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Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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seinem kleinen Gefolge von Messknaben und Geistlichen Lanzafame erblickte, hob er verärgert eine Augenbraue. »In Zukunft soll die Angeklagte hier auf uns warten und nicht umgekehrt«, sagte er verärgert.
    Lanzafame breitete entschuldigend die Arme aus. »Verzeiht, Patriarch, aber … die Frau, die sie auf Befehl des Inquisitors geschminkt hat, war nicht rechtzeitig fertig mit ihr.«
    Der Patriarch sah den Heiligen an.
    »Das wird nicht mehr vorkommen«, sagte dieser beflissen.
    »Auf denn, beeilen wir uns«, sagte der Patriarch und schritt voran.
    Ihm folgten der Heilige, die Geistlichen, ein Dominikanermönch, der vorsichtig vorwärtsschritt, die Messknaben und am Schluss Giuditta mit Lanzafame.
    Der Kapitelsaal des Klosters der Heiligen Kosmas und Damian war riesig und schmucklos mit einer hohen dunklen Balkendecke und drei Mann hohen Säulen an den Seiten. Im vorderen Teil hatte man eine niedrige Tribüne aufgebaut, auf der der Patriarch und die Geistlichen des Gerichts sitzen würden, rechts davon einen langen Tisch für den Inquisitor und den Verteidiger und links einen Käfig, in den Giuditta geführt wurde.
    Als Mercurio sie so sah, eingesperrt wie ein wildes Tier, versetzte es ihm einen Stich ins Herz. Halte durch, dachte er und bemühte sich, nicht selbst dem Schmerz nachzugeben.
    Vor der Tribüne und im gesamten Raum waren Kirchenbänke aufgestellt worden, auf denen sich jetzt bereits jede Menge Volk drängte, das gekommen war, um dem Prozess beizuwohnen. Diejenigen, die keinen Sitzplatz mehr gefunden hatten, füllten den übrigen Raum zwischen den Säulen und den Wänden aus und standen dicht aneinandergepresst. Andere drängten sich an der Tür zusammen und versuchten, wenigstens etwas zu hören. Den vielen, die draußen auf dem Vorplatz standen, blieb nur die Möglichkeit, sich vorzustellen, was hinter den dicken Mauern des Konvents geschah.
    Der Patriarch schritt auf den Sessel in der Mitte des Raumes zu und machte schon einem Geistlichen in einem Seidengewand mit einer Schärpe aus Damast ein Zeichen, sich neben ihn zu setzen, als der edle Jacopo Giustiniani mit einem flinken Satz auf die Tribüne sprang und den Platz neben ihm besetzte.
    »Patriarch«, begann Giustiniani, während die versammelte Menge verstummte, um zu hören, was er sagte. »Dieses Ereignis ist so bedeutend, dass die Obrigkeit von Venedig sich an die Seite der Kirche stellen muss und will.«
    Der Patriarch erstarrte. Er hatte nicht vorgehabt, das Verdienst mit anderen zu teilen.
    Giustiniani wandte sich währenddessen an die Menge. »Ihr seid die Herde des Herrn, aber genauso unsere geliebten Bürger«, ließ er sie wissen. »Wenigstens wird man nicht sagen, dass nur Schafe im Saal gewesen sind, sondern auch Männer.«
    Die Leute lachten laut, während Giustiniani es sich neben dem Patriarchen bequem machte.
    »Giustiniani«, zischte der Patriarch ihm zu. »Was fällt Euch nur ein?«
    »Patriarch, das wisst Ihr doch ebenso gut wie ich, denn Ihr seid zwar ein Mann der Kirche, aber doch vor allem Venezianer«, sagte Giustiniani freundlich lächelnd. »Venedig kann es sich nicht erlauben, von einem so bedeutenden Ereignis ausgeschlossen zu sein. Wir können nicht hinter der Kirche zurückstehen.« Er breitete die Arme aus. »Ich weiß, dass Ihr mich im Grunde Eures Herzens versteht.«
    Der Patriarch versuchte seine Verärgerung zu verbergen und lächelte der versammelten Menge zu. »Der Heilige Prozess soll beginnen«, befahl er. Mit einer Hand wies er auf den Heiligen zu seiner Linken. »Der Streiter für die Kirche, Inquisitor Fra’ Amadeo da Cortona.«
    Du sollst verflucht sein, dachte Mercurio.
    Der Heilige stand auf und verneigte sich vor dem Patriarchen, dann wandte er sich der Menge zu und zeigte ihr erneut seine Hände mit den Wundmalen.
    »Kommt näher, Inquisitor, empfangt unseren Segen.«
    Der Heilige kniete vor der Tribüne nieder.
    »Kommt näher«, sagte der Patriarch. Und als der Heilige fast bei ihm war, nahm er sein Gesicht in die Hände. »Ich küsse Euch im Namen unseres Herrn Jesus Christus …«, sagte er und näherte seinen Mund der rechten Wange. »Hör endlich auf, diese Löcher herumzuzeigen, du Hanswurst«, zischte er ihm ins Ohr, während er so tat, als würde er ihn küssen. Dann gingen seine Lippen zur linken Wange. »Und denk daran, wir brauchen kein Geständnis. Das Volk hat sie schon verurteilt. Du musst nur dafür sorgen, dass es seine Meinung nicht ändert.« Er sah ihm in die Augen. »Amen!«,

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