Das Mädchen-Buch
der er mal ins Theater gehen kann, das man »vorzeigen« kann. Andere Eltern möchten auf keinen Fall, das die Nachbarn erfahren, dass ihre Tochter sich mehr zu Mädchen hingezogen fühlt und auch schon eine erotische Beziehung zu einer Freundin hatte. Das sind ehrliche Gefühle, auch wenn es schwerfällt, dazu zu stehen. | 185 |
Coach
Enttäuschungen müssen wir nicht wegreden und so tun, als gäbe es sie nicht. Das spüren die Mädchen sowieso, und es hilft niemandem. Ebenso wenig nützt es, wenn wir probieren, unsere Tochter doch noch dahin zu kriegen, dass sie bestimmte Leistungen erbringt oder dass sie beispielsweise ihre lesbische Neigung versteckt. Wenn wir uns mit unseren Enttäuschungen auseinandersetzen, wird der Blick frei für das, was da ist, was gut ist, was unsere Tochter ganz persönlich ausmacht, was sie unverwechselbar und einzigartig macht. Erst dann kann sie sich so angenommen fühlen, wie sie ist, und sich öffnen. Mit der Sicherheit: »Meine Eltern lieben mich so, wie ich bin«, kann sie wirklich selbstbewusst werden.
Königin bei Facebook
»Mir ist das Internet sehr wichtig, um auf Facebook z. B. mit Freunden zu chatten oder in Youtube Musik zu hören oder Videos anzugucken. Ab und zu benutze ich es für die Hausaufgaben – Google-Übersetzer.«
EMMA, 15 JAHRE
Wie nutzen Mädchen Medien?
Für die meisten Mädchen sind Medien sehr wichtig. In erster Linie benutzen sie das Handy (95 %), an zweiter Stelle stehen das Internet und der Fernseher mit jeweils 90 %. 49 % der Mädchen lesen täglich oder mehrmals in der Woche Bücher. Gefragt, welche Me | 186 | dienfunktionen ihnen subjektiv am wichtigsten sind, nennen Mädchen an erster Stelle »Musik hören« (92 %), gefolgt von »Internet nutzen« (88 %) und Handy (87 %). 78
Mädchen sind Kontaktexpertinnen
Mädchen interessieren sich für Geschichten, in denen sie etwas darüber erfahren, wie Kontakt geht. In Daily Soaps, ihrem Lieblingsfilmgenre, können sie sich dabei zurücklehnen. Aus sicherem Abstand der Couch erfahren sie quasi stellvertretend, wie Kontakt geht, wie erwachsenes Leben geht, wie man gut damit klarkommt, und auch, wie man weniger gut durchkommt, wie man scheitert. Das alles gucken sie sich gerne an, ohne selbst aktiv werden zu müssen.
Im Alltag gebrauchen Mädchen hauptsächlich ihr Handy. Dicht darauf folgen Fernseher und Computer. Handy und Computer nutzen sie vor allem zur Kommunikation. Sie simsen, chatten, verbreiten Meinungen oder Nachrichten und lesen Neuigkeiten. Sie sind Netzwerkerinnen im wahrsten Sinne des Wortes. Sie können verbinden, vermitteln, sich mitteilen. Sie sind gute Kommunikatorinnen. Sie schätzen es auch, mit Menschen Kontakt zu halten, die weiter entfernt wohnen. Das ist die eine Seite. Andererseits kann das Kommunizieren auch das Handeln verhindern. »Erst mal drüber reden.« Mädchen wollen sich absichern, sie suchen Bestätigung, bevor sie aktiv werden. Sie versichern sich immer wieder, bevor sie sich entscheiden. »Soll ich das rote oder das blaue Top anziehen?«, »Bist du schon da?«, »Ich habe gerade eine SMS an ihn formuliert, kann ich die so losschicken?« Dadurch sichern sie ihre Entscheidungen ab. Mal ist das hilfreich, mal vielleicht eine Unsicherheit, die sie auch blockiert.
Mädchen wollen dabei sein und mitkriegen, was läuft, was die anderen denken, was die machen. Um dazuzugehören, müs | 187 | sen sie bei Facebook sein. Dort erfahren sie, wer gerade was macht, denkt, liket, postet. Sie sind auf dem Laufenden, werden bestätigt und haben ihre »Geheimwelt«.
»Wenn ich kein Internet und kein Handy hätte, fände ich das ziemlich schlimm, da ich eigentlich jeden Tag im Internet bin und mein Handy sehr wichtig ist, um in Kontakt mit anderen zu sein.«
ELLA, 15 JAHRE
Facebook-Gruppen sind mittlerweile auch für Schwimmvereine oder Partyveranstalter das Medium, über das bekannt gegeben wird, ob der Unterricht ausfällt und wann gegrillt wird. Wer das aufgibt, muss stark sein, denn er erfährt nicht mehr, was läuft, ist gegebenenfalls auf Partys mal nicht dabei.
»Es gibt zwei Gründe, warum man nicht bei Facebook ist: Einmal weil Facebook ein Zeitfresser ist und man sich selbst ›Entzug‹ verordnet oder weil man rebellieren möchte gegen den Facebook-Zwang.«
ISABELLA, 17 JAHRE
Lady Gaga hat 10 Millionen Freunde auf Facebook. Damit liegt sie vor Barack Obama. Und Freunde zu haben ist wichtig. So wichtig, dass es Menschen gibt, die sich Freunde im Internet kaufen.
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