: Das Mädchen aus Mantua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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sei das alles in ihr gestorben. Doch es war noch da, ganz dicht unter der Oberfläche ihrer Haut, es drängte hitzig hervor und brachte ihr Blut zum Pulsieren. Sie legte ihre Hand über seine und hielt sie dort fest, um das Gefühl dieser Berührung auszukosten, und als er sich, zögernd zuerst und dann mit unvermitteltem Ungestüm, zu ihr neigte und seine Lippen auf ihre legte, erwiderte sie seinen Kuss mit einer Inbrunst, die sie selbst schockierte.
    Seine Unerfahrenheit spielte keine Rolle, sie wusste ja, wie es ging. Und er binnen Augenblicken ebenso, es war fast, als hätte er nie etwas anderes getan. Ein verzehrendes Feuer flammte zwischen ihnen auf und entlud sich in einem ungezügelten Kuss. Celestina merkte kaum, dass sie ihre Hände in sein Hemd geschoben hatte, um seine nackte Haut zu spüren, genauso wenig merkte sie, dass sie plötzlich auf seinem Schoß saß und er sie so fest an sich presste, dass sie kaum atmen konnte. Doch wer musste schon atmen? Sie nicht. Sie wollte nur, dass dieser Kuss nicht endete. Keuchend drückte sie sich an seine Brust, erwiderte das Drängen seiner Zunge mit der ihren und berauschte sich an der köstlichen Hitze seines Mundes.
    Seine Reflexe waren besser geschult als ihre. Oder er hatte sich nicht so stark von der Leidenschaft dieser Umarmung mitreißen lassen. Jedenfalls hörte er als Erster die Schritte im Gehölz hinter ihnen. Von einem Moment auf den nächsten erstarrte er zu völliger Regungslosigkeit, während er ihren Kopf an seiner Brust barg, als wolle er sie vor einem Angreifer schützen. Sie spürte seinen jagenden Herzschlag an ihrer Wange und roch seinen frischen Schweiß. Beides betörte sie auf eine Weise, dass es sie fast um den Verstand brachte. Sie war so schmerzhaft erregt von seiner Nähe, seinem Geruch und dem festen Griff, mit dem er sie hielt, wie sie es in dieser Intensität noch nicht erlebt hatte, auch nicht während ihrer Ehe. Vielleicht hing es damit zusammen, dass sie hier verbotenem Tun frönten, heimlich, im Dunkeln und allein.
    Nein, nicht allein. Die Schritte kamen näher, und dann rief eine besorgte Frauenstimme: »Cleopatra? Bist du da? Miez, miez! Wo bist du, meine Süße?«
    Ein Rascheln zu ihren Füßen, ein leises Maunzen. Dann ein gleitendes Huschen, und ein graupelziger Umriss stahl sich durch das Ufergras.
    »Cleopatra, warte! Lauf nicht weg! Du wirst wieder Prügel von diesem grässlichen schwarzen Kater kriegen, der sich hier herumtreibt! Komm zurück! Ich werde dir auch Sahne in dein Schälchen füllen! Miez, miez!« Die Frau hielt inne. »Hier ist ja ein Licht«, sagte sie dann erstaunt. »Wo kommt das denn her?« Die Stimme war nun unmittelbar hinter ihnen. »Ist da jemand?« Eine Hand kam hinter einem Baum hervor und hielt eine Lampe hoch.
    Timoteo hatte Celestina bereits auf die Füße gestellt, die Talgleuchte aufgehoben und weitere Maßnahmen für eine rasche Flucht eingeleitet, bevor die Frau auf der Bildfläche erschien. Er packte Celestina bei der Hand und zog sie mit sich, zwischen den tiefhängenden Ästen der Weiden hindurch, an den wild blühenden Oleanderbüschen vorbei und hinauf zu dem Pfad, der am Ufer entlangführte.
    Die Frau blieb am Wasser stehen und schwenkte die Lampe durch die Dunkelheit. »Ich suche nur meine Katze«, rief sie ihnen hinterher.
    »Wer hätte das erraten«, sagte Celestina außer Atem.
    Timoteo prustete los, womit er ihr ein Kichern entlockte. Schließlich lachten sie beide, während sie denselben Weg einschlugen, den sie gekommen waren.

In derselben Nacht
    In der Herberge wurde es nie richtig still. Herrschte tagsüber lautes Rumoren, unterbrochen durch die Rufe der Gäste, das Lachen der Schankmädchen und das Poltern von Schritten im ganzen Haus, waren es bei Nacht die anderen Geräusche, die ihn wach hielten.
    Jene nächtlichen Geräusche waren auf ihre Art beinahe noch schlimmer als der Lärm bei Tage. Sie hätten auch von Geistern verursacht sein können. Das Knarren einer Tür, das Heulen des Windes unter dem Dachstuhl, das Rascheln von Mäusen in den Hohlräumen hinter den Wänden, das Knacken im Gebälk. Hinzu kamen die menschlichen Geräusche, meist dann, wenn er glaubte, doch endlich einschlafen zu können. Entweder drang Schnarchen aus einem der benachbarten Räume, oder das rhythmische Quietschen einer Matratze zeigte an, dass auch andere sich die Nacht um die Ohren schlugen, allerdings mit angenehmeren Beschäftigungen als einfach nur dazuliegen und in die Dunkelheit zu

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