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Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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aus dem irdischen Paradies kamen, entdeckte Mercurio ein spitzes Gesicht, das ihm bekannt vorkam. Er fühlte, wie sein Herzschlag sich beschleunigte.
    »Donnola!«, rief er.
    Doch der Mann hörte ihn nicht und eilte schnell weiter.
    »Donnola!«, rief Mercurio noch einmal und schwenkte seinen Arm wild durch die Luft. »Weißt du denn nicht mehr, wer das ist?«, fragte er Benedetta. »Los, laufen wir ihm nach!«
    »Was kümmert dich dieser Dummkopf?«
    »Ich will ihm Guten Tag sagen. Er war der Gehilfe des Doktors!«
    »Und was kümmert dich dieser Doktor? Gehen wir lieber zum Teatro dell’Anzelo«, sagte Benedetta und zog Mercurio in die entgegengesetzte Richtung fort.
    »Lass mich los.« Mercurio befreite sich mit übertriebener Heftigkeit. »Geh du schon mal dorthin, ich komme nach«, rief er und lief Donnola hinterher. Vielleicht konnte der ihn zu Giuditta führen, sagte er sich aufgeregt.
    Benedetta blieb einen Moment stehen, dann folgte sie ihm.
    Mercurio stieß Leute beiseite, um sich den Weg zu bahnen, und bog in eine enge, schlammige Gasse ein. Ab und zu sah er Donnolas spitz zulaufenden Schädel, dann rief er ihn laut und fuchtelte wild mit den Armen.
    Er hatte Donnola beinahe erreicht, als dieser sich umwandte. Beim Anblick des jungen Mannes, der seinen Namen schrie und seine Arme scheinbar drohend schwenkte, begann er schneller zu laufen, und da er die Straßen und alle Abkürzungen kannte, hängte er ihn ab.
    Als Mercurio auf der Riva del Vin ankam, sah er, dass Donnola ein Boot bestiegen hatte und damit unerreichbar für ihn war. Auf dem Boot, das schon beinahe auf der Mitte des Canal Grande trieb, stand der Doktor. Und neben ihm seine Tochter.
    »Giuditta«, flüsterte Mercurio, und das Herz schlug ihm bis zum Hals. Er rannte die schlammige Uferstraße entlang und schwenkte die Arme. »Giuditta!«, schrie er. »Giuditta!«
    Das Mädchen drehte sich um.
    Mercurio wusste nicht, ob sie ihn erkannt hatte. Aber er hoffte es, denn obwohl sie so weit voneinander entfernt waren, hatten sich ihre Blicke gekreuzt. Das wollte er wenigstens glauben, als er nun erschöpft stehen blieb. Seine Hose war bis zu den Knien mit Dreck bespritzt.
    »Giuditta!«, schrie er noch einmal aus Leibeskräften.
    Das Mädchen starrte ihn an, ohne ihm jedoch durch irgendein Zeichen zu verstehen zu geben, dass sie ihn wiedererkannt hatte.
    »Giuditta …«, stammelte Mercurio kraftlos.
    Benedetta hatte alles aus der Ferne beobachtet. Wütend unterdrückte sie die Tränen und biss sich auf die Lippen, bis sie beinahe bluteten.
    Sie spürte mit einem Mal tiefen Hass auf die Tochter des Doktors in sich aufsteigen.

23
    V ater, erinnerst du dich an den jungen Priester, der mit uns gereist ist?«, fragte Giuditta, während das Boot abdrehte und den Canal Grande verließ.
    »Mercurio, aber ja«, antwortete Isacco zerstreut.
    »Mir kam es so vor, als hätte ich ihn eben am Ufer gesehen und er hätte uns zugewinkt …«, sagte Giuditta. »Nur dass er nicht mehr als Priester gekleidet war.«
    Isacco drehte sich um, er war schlagartig aufmerksam geworden. »Ach«, sagte er und nickte dann bedächtig, um Zeit zu gewinnen. »Na ja, auf diese Entfernung sehen alle Jungen gleich aus, mein Kind. Er ist es sicher nicht gewesen.«
    Giuditta dagegen wusste, dass es Mercurio gewesen war. Sie wusste es, weil sie, kaum dass sie ihn erblickt hatte, einen Druck auf der Brust gespürt hatte, als ob jemand mit der Hand dagegen drücken würde, und gleich darauf war sie so glücklich gewesen. Sie wusste genau, dass er es gewesen war, denn seit ihre Hände sich gefunden hatten, war er ihr nicht mehr aus dem Kopf gegangen, obwohl sie versucht hatte, nicht mehr an ihn zu denken. Sie antwortete ihrem Vater nicht, sondern starrte nur auf den Canal Grande, der jetzt beinahe hinter einem Palazzo aus gelb-grünem Marmor verschwunden war. Warum nur hatte sie nicht zurückgewinkt? Denn das hätte sie am liebsten getan. Stattdessen war sie wie versteinert stehen geblieben.
    Donnola wusste nun endlich, wer der junge Mann gewesen war, der ihn verfolgt hatte, und er musste schmunzeln über seine Angst. Er wollte gerade den Mund öffnen, um es den anderen zu erzählen, als jemand ihn am Ärmel zupfte.
    »Gehen wir diesem Jungen lieber aus dem Weg«, flüsterte ihm Isacco ins Ohr. »Der bringt nichts als Ärger.« Dann drehte er sich wieder zu seiner Tochter um, die sich abgewandt hatte. »Wie lange dauert es noch?«, fragte er laut den Gondelführer.
    »Wir sind fast da.

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