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Das Mädchen aus Mantua

Das Mädchen aus Mantua

Titel: Das Mädchen aus Mantua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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Filiberto hatte ihr später versichert, dass der Physikus nicht pervers sei. Die Harnbeschau gehöre vielmehr zum ärztlichen Handwerk und sei für die Diagnostik von hohem Nutzen. Arcangela blieb allerdings bei ihrer Meinung; sie fand, dass ihr Urin diesen Kerl nichts anging.
    »Du solltest ihm kein Geld mehr geben«, sagte sie zu Vitale.
    »Für deine Gesundheit ist mir nichts zu teuer.«
    »Das ist sehr fürsorglich von dir, aber ich brauche den Physikus nicht mehr, denn voraussichtlich darf ich morgen bereits heim.«
    Er freute sich mit ihr darüber, doch davon abgesehen war er in schwermütiger Stimmung. Nach dem Grund musste Arcangela gar nicht erst fragen. Er grämte sich, weil nicht feststand, wann sie sich das nächste Mal wiedersehen würden. Sie hätte ihn gern aufgemuntert, aber sie wusste nicht recht, wie. Daher schwieg sie lieber.
    »Wann kommt eigentlich dein Bruder wieder her?«, erkundigte er sich. »Hilft er nicht gelegentlich hier aus? Ich wollte ihn doch wegen meiner Ermittlungen sprechen.«
    »Ähm … Ach so! Tja, weißt du, Marino ist im Augenblick gar nicht in Padua. Derzeit finden keine Vorlesungen statt. Er besucht seine Mutter in Venedig.«
    »Aha. Nun gut. Wenn er wieder da ist, kannst du ihn vielleicht einmal zu mir auf die Kommandantur schicken?«
    »Selbstverständlich«, sagte Arcangela verbindlich.
    Vitale leistete ihr für eine Weile Gesellschaft, wahrte aber den in der Öffentlichkeit schicklichen Abstand. Er hielt sich aufrecht und straff; nur der Verband um seine Stirn kündete noch von dem harten Knüppelschlag, der ihn niedergestreckt hatte.
    Die drei Räuber hatte er fortschaffen und auf dem Schindanger begraben lassen. Niemand wollte die Kerle gekannt haben. In der Anatomie hätte es gleich dreifachen Grund zur Freude gegeben, wären nicht gerade Universitätsferien gewesen.
    Zu ihrer Überraschung erhielt Arcangela später am Tage abermals Besuch – diesmal von Onkel Lodovico. Er blieb nur kurz bei ihr, ihr Gespräch war eher flüchtiger Natur und ging über wenige Worte nicht hinaus. Es kam Arcangela so vor, als erfülle er lediglich eine lästige Pflicht, damit ihm später niemand nachsagen konnte, er habe sich nicht um ein krankes Mitglied seiner Familie gekümmert. Ein Vorwurf, der umso schwerer gewogen hätte, wenn sich herumgesprochen hätte, dass er in Wahrheit aus ganz anderen Gründen im Spital weilte.
    Arcangela machte sich nicht vor, dass er ihretwegen hier war. Von Celestina hatte sie alles über seine heimlichen Treffen mit dieser humorlosen Schwester Deodata erfahren. Sie hatte bereits ihre eigene Theorie dazu entwickelt.
    »Er versorgt die Nonne mit dem Giftzeug, das er hinter der neuen Mauer züchtet, und sie probiert es an all den armen Kranken aus!«
    »Aber aus welchem Grund?«
    »Ganz einfach. Auf diese Weise finden sie gemeinsam heraus, welche Dosis welche Wirkung erzeugt. Wem soll schon auffallen, ob einer mehr oder weniger daran stirbt! Sie sterben doch sowieso hier wie die Fliegen.«
    Celestina hatte zweifelnd den Kopf gewiegt. »Ich weiß nicht. Diese Lösung wäre zu … offensichtlich.«
    »Das Offensichtliche ist meist auch das, was wahr ist. Sagte das nicht schon Aristoteles?«
    Das hatte ihr einen bewundernden Blick ihrer Stiefschwester eingetragen, weshalb sie sich auch verkniffen hatte, darauf hinzuweisen, dass dieser Ausspruch nicht auf ihrem Mist gewachsen war, sondern dass sie ihn einmal zwischen Tür und Angel von Jacopo aufgeschnappt hatte.
    Sie war davon überzeugt, dass sie recht hatte. Bestärkt wurde sie darin, als sie sah, wie Onkel Lodovico beim Verlassen des Krankensaals kurz bei Schwester Deodata stehen blieb und mit ihr sprach. Dann warf er einen Blick über die Schulter zurück und bemerkte, dass Arcangela ihn beobachtete. Ein schuldbewusster Ausdruck trat auf sein Gesicht, als hätte sie ihn ertappt. Rasch eilte er weiter.
    Und es gab weitere Verdachtsmomente für eine handfeste Verschwörung. Schwester Deodata sprach mit einer der Nonnen, und Arcangela, die in Hörweite hinter dem Wandschirm auf dem Topf saß, konnte jedes Wort der leise geführten Unterhaltung verstehen.
    »Heute Nacht bin ich wieder im Keller«, sagte Schwester Deodata.
    »Ich kann dich nicht jedes Mal decken«, antwortete die andere Nonne.
    »Bitte. Nur für die Zeit zwischen dem ersten und dem zweiten Nachtläuten. Es wird vorläufig gewiss das letzte Mal sein.«
    »Na gut. Aber dann will ich die Hälfte von deinem Sonntagsbraten.«
    Pass nur auf, dass

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