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Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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diesem Augenblick, dass er sich nicht irrte, wenn er im Gesicht des Adligen mehr las als Unmut. Vielleicht hatte er es verdient, die Wahrheit zu erfahren. »Scarabello liegt im Sterben, Euer Exzellenz«, sagte er.
    Jacopo Giustinianis tiefblaue Augen erstarrten. Die Gesichtszüge des Edelmannes verzerrten sich kaum merklich, doch dann entspannte sich sein Gesicht zu einem übertriebenen Grinsen. »Dann bin ich wohl bald frei«, sagte er theatralisch.
    »Ja, Euer Exzellenz«, sagte Mercurio, der die Angst erkannt hatte, die Giustiniani gerade ergriffen hatte.
    Doch Jacopo Giustiniani zeigte keine Regung mehr.
    »Er ist in Mestre, im Hospital von Anna del Mercato. Das kennt jeder dort«, sagte Mercurio.
    Der Edelmann wandte sich an einen seiner Pagen. »Gehen wir«, befahl er.
    »Nehmt ihn fest«, hörte man auf einmal eine Stimme in der Menge. »Da ist er! Nehmt ihn fest!«
    Mercurio sah, wie der Kommandant der Wache des Dogenpalastes auf ihn zeigte, und war einen Moment später zwischen den Menschen verschwunden.
    Die Wachen machten sich sogleich an seine Verfolgung. Einer von ihnen hätte ihn beinahe zu fassen bekommen, als ein Mann aus der Menge stolperte, auf den Soldaten fiel und ihn mit sich zu Boden riss.
    »Du Idiot!«, schrie der junge Soldat verärgert auf, weil er durch diesen Zusammenstoß Mercurio unwiederbringlich verloren hatte.
    »Verzeiht, mir, edler Herr«, sagte Isacco, erhob sich und klopfte dem Soldaten die Uniform ab, um ihn noch weiter aufzuhalten. »Ich wurde gestoßen … Es tut mir leid …«
    »Du verdammter Alter«, knurrte der Soldat und stieß ihn weg.
    Isacco verneigte sich demütig, bevor er sich wieder unter die Menge mischte. Dann entdeckte er in einiger Entfernung den dunklen Lockenschopf Mercurios, der gerade den Markusplatz verließ. »Ich habe mich in dir getäuscht, Junge«, sagte er leise. »Du verdienst Giuditta wirklich.«

83
    Ö ffne!«, befahl Lanzafame dem Kerkermeister barsch.
    »Sie ist nicht da«, erwiderte die Wache.
    »Und wo ist sie?«, fragte Lanzafame gereizt.
    »Oben. Eine Hure macht sie zurecht«, sagte die Wache anzüglich grinsend.
    Lanzafame wandte sich ohne ein weiteres Wort um und eilte, gefolgt von seinen Soldaten, die Stufen zum ersten Stock des Dogenpalastes hinauf. Er kam zu einer kleinen Loggia, vor der er die Gefangenenwächter erkannte.
    »Ist sie hier?«
    Der Kommandant der Wachen wandte sich träge um. Seine gebrochene Nase war immer noch geschwollen, und unter seinen Augen lagen dicke, bläulich verfärbte Ringe. Er presste sich ein mit Schleim und Wundsekret beschmutztes Taschentuch unter die Nasenlöcher. Wortlos starrte er Lanzafame an und begab sich dann in Richtung eines Zimmers, das von der Loggia abging. »Ist sie fertig? Wie lange dauert das noch?«
    »Ich bin so weit«, sagte eine weibliche Stimme aus dem Zimmer.
    Der Kommandant der Wache wandte sich an Lanzafame. »Jetzt gehört sie ganz Euch«, sagte er.
    Lanzafame betrat das Zimmer.
    »Hör endlich auf zu flennen, du dumme Kuh«, fauchte die Hure gerade Giuditta an. »Du machst ja alles wieder kaputt, was ich …«
    Sie konnte ihren Satz nicht beenden, denn Lanzafame war schon über ihr und stieß sie wütend gegen die Wand. »Schweig still, du Schlampe!«, knurrte er. Dann wandte er sich an Giuditta und reichte ihr eine Hand. »Komm«, sagte er freundlich zu ihr. »Wir müssen gehen.«
    Giuditta nickte und zog die Nase hoch.
    »Komm«, wiederholte Lanzafame und brachte sie hinaus.
    Die Wachen lachten und pfiffen anzüglich, als sie sie erblickten, und Giuditta senkte errötend den Kopf.
    Lanzafame warf ihnen einen vernichtenden Blick zu und gab seinen Soldaten einen Wink, sich um Giuditta zu scharen. Er selbst ging neben ihr, hielt sie am Arm, als hätte er Angst, sie könnte fallen, und so stiegen sie schweigend die Stufen hinab.
    »Ich sehe furchtbar aus«, sagte Giuditta kaum hörbar, als sie das Tor nach draußen erreichten.
    »Halt«, befahl Lanzafame seinen Männern. Er sah Giuditta an. Ihr Gesicht war wieder dick und ordinär geschminkt. Der tiefe Ausschnitt ihres Kleides ließ den Busen fast vollkommen frei, und ihre Füße steckten erneut in den hohen Schuhen, wie sie üblicherweise die Kurtisanen trugen.
    »Ich sehe furchtbar aus, nicht wahr?«, wiederholte Giuditta.
    Lanzafame nahm sein Taschentuch und entfernte damit grob ein wenig von der schwarzen Farbe, die die Hure dick auf Giudittas Lidern aufgetragen hatte. Dann wischte er ihr das grelle Rot von den geschminkten

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