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Das Mädchen-Buch

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Titel: Das Mädchen-Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Raffauf
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Ausbildungszeit absolvieren sollen, um dann immer früher in den Beruf zu gehen. Als G8 eingeführt wurde, habe ich die zuständige Bildungsministerin in NRW angeschrieben und sie gefragt, wann unsere Kinder denn noch Zeit zum Spielen haben sollten und warum ausgerechnet die Stunde »soziales Lernen« jetzt auf dem Lehrplan gestrichen sei. Die Antwort der Ministerin: Die Kinder müssten im internationalen Vergleich mithalten können, deshalb müssten sie früher fertig werden. Komischerweise habe ich noch niemanden getroffen, der G8 gut findet. Denn in vielen Bundesländern bedeutet ein Schuljahr weniger, dass der gleiche Stoff in weniger Zeit durchgenommen wird. Das heißt: weniger Freizeit und mehr Schulstress zu Hause. Heute ist es in manchen Bundesländern den Schulen wieder freigestellt, aber alle haben es erst mal mitgemacht und sich umgestellt.
    Die Rechnung der Landesregierungen geht aber irgendwie nicht auf. Hoch qualifizierte Leute mit mehreren Praktika, einem Jurastudium und tollen Abschlüssen werden weiter auf sogenannten Praktikumsplätzen »warm« gehalten. Dieses Phänomen wurde von dem Zeit-Autor Matthias Scholz die »Generation Praktikum« genannt. 119
    Junge Frauen bestimmen vorwiegend selbst, welchen Weg sie einschlagen. In Ausbildungsberufen sind die Spitzenreiter, für die sie sich entscheiden: Kauffrau im Einzelhandel, Arzthelferin, Bürokauffrau, und Friseurin. Die meisten Berufe, die sie auswählen, bieten allerdings wenig Aufstiegsmöglichkeiten. Mädchen sind weniger in dualen Ausbildungsgängen und manche bekommen nicht die Ausbildung, die sie sich wünschen. In | 255 | rein schulischen Ausbildungen, wie Berufsfachschulen oder Schulen im Gesundheitswesen sind sehr viel mehr Mädchen als Jungen.
    Frauen an der Uni
    An der Uni ist das Verhältnis zwischen weiblichen und männlichen Studierenden fast ausgeglichen: Knapp die Hälfte aller Studienanfängerinnen sind junge Frauen. Schwerpunktmäßig studieren sie, im Gegensatz zu jungen Männern, eher Sozialwissenschaften, Kulturwissenschaften und Medizin als Ingenieurwissenschaften und naturwissenschaftliche Fächer. Das Fach Betriebswirtschaftslehre ist allerdings bei beiden, Männern und Frauen, das beliebteste Studienfach.
    Was ihre Fähigkeiten anbelangt, stehen Mädchen den Jungen in nichts nach, in der Schulzeit liegen sie ja zumeist weit vorne. Das zeigt sich nicht nur an den Schulnoten, sondern auch an ihrem Engagement bei zusätzlichen Aufgaben und Angeboten: Mädchen im Alter zwischen 12 und 18 Jahren engagieren sich stärker freiwillig als Jungen. Sie sind häufiger Klassensprecherinnen, sie arbeiten eher an Schülerzeitungen mit, sie beteiligen sich häufiger an Arbeitsgemeinschaften, im Schultheater oder im Schulchor. Im späteren Berufsleben spiegeln sich dieses Engagement und auch die guten Schulabschlüsse aber nicht in gleicher Weise wider:
    Sie sind seltener politisch engagiert, haben seltener Vorstands- oder Leitungsfunktionen und sie verdienen im Schnitt 23 % weniger Geld als Männer, obwohl sie besser qualifiziert ins Berufsleben einsteigen. Gründe für dieses Ungleichgewicht gibt es verschiedene: »Frauen wählen schlechter bezahlte Berufe, steigen langsamer auf als Männer, verhandeln bescheidener und werden in einer männlich geprägten Arbeitskultur be | 256 | nachteiligt«, analysiert die Autorin Selma Stern. 120 Teilzeitarbeit und Babypausen seien in den meisten Branchen die effektivsten »Karrierekiller«. Das heißt, es bleibt eng, und wenn es um das Kinderkriegen geht, befinden sich junge Frauen in einem weiteren Dilemma, das eine Frauenärztin der profamilia-Beratungsstelle so beschreibt:
    »Erst dürfen Mädchen keine Kinder kriegen, weil wir Teenagermädchen in unserer Gesellschaft zu jung finden, um Mutter zu werden, dann haben sie keine Zeit wegen ihrer beruflichen Karriere und dann sollen sie ganz schnell schwanger werden.«
    Solange wir nicht akzeptieren, dass manche Biografien so sind und andere anders, dass es nicht darum gehen kann, alles zu schaffen und allen und allem gerecht zu werden, haben junge Frauen nicht die freie Wahl. Sie werden immer weiter unter Druck stehen.
Das Wichtigste überhaupt
    »Das Wichtigste im Leben ist, dass man nicht nur für andere Menschen oder für gesellschaftliche Normen lebt, sondern auch für sich und sein Privatleben mit Freunden und Familie. Es ist wichtig, dass man sich einen Alltag schafft, den man gerne lebt.«
    ROSA, 18 JAHRE
    ***
    »Das Wichtigste ist, dass man

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