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Das Mädchen aus Mantua

Das Mädchen aus Mantua

Titel: Das Mädchen aus Mantua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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Mistforken und Sauspießen gehindert, worauf sie Fersengeld gaben und wenig später Vitales Hütte erreichten.
    »Du bist ein Held«, sagte Arcangela mit schwacher Stimme. Ihre Bewunderung wuchs, als er nach ihrem Eintreffen in der Stadt den herbeilaufenden Wachen die Geschichte auftischte, die er sich ausgedacht hatte. Demnach war er im Begriff gewesen, nach seiner Hütte zu sehen, so wie er es jede Woche tat, als er mitbekam, wie drei bewaffnete Räuber sich anschickten, über eine Dame herzufallen, die dort in der Gegend einen Spaziergang unternahm. Er hatte sie gerade eben noch retten können.
    Streng genommen war es nicht einmal gelogen, wie Arcangela bemerkte. Davon abgesehen sprach schon der äußere Anschein dafür, dass sich alles so abgespielt hatte, wie er es schilderte. Seine Männer waren voller Hochachtung, und das zu Recht.
    Zwei der ihm unterstellten Ordnungshüter eskortierten den Wagen des Bauern zum Spital, wo Arcangela mit äußerster Vorsicht von der Ladefläche gehoben und auf eine rasch herbeigeschaffte Trage gelegt wurde. Vitale hielt ihre Hand und ging neben ihr her, während die beiden Wachmänner sie hineintrugen. Drinnen nahmen Nonnen sie in Empfang und betteten sie auf ein Lager, und obwohl sie dabei zartfühlend zu Werke gingen, wurde Arcangela von dem Schmerz wieder bewusstlos. Als sie das nächste Mal zu sich kam, war Celestina bei ihr.
    »Gott sei Dank«, murmelte Arcangela. »Jetzt wird alles gut!«
    »Dafür werde ich persönlich sorgen«, sagte Celestina. In ihren Augen standen Tränen, aber sie wirkte zu allem entschlossen. »Leider müssen wir dir vorher noch einmal sehr wehtun. Aber ich weiß, dass du es überstehen wirst. Du musst tapfer sein!«
    »Willst du mir den Arm abschneiden?«, fragte Arcangela entsetzt. Rasch schaute sie nach, ob er überhaupt noch da war, was nicht gleich festzustellen war, da man alles so dick umwickelt hatte.
    »Nein, natürlich nicht. Aber der Knochen muss gestreckt und eingerichtet werden. Frater Silvano wird bald hier sein.«
    »Wieso der? Kannst du es nicht machen?«
    Celestina schüttelte den Kopf. »Es muss jemand tun, der viel Erfahrung mit dem Schienen gebrochener Knochen hat. Die kann er vorweisen. Ich kann höchstens dabei helfen.« Sie griff nach einem Schwamm und einer Schale. »Wenn du es nicht mehr aushalten willst, kann ich dir das hier vors Gesicht drücken.«
    »Was ist das?«
    »Ein Schlafschwamm. Er wird mit einem Mittel getränkt, das dich betäubt. Allerdings birgt es auch Gefahren. Manche Patienten müssen sich tagelang übergeben.« Sie zögerte. »Es gibt auch einige wenige, die nie wieder aufwachen.«
    »Dann versuchen wir es ohne.«

Drei Tage später
    »Nun, was soll ich sagen«, erzählte Arcangela ihrem Bettnachbarn. »Meine guten Vorsätze waren rasch dahin. Als sie mir den Arm in dieses Streckgestell spannten, konnte ich noch die Zähne zusammenbeißen. Aber als es dann ans Langziehen ging, schrie ich, bis die Wände wackelten. Ich verlangte nach dem vermaledeiten Schwamm, doch bis sie ihn mir vor die Nase halten konnten, war ich auch schon von allein ohnmächtig geworden.«
    »Darüber könnt Ihr froh sein, Madonna Arcangela«, sagte ihr Bettnachbar. »Ich wurde für die Verarztung mit dem Schlafschwamm betäubt und hatte danach drei Tage lang das Gefühl, meine Innereien befänden sich eher draußen als drinnen.«
    Arcangela verstand ihn nur mit Mühe, weil ihm vier seiner Vorderzähne fehlten. Bei dem Überfall, dessen Folgen ihn hierher befördert hatten, waren sie ihm ausgeschlagen worden. Davon abgesehen war er ein vorbildlicher Unterhalter, freundlich, lustig und ein Mann von tadellosen Manieren. Zudem war er medizinisch gebildet, er hatte Arcangela haarklein erklärt, wozu die Behandlungen taugten, die man ihnen hier angedeihen ließ, wobei die eine oder andere Maßnahme nach seinem Urteil nicht sonderlich gut wegkam.
    Vom Aderlass etwa hielt er nicht viel. »Blut ist Lebenssaft«, sagte er dazu. »So schnell, wie sie es einem abzapfen, kann der Körper wahrlich kein neues hervorbringen!«
    Arcangela hatte Celestina von seinen Bedenken berichtet, und die hatte gedankenvoll genickt. »Weißt du, ich glaube, da könnte was dran sein. William Harvey, der englische Student – er hat etwas in dieser Richtung herausgefunden. Ich werde mich bei nächster Gelegenheit mit ihm darüber unterhalten.«
    Vorläufig entschied Arcangela, dass sie keinen Aderlass brauchte. Als der Amtsphysikus zur nächsten Behandlung

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