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Das Mädchen, das nicht weinen durfte

Titel: Das Mädchen, das nicht weinen durfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Khadra Sufi
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gerade zwischen seinen Beinen passierte. Ich bekam Angst und verkrampfte, aber diesmal wollte ich es nicht über mich ergehen lassen . »Mach den Mund auf, Khadra!«, dachte ich. Ich wusste, dass dieser Mann kein Recht hatte, das zu tun, und wie beiläufig zupfte er währenddessen weiter an meinen Haaren rum. Jetzt wurde ich wütend, ich konnte es richtig spüren, wie die Wut in mir aufstieg. Und dann brach es endlich aus mir heraus.
    »WAS WILLST DU DENN? WARUM DRÜCKST DU DICH AN MICH?« Der Friseur erschrak und ging einen Schritt zurück, aber er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen: »Ähhhh, ich komme sonst so schlecht an die Wickler ran.«
    »ICH WILL ABER NICHT STEHEN!«, schrie ich und war selbst erschrocken, als ich mein Gesicht im Spiegel sah, das war kein kleines Mädchen mehr, das mich so wütend anstarrte. Jetzt wurde auch der Friseur unruhig.
    »Ähhh, ja gut, setz dich wieder, wenn du willst.« Ich setzte mich und er zupfte die restlichen Wickler aus meinem Haar. Dann kam mein Vater durch die Tür und ich war so glücklich, ihn zu sehen, auch seine Augen glänzten, während er mich anlächelte.
»Wow, Njunja! Schau dich an, wie schön du bist!« Ich konnte ihm nicht erzählen, was passiert war, nicht jetzt und niemals, nicht mal darüber nachgedacht habe ich in diesem Augenblick und nie danach, dafür schämte ich mich einfach zu sehr. Papa nahm meine Hand und wir gingen. Auf der Straße sah ich unsere beiden Schatten vor uns her spazieren, ein Mann, der die Hand eines Mädchens hielt, das herumhüpfte und ihre schönen Haare im Wind wehen ließ.

Kleine Freuden - und große Nöte
    Im Fernsehen schaute ich mir alle möglichen Serien an, vor allem Roots und Fackeln im Sturm liebte ich. In Somalia hatten wir nur alte Videofilme gesehen, die Geschichte von Rocky Balboa kannte ich in- und auswendig. In Kairo sehnte ich den Dienstagabend herbei, denn dann gab es immer die Geschichte meines neuen Helden zu sehen: Kunta Kinte, der aus Afrika mit dem Schiff nach Amerika verschleppt worden war, um als Sklave seinem Herrn und Massa zu dienen. Aber er widersetzte sich jeder Demütigung, die ihm und seinen Landsleuten angetan wurde, und behielt immer seine Würde.
    An einem Vormittag, nachdem ich gerade vom Markt gekommen war und meine Mutter uns in der Küche das Essen zubereitete, sah ich fern. Es war eine Kindersendung, die ich auch besonders gern mochte, denn dort wurde vorgeführt, wie man Spielzeug selbst basteln konnte, und an diesem Tag war es eine Puppe aus Schaumstoff. Es war ganz einfach: Zunächst wurde aus dem Schaumstoff mit einer Schere eine Kugel herausgeschnitten, die später der Puppenkopf werden sollte. Dann wurde ein dünner Stock hineingesteckt und um den Kopf ein großes Stück Stoff gebunden, sodass die Zipfel wie ein Kleidchen herunterhingen. Zuletzt bekam die Puppe noch Knopfaugen, Nase und Mund
angenäht. Ich war Feuer und Flamme! Ein paar Pfund hatte ich noch, aber ich hatte keine Ahnung, wo ich den Schaumstoff kaufen konnte. Zwei Stunden lang rannte ich über den Markt und von Geschäft zu Geschäft und gerade als ich aufgeben und mit dem Bus nach Hause fahren wollte, weil es schon dunkel wurde, wurde ich fündig. In einem kleinen Laden an der Haltestelle hatte der Händler in der Ecke hinter der Kasse ein altes Kissen aus Schaumstoff, das ich ihm abkaufte. Einen Namen hatte ich für meine Puppe schon, Trixy, und am nächsten Tag frühmorgens fing ich auf dem Wohnzimmerboden an zu basteln. Außer den Augen, die in der Höhe leicht versetzt waren, gelang sie mir auch, der Aufwand hatte sich gelohnt und ich hatte wieder eine Puppe, die mich beim Spielen vieles vergessen ließ.
    Es war Abend, der Fernseher lief im Hintergrund und ich saß auf dem Boden im Wohnzimmer und versuchte mich an meinem neuesten Hobby: dem Nähen. Es war nervenaufreibend, denn ich kämpfte damit, die dünne Schnur durch die winzige Nadelöffnung zu bekommen. Die Schlafzimmertür hinter mir war geöffnet, mein Vater lag auf dem Bett und als er das Radio lauter stellte, drehte ich mich zu ihm um. Er hörte einen englischen Sender und es musste etwas Wichtiges sein, was gerade berichtete wurde, denn er wirkte nicht nur konzentriert, sondern angespannt. Er hatte seine Augenbrauen zusammengezogen, sodass sich drei tiefe Falten auf seiner Stirn bildeten, die immer dann zu sehen waren, wenn er besorgt war. Ich wollte ihn jetzt lieber nicht stören und drehte mich zum Nähen wieder um. Als ich das Endstück der Schnur

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