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Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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seiner schrillen Stimme: »Nein, Patriarch.«
    »Die Ärmste, jetzt tut sie mir leid«, flüsterte Giuditta.
    Mercurio sah sie wie vom Donner gerührt an und entdeckte in ihren Augen nicht die Spur des Hasses, den sie eigentlich hätte empfinden müssen. Dann wandte er sich Benedetta zu und bemerkte zu seinem größten Erstaunen, dass auch er keinen Hass empfand. Jetzt, wo er sie mit hängendem Kopf dasitzen sah, hatte auch er einfach nur Mitleid mit ihr. All das Böse, dass sie sich ausgedacht hatte, wendete sich jetzt gegen sie selbst.
    »Und könnt Ihr uns sagen, ob sie in irgendeinem Verhältnis zu Euch steht?«, fuhr der Patriarch fort.
    Der Fürst errötete, und seine missgestalteten Züge verzerrten sich noch mehr.
    »In unserer Welt ist Wahrheit das, was die Mächtigen vorschreiben«, wiederholte Mercurio leise einen Satz Giustinianis.
    »Was sagst du?«, fragte Giuditta.
    »Schau sie dir doch an, wie einträchtig sie hier erschienen sind, um ihre Klasse zu verteidigen«, sagte Mercurio halblaut, während er auf die in der ersten Reihe sitzenden adligen Damen starrte. »Wir aus dem Pöbel beschmutzen sie wie Schlamm oder Kot.«
    »Nun weißt du, wie wir Juden uns jeden Tag fühlen«, flüsterte Giuditta ihm zu.
    »Nun? Wir warten, Fürst«, sagte der Patriarch, und in seiner Stimme lag eine Härte, die keinen Raum für Ausflüchte ließ.
    Contarini wandte sich plötzlich Benedetta zu und hielt einen Moment ihrem Blick stand.
    Benedetta sah die Angst in seinen Augen und lächelte ihn an, in der Hoffnung, ihn so auf ihre Seite zu ziehen. Und dieses Lächeln wurde ihr zum Verhängnis.
    Der Fürst fühlte sich dadurch noch tiefer gedemütigt, und die Wut, die in ihm aufstieg, presste ihm die Kehle zu. »Ich würde mich kaum an sie erinnern, wenn sie nicht für dieses schändliche Ärgernis gesorgt hätte«, rief er erregt aus. »Sie ist eine Magd in meinem Palazzo. Eine von vielen.« Er wandte sich wieder Benedetta zu und sah, dass das Lächeln aus ihrem Gesicht gewichen war. Sie war wirklich schön, und sie hatte die Rolle seiner toten Schwester am besten von allen verkörpert. Keines der jungen Mädchen vor ihr hatte sich so sinnlich auf der Schaukel gewiegt. Es würde nicht leicht sein, noch mal eine wie sie zu finden. »Sie bedeutet mir überhaupt nichts«, behauptete er.
    »Und wie war es möglich, dass sie sich zu der Aussage verstieg, Ihr …«, begann der Patriarch.
    »Das weiß ich nicht!«, winselte der Fürst.
    Der Patriarch warf ihm einen verärgerten Blick zu.
    »Die Frau ist verrückt … Sie hat mit ihren Fantastereien all meine Bekannten belästigt. Sie sind gekommen, um meine Worte zu bestätigen, falls es nötig sein sollte.« Der Fürst deutete auf die adligen Damen in der ersten Reihe.
    Benedetta erkannte die ältliche Aristokratin wieder, die sie gebeten hatte, Giudittas Kleider für sie zu besorgen. Die Frau erwiderte ihren Blick feindselig und abweisend.
    Sie ließen sie fallen. Alle wie sie da waren.
    Im gleichen Augenblick führte man die Magierin Reina herein und hieß sie, auf der Bank Platz zu nehmen. Benedetta sah, dass ihre Hände gefesselt waren und dass ihr die Haare wirr in das schmerzlich verzogene Gesicht hingen. Ganz bestimmt hatte man sie gefoltert oder zumindest geschlagen.
    Mercurio sah zu Benedetta hinüber. Als die Frau den Saal betreten hatte, war sie erstarrt. »Wer ist das?«, fragte er flüsternd Giuditta.
    »Ich weiß es nicht.«
    Benedetta konnte sich vorstellen, was die Magierin Reina jetzt aussagen sollte, und suchte ihren Blick. »Alles Böse, was man jemandem wünscht, fällt früher oder später auf einen selbst zurück«, hatte die Magierin sie bei ihrer ersten Begegnung gewarnt. Doch Benedetta hatte ihr nicht geglaubt. »Was ich tue, geschieht durch Euren Willen, und die Folgen werden nicht auf mich zurückfallen«, hatte Reina hinzugefügt. Benedetta lächelte traurig. Das Böse war nun auf sie beide zurückgefallen. Mehr einer instinktiven Eingebung folgend als einer vernünftigen Überlegung sprang sie von ihrem Platz auf, rannte zu dem Fürsten und warf sich ihm zu Füßen.
    »Verzeiht mir, Fürst!«, jammerte sie schluchzend. »Ich erbitte Eure Verzeihung, ich wollte doch nichts Schlechtes tun … Ich habe nur davon geträumt, an Eurer Seite zu sein … Fürst, ich bitte Euch, ich will nichts anderes, als dass Ihr mir vergebt.« Sie sah ihn an und setzte alles auf eine Karte. »Die anderen hier sind mir gleich, Fürst.« Sie sah rasch zum Patriarchen

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