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Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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fragte Anna mit vor Rührung brüchiger Stimme.
    »Ich weiß nicht, wo ich hinsoll, wenn du stirbst«, erwiderte Mercurio verloren.
    Anna del Mercato nickte. Dann aß sie schweigend. Als sie fertig war, trank sie aus einer gesprungenen Tasse ein wenig Wein. Ihr abgezehrtes Gesicht bekam allmählich Farbe, und ihre Augen nahmen endlich wieder ihre Umgebung wahr. Sie streckte die Hand nach Mercurio aus und reichte ihm die Kette.
    Mercurio nahm sie, trat hinter die Frau und legte sie ihr um.
    Anna del Mercato lächelte. »Womit habe ich das verdient, mein Junge?«
    »Ich muss hier eine Weile bleiben«, erwiderte Mercurio. »Ich brauche ein warmes Bett, ein warmes Haus, eine warme Suppe. Ich kann nicht in einem Rattenloch leben. Du musst hier schon einiges tun.«
    »Ich habe kein Geld, mein Junge, tut mir leid.«
    »Ich schon. Ich werde dich bezahlen.«
    »Warum tust du das alles?«, fragte Anna mit weicher Stimme.
    Mercurio antwortete nicht. Er nahm einen Stuhl, stellte ihn neben ihren und setzte sich.
    Anna sah ihn an, und ihr Gesicht entspannte sich. Sie streckte einen Arm aus und legte ihn um seine Schultern.
    Mercurio blieb starr in Annas Umarmung auf seinem Stuhl sitzen.
    »Du bist steifer als ein Stockfisch«, sagte sie belustigt.
    Der Junge wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. Selbst bei ihr spürte er den Drang, aufzustehen und zu verschwinden.
    Anna zog ihn an sich, doch Mercurio wehrte sich.
    »Ich hab doch nie eine Mutter gehabt«, sagte er plötzlich. »Ich weiß nicht, wie man so was macht.«
    Annas Druck auf ihn ließ kurz nach. Dann zog sie ihn noch näher zu sich heran. »Lehn deinen Kopf an mich, mein Junge.«
    Ihre Stimme klang genauso warm wie an dem Abend, als er ihr das erste Mal begegnet war. »Wohin?«, fragte er.
    Anna del Mercato lachte. »An meine Schulter.«
    Mercurio bog den Hals in ihre Richtung, immer noch leicht verkrampft. Es wäre schön, die Augen zu schließen, dachte er, als er spürte, wie Anna ihm über das Haar streichelte. Aber er konnte es noch nicht. »Die Sachen von deinem Mann …«, sagte er und hob den Kopf, um sie anzusehen.
    »Lehn deinen Kopf an mich«, unterbrach ihn Anna und drückte ihn wieder gegen ihre Schulter. »Kannst du etwa nicht reden mit dem Kopf an jemandes Schulter?«
    Mercurio lächelte. »Die Sachen von deinem Mann stinken nach Fisch … Ich muss sie waschen.«
    »Du hättest sie mir bringen können. Ich hätte sie dir gewaschen.«
    »Ja …«, erwiderte Mercurio leise, während seine Lider sich in der Wärme des Feuers langsam senkten.
    »Darum kümmern wir uns morgen«, sagte Anna.
    »Ja …«
    »Du bist immer noch so steif wie ein Stockfisch.«
    »Nein …«
    »Doch. Das kannst du besser.«
    Mercurio spürte, wie ihm Tränen in die Augen stiegen. »Ich weiß nicht, wie das geht.«
    Anna del Mercato lachte. »Da gibt es keine Regel«, sagte sie.
    Mercurio wurde noch schläfriger.
    »Schließ die Augen.«
    »Ja …«
    Anna sah ihn an. »Jetzt mach sie doch endlich zu«, sagte sie und lachte leise.
    Sobald er die Augen geschlossen hatte, fühlte Mercurio, wie seine Glieder schwerer wurden. Er schwieg eine Weile und spürte, wie Annas Hand ihm zärtlich durchs Haar fuhr. »Ich glaube, jetzt habe ich verstanden, was du das letzte Mal gemeint hast.«
    »Womit?«
    »Als du gesagt hast, dass die Hände eine Rolle gespielt haben, als du und dein Ehemann euch kennengelernt habt.«
    Anna wurde rot. »Ach, wirklich?«
    »Ja …«
    Sie schwiegen eine Weile. Anna streichelte immer noch mit einer Hand Mercurios Haar, die andere lag auf der Kette.
    »Ich glaube, dass ich jemandem wehgetan habe …«, sagte Mercurio schläfrig.
    »Wem?«
    »Einem Mädchen …«
    »War sie nicht einverstanden?«, fragte Anna und erstarrte.
    »Nein … Sie wollte … Ich war es, der …«
    »Wenn ihr getan habt, was ich denke«, sagte Anna lächelnd, »glaube ich nicht, dass du ihr etwas angetan hast.«
    Mercurios Atem wurde immer ruhiger.
    »Wir haben nichts getan. Ich bin abgehauen.«
    »Bist du verliebt?«, fragte Anna. Ihre Stimme klang melancholisch und fröhlich zugleich.
    »Woher weiß man das?« Mercurio dachte an das berauschende Gefühl, als er Giudittas Hand gehalten hatte. Und an das andere, aber nicht weniger heftige, als ihm beim Berühren von Benedettas Busen das Blut in die Lenden geschossen war.
    »Hör auf das hier«, sagte Anna und tippte an seine Brust auf der Höhe des Herzens.
    Mercurio konnte sich vor Müdigkeit kaum noch auf dem Stuhl halten.
    »Du brauchst

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