Das Mädchen-Buch
den Übergangsritualen aus anderen Kulturen, die wir kennen, werden bei dem Ritual »Mottowoche« die jungen Erwachsenen nicht angeleitet. Es gibt keine Vorgabe und keine »weisen Alten«, die ihnen zeigen, wie es geht. Der französische Anthropologe Arnold van Gennep macht darauf aufmerksam, dass ein »unkontrollierter« Übergang die Gefahr der »Desorientierung des Einzelnen und der Gefährdung der statischen Ordnung des Soziallebens« berge. Übergangszeremonien hätten alle dasselbe Ziel: Es gehe darum, »das Individuum aus einer genau definierten Situation in eine andere, ebenso genau definierte hinüberzuführen«. 114 Mädchen heute erleben oft nicht so klar konturierte Lebensphasen. Das hat den Vorteil, dass manche schon lange vorher üben können, wie »Erwachsensein« geht. Viele bekommen schon früher schrittweise Ver | 247 | antwortung übertragen. Sie verfügen über eigenes Taschengeld, sie haben Aufgaben im Haushalt, sie kümmern sich um jüngere Geschwister. Die Nachteile der fließenden und nicht klaren Übergänge sind, dass es immer schwieriger wird, in Ruhe Kind sein zu können und nicht schon als junges Mädchen mit überfordernden Lebensumständen konfrontiert zu werden. Die Jugend dauert länger und es ist nicht klar, wo Anfang und Ende ist.
Nesthocker oder Nestflüchter
Als ich mit der Schule fertig war, wollte ich nur eins: so schnell wie möglich ausziehen. Ich wollte raus von zu Hause, in die Welt der unbegrenzten Möglichkeiten, aus der Kleinstadt nach London gehen und selbstständig ohne meine Eltern leben. So habe ich es auch gemacht. Die meisten meiner Klassenkameradinnen sind auch rasch von zu Hause ausgezogen. Heute machen viele Jugendliche einerseits zeitweise lange Reisen, andererseits steigt die Zahl der jungen Erwachsenen, die erst mal weiter zu Hause wohnen.
Hotel Mama
47 % der jungen Frauen und 63 % der jungen Männer zwischen 18 und 24 Jahren leben noch zu Hause. Die meisten Frauen ziehen so etwa mit 22 Jahren aus. Die meisten Männer verlassen dann erst ab 24 ihr Elternhaus. 115
So wird die Zeit in der Familie verlängert, eine Art Moratorium. Die jungen Erwachsenen wollen nicht mehr klein sein, aber es ist wunderbar, wenn noch alles vorhanden ist, der volle Kühlschrank, die gewaschene Wäsche, die geräumige Wohnung und die vertrauten Menschen um einen herum. »Ich bin gern zu | 248 | Hause«, erklärte mir die 18-jährige Tanja ihren Wunsch, erst mal daheim zu bleiben. Neben »Bequemlichkeit« und »Harmonie mit den Eltern« spielen natürlich auch finanzielle Gründe eine Rolle. Die Frage ist: Wie kann man den neuen Lebensabschnitt auch neu markieren? Denn das ist wichtig, um mit dem Spagat, zu Hause noch Kind, aber gleichzeitig schon erwachsen zu sein, umzugehen. In der Familie ist es gut, die alte/neue Situation neu zu besprechen. Gemeinsam zu überlegen, wie es gehen kann, inwiefern sich Pflichten, Rechte und auch Grenzen zwischen den Familienmitgliedern sinnvoll verändern lassen. Wer ist für die Wäsche, die Mahlzeiten, den Haushalt zuständig? Wenn die Mädchen schon Geld verdienen, stellt sich die Frage, ob es so viel ist, dass sie sich an den Haushaltkosten auch finanziell beteiligen. Wo reden die Eltern nicht mehr rein? Wer braucht wo seinen privaten Bereich? Wie lässt sich das in der Familie realisieren und was müssen alle dazu beitragen, damit es auch gelingt? Wo gibt es Gemeinsamkeiten, zu denen man sich treffen kann?
Brust-OP zum Abi
Die Tränen rollten ihr über die Wangen, als Madita sich nach dem Friseurbesuch im Spiegel anschaute. Viel zu viel hatte der Friseur abgeschnitten. Die Haare reichten ihr nur noch bis zur Hüfte und nicht mehr bis zum Po. »Alle haben mich immer auf dieses längere Stück Haare angesprochen. Das war doch das Einzige, was ich hatte«, klagt sie verzweifelt. Und jetzt kommt der Abi-Ball und da sollten die Haare der Blickfang sein.
Der Schönheitsdruck nimmt nicht ab, wenn Mädchen aus dem Haus gehen, im Gegenteil: Aussehen zählt mehr denn je:
»Tough sein« heißt für viele junge Frauen nicht nur, dass sie einen guten Beruf ergreifen und darin erfolgreich sind. Maßgeblich ist auch ein »perfektes« Aussehen. Das wissen die | 249 | Mädchen und die meisten tun sehr viel dafür: Haare glätten, Körperhaare entfernen, ausgiebiges Schminken oder Body-Stretching, bräunen im Sonnenstudio gehören zum normalen Alltag vieler junger Mädchen. Manche lassen ihren Körper durch eine OP dauerhaft verändern.
»Brust-OP zum
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