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Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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einen Schritt zurück.
    Mercurio hatte auf einmal ganz weiche Knie. Er konnte sich kaum noch auf seinen Beinen halten, und in seinem Kopf ging alles wild durcheinander.
    »Es tut mir leid«, sagte Joseph.
    »Ach hau doch ab, du Speckwanst!«, brüllte Mercurio wütend und verschwand.
    Als er hinter dem Sottoportego des Ghetto Vecchio die Brücke nach Cannaregio erreichte, versagten ihm seine Beine endgültig. Er klammerte sich an das Holzgeländer.
    »Ist was mit dir, Junge?«, fragte ihn eine alte Magd, die mit Einkäufen beladen vom Markt zurückkehrte.
    Mercurio sah sie mit wildem Blick an.
    Die alte Frau blickte erschrocken zu Boden und setzte dann hastig ihren Weg fort.
    Er atmete tief durch, um neue Kraft zu schöpfen, und machte sich dann entschlossen auf den Weg in Richtung San Marco.
    Keuchend erreichte er den Bogengang am Dogenpalast, von wo aus es zu den Kerkern ging, und sah dort zwei Soldaten das Tor bewachen. Hinter ihnen standen noch fünf weitere Männer, darunter der Kommandant in seiner hochrangigen Uniform.
    Auf dem kleinen Platz vor dem Palast hatte sich eine Menge von Müßiggängern versammelt. Alle redeten nur über die Hexe.
    »Ich muss …«, stammelte Mercurio keuchend, »Giuditta di Negroponte sehen …«
    Einer der Soldaten sah ihn flüchtig an. »Verschwinde«, sagte er nur.
    »Ich habe gesagt, ich muss sie sehen«, erklärte Mercurio mit Nachdruck.
    Der Soldat wandte sich ihm zu. »Und wer bist du?«
    »Ich bin …« Mercurio wusste nicht, was er sagen sollte. »Ich bin …«
    »Du bist ein Niemand. Verschwinde!«, sagte der Kommandant der Wachen und kam auf ihn zu.
    Mercurio blieb wie erstarrt stehen. Ein Schauder überlief seinen ganzen Körper, und er spürte Angst in sich aufsteigen. Unschlüssig verlagerte er sein Gewicht und reckte seinen Hals nach dem Bogengang des Dogenpalastes.
    »Hast du nicht verstanden, Junge? Du sollst verschwinden!«, wiederholte der Kommandant seinen Befehl.
    »Giuditta!«, schrie Mercurio plötzlich auf. »Giuditta, hörst du mich?«
    »He, was soll das!«, rief der Kommandant.
    Einige der Schaulustigen auf dem Platz näherten sich neugierig.
    »Giuditta!«, schrie Mercurio wieder, so laut er konnte. Die Hände hatte er trichterförmig an seinen Mund gelegt, als könnte er mit diesen Schreien alle Angst aus seinem Körper ausstoßen. »Warum? Sag mir, warum?«
    Auf einen Wink des Kommandanten hin versuchten die beiden wachhabenden Soldaten, Mercurio an den Armen zu packen.
    Doch Mercurio sprang beiseite und konnte sich losmachen. »Giuditta!«, schrie er wieder.
    »Hör auf, Junge, oder ich lasse dich verhaften!«, drohte ihm der Kommandant.
    Inzwischen waren auch die anderen Soldaten dazugekommen und warteten nur auf seinen Befehl.
    »Leck mich doch!«, brüllte Mercurio, der schon nicht mehr wusste, was er sagte.
    Der Kommandant schnellte vor und packte ihn an der Jacke. »Du bist verhaftet. Das hast du dir selbst zuzuschreiben.«
    Zwei Soldaten ergriffen ihn von beiden Seiten.
    »Giuditta!«, schrie Mercurio und versuchte sich zu befreien. »Sag mir, warum?«
    »Warte nur, eine Nacht im Kerker wird dir den Kopf schon zurechtrücken«, sagte der Kommandant. »Wie heißt du? Wer bist du eigentlich?«
    Da erschien, angelockt von dem Geschrei, der Heilige auf den Stufen, die zu den Kerkern führten.
    »Über dich stolpert man auch überall, verdammter Mönch!«, sagte Mercurio verächtlich. Der Heilige, der ihn gleichermaßen wiedererkannt hatte, machte aus seinem Unmut ebenfalls keinen Hehl und warf Mercurio einen abschätzigen Blick zu.
    »Hüte deine Zunge«, wies der Kommandant Mercurio zurecht. Dann befahl er seinen Männern: »Schafft ihn rein.«
    In dem Moment drehte sich Mercurio instinktiv zu dem Kommandanten um und rammte ihm seinen Kopf ins Gesicht.
    Verwirrt ließen die Soldaten Mercurio einen Moment lang los, woraufhin dieser sofort zurücksprang.
    Zitternd vor Schmerz fiel der Kommandant mit gebrochener Nase zu Boden. »Verhaftet diesen Scheißkerl!«, schrie er seinen Männern zu.
    Doch Mercurio hatte sich schon umgewandt und war losgelaufen.
    »Haltet ihn!«, schrie der Kommandant, während ihm das Blut aus der Nase schoss.
    »Ich weiß, wer das ist«, sagte der Heilige. »Und ich glaube, ich weiß auch, wo er lebt.«
    Verfolgt von den Soldaten rannte Mercurio inzwischen quer über den Markusplatz. Doch die Männer hatten schwer an ihrer Rüstung zu tragen, deshalb hatte er sie schnell abgeschüttelt und konnte ein Fischerboot besteigen,

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