Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman
ausgestattete Männer stürmen ins Zimmer. Zwei nehmen Boss Guan in die Zange, ein dritter tastet ihn nach Waffen ab. Peipei stößt einen panischen Schrei aus und flüchtet ins Badezimmer. Aber das nützt ihr nichts. Eine Polizistin dreht ihr den Arm auf den Rücken, drückt sie an die Wand und befiehlt ihr, sich nicht zu bewegen.
»Sind Sie der Restaurantbesitzer Guan Baohan?«
»Ja.«
»Sie sind wegen Schmuggel und Produktpiraterie vorläufig festgenommen.«
Wer hätte gedacht, dass die beiden Container, die Boss Guan aus Schanghai nach Hamburg geschickt hat, ihm Handschellen eintragen würden? Aufgrund einer anonymen Anzeige hat das Zollamt gleich nach dem Eintreffen des Schiffes seine Container herausgepickt. Dabei finden die Beamten nicht nur einige Tausend verdächtige Kleider mit gefälschten Etiketten bekannter Modehäuser, sondern auch Handtaschen, Schuheund andere Lederwaren bekannter Marken, die auf den mitreisenden Dokumenten nicht angegeben sind. Daraufhin hat die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl gegen ihn ausgestellt. In einer konzertierten Aktion werden Guans Wohnungen, sein Restaurant und der Supermarkt durchsucht, um weitere Beweise und Spuren zu sichern und mögliche Lagerräume für Schmuggelwaren zu finden.
Als die Polizei Boss Guan und Peipei in den Kastenwagen bringt, sitzt Yeye bereits drin. Sie starrt die halb bekleidete Peipei wütend an und knurrt: »Du Schlampe, bist du schon wieder dabei, meine Familie zu ruinieren? Dir werd ich es zeigen!« Sie senkt den Kopf, um Peipei einen Stoß zu versetzen, doch die Begleitbeamten stoppen sie rechtzeitig.
Nach einem Verhör im Polizeipräsidium dürfen die beiden Frauen wieder nach Hause. Boss Guan dagegen bleibt in Untersuchungshaft. Das Leben schmeckt plötzlich bitter. Die enge Zelle, das schmale Bett und die schlechte Luft legen sich wie eine eiserne Klammer um seinen Kopf, und in diesem Zustand muss er die Zeit verbringen, von der es plötzlich so reichlich wie Unkraut gibt.
Wulou pianfeng yu – Ausgerechnet wenn das Dach undicht ist, regnet es. Das Restaurant ist noch immer geschlossen, der Vater ist noch nicht wieder gesund, da wird er verhaftet. Und während Mendy und Yeye noch mit dem Rechtsanwalt der Familie telefonieren und verzweifelt nach einer Rettungsmöglichkeit für das inhaftierte Familienoberhaupt suchen, erhält Yeye dienächste Hiobsbotschaft: Im Keller eines ihrer Häuser in Neukölln steht fußhoch das Wasser.
Das Haus in der Weichselstraße ist alt und ungepflegt. Sowohl die Fassade als auch die Rohrleitungen und Elektrokabel hätte Boss Guan längst erneuern müssen. Aber er hält nichts davon, in die alten Häuser in dieser Gegend zu investieren. Er meint, bei niedrigen Mieten kriege man leichter ein volles Haus und verdiene damit mehr.
Yeye fasst sich an den Kopf. Seit der Verhaftung ihres Mannes hat sie das Gefühl, sie kann nicht mehr denken. Wieso muss gerade jetzt dieses Wasserrohr auslaufen? Hat jemand daran gedreht? Hat sich ein unzufriedener Mieter an ihnen gerächt? Oder liegt ein Fluch auf ihrer Familie?
Mendy betrachtet besorgt die Lippen der Stiefmutter, die sich ständig bewegen, ohne dass sie etwas sagt. Weiß Yeye nicht mehr, wer und wo sie ist? Mendy fasst sie sanft am Arm. »Sollen wir nicht einen Klempner hinschicken? Eine Pumpe brauchen wir wahrscheinlich auch. Wenn erst die Feuerwehr kommt, wird es teuer.«
Ein Ruck geht durch Yeye. Sie scheint aus ihrer Trance zu erwachen. Da sie die Telefonnummern ihrer bevorzugten Handwerker im Kopf hat, greift sie direkt nach dem Hörer. Sie weiß, sie muss den Schaden begrenzen, muss dafür sorgen, dass es keine Schäden an den elektrischen Leitungen gibt oder der Putz nicht von den Wänden fällt. Während sie telefoniert, macht sie Mendy zu ihrer Assistentin und lässt sie dies und jenes notieren. Ihre Entschlossenheit beruhigt dieStieftochter. Yeye hat die Dinge wieder im Griff.
Irgendwie hat der Goldene Drache von der Verhaftung seines Partners gehört und stattet Yeye einen Besuch ab. Er gibt sich sehr mitfühlend. Die Container mit den Kleidern seien beschlagnahmt worden? Sehr bedauerlich, sehr bedauerlich. Nun, er werde die Familie jetzt nicht unter Druck setzen und seine Entschädigungsforderung erst einmal zurückstellen. Er wisse ja, dass ihm Boss Guan alles zurückzahlen werde, sobald er wieder entlassen sei.
Die Familie Guan hat drei Mietshäuser, ein Restaurant und diverse Geschäfte. Da ist er sich sicher, dass er auf seine Kosten
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