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Das Mädchen in den Wellen

Das Mädchen in den Wellen

Titel: Das Mädchen in den Wellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Barbieri
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Prasseln der Beeren, die in den Dosen landeten. Es hörte sich an wie Regen auf einem Blechdach. In der Ferne ertönte das Grollen der See, das Maire das Gefühl gab, Teil von etwas Größerem zu sein.
    »Wie viele hast du?«, fragte Annie, die offenbar ihre Schwester übertrumpfen wollte, kurze Zeit später.
    »Ich weiß es nicht.« Ella wischte sich über die Stirn. »Dreißig? Sie sind klein. Schwer zu sagen.«
    »Ich hab fünfzig.«
    »Zählst du die Blätter mit?«
    Annie pflückte nicht besonders ordentlich.
    »Nein.« Als sie sich auf die Zehenspitzen stellte, stieß sie ihre Dose um. »Oh«, rief sie aus. »Jetzt sind sie rausgefallen.«
    »Ich hab dir doch gesagt, du sollst aufpassen.«
    »Ich weiß, ich weiß.« Annies Unterlippe bebte.
    »Nun heul nicht. Du kannst welche von mir haben.« Ella schüttete widerwillig die Hälfte ihrer Beeren in Annies Dose.
    Sie sammelten bis Mittag; sogar Ella fand ihren Rhythmus. »Wie viele brauchen wir für einen Kuchen?«, fragte sie.
    »Es reicht fast«, antwortete Maire mit einem Blick in die Dosen.
    »Schaffen wir’s bis Nachmittag?«
    »Natürlich.«
    Da starrte Nora stumm übers Feld, die Hand fest um den Griff ihrer Dose geschlossen, das Gesicht fahl.
    Maire folgte ihrem Blick. Maggie Scanlon, ein Schatten unter den Kiefern. Als Maire sie so sah, reglos, mit durchdringendem Blick, bekam sie eine Gänsehaut.
    Das Zirpen der Grillen durchschnitt schrill die stille Luft.
    Maggie beobachtete Nora und Maire, ohne sich zu rühren.
    Maire winkte hinüber, eine nachbarliche Geste, um den Bann zu brechen.
    Ohne das Winken zu erwidern, trat Maggie in den Schatten zurück und verschwand.
    Die Mädchen, die auf der anderen Seite pflückten, hatten zum Glück nichts mitbekommen.
    »Was wollte sie?«, fragte Nora leise.
    »Sie macht ihren täglichen Spaziergang, nehme ich an«, antwortete Maire, die Maggies Auftauchen sehr merkwürdig fand, nicht sonderlich überzeugend. »Auf der Insel gehen die Leute gern zu Fuß, ich auch.«
    Nach dem Mittagessen zupften Nora und die Mädchen in der Küche die Stiele und Blätter von den Beeren, während Maire den Teig nach dem Rezept ihrer Mutter anrührte.
    »Dürfen wir den Teig ausrollen?«, fragte Annie.
    »Ja«, antwortete Maire. »Wenn ihr wollt, könnt ihr ein Muster reinmachen.«
    Während Nora die Beeren süßte, schwangen Ella und Annie das Nudelholz. Der Teig wurde nicht so gleichmäßig dünn wie sonst, aber das störte Maire nicht. Schließlich war es der erste Inselkuchen der Mädchen.
    »Vorsicht«, warnte Ella ihre Schwester, als sie den Teig in die Form drückten. »Mach kein Loch rein.«
    »Keine Sorge. Schau, ich hab einen Teigmenschen geformt.« Annie hielt die Figur hoch. »Können wir den auf den Kuchen legen?«
    »Klar«, sagte Maire.
    »Ich mach noch drei. Dann haben wir eine Teigfamilie.«
    »Tolle Idee. Das ist meine erste Teigfamilie«, lobte Maire sie.
    Nora gab die Füllung hinein. »Mm, sieht köstlich aus.« Sie leckte den Saft von ihren Fingern. Falls sie noch an die Begegnung mit Maggie dachte, ließ sie es sich nicht anmerken.
    »Und jetzt den oberen Teil«, wies Maire sie an.
    Die Mädchen breiteten den Teig über die Füllung und drückten gemeinsam den Rand fest. Maire schnitt oben einen Schlitz hinein, und Annie und Ella arrangierten die Figuren so, dass sie sich an den Händen hielten. Maire lächelte. »Hübsch. Wirklich sehr hübsch.«
    Annie und Ella klatschten begeistert in die Hände, kleine Mehlwolken stoben in die Luft.
    »Raus mit euch.« Nora scheuchte sie auf die Terrasse. »Wir rufen euch, wenn der Kuchen fertig ist.« Sie wischte die Arbeitsflächen mit einem Schwamm sauber. »Tut mir leid, dass wir so viel Dreck gemacht haben …«
    »Wo gehobelt wird, da fallen Späne.« Maire ertappte Nora, wie sie mit gerunzelter Stirn zum Fenster hinaussah.
    »Keine Sorge«, beruhigte sie sie. »Maggie ist nicht da.«
    »Ich möchte ja nicht paranoid wirken, aber das war schon seltsam vorhin, oder? Verfolgt sie mich?«
    »Sie geistert manchmal in der Gegend herum. Das hat nichts mit dir zu tun.«
    »Den Eindruck habe ich schon.«
    Da erklang von der Auffahrt lautes Hupen. Polly mit der Post. Sie betrat das Haus durch die Tür an der Seite, ein Rundschreiben und eine Ausgabe der Gardens Illustrated in der Hand. »Gute Nachrichten: Heute keine Rechnungen. Was riecht denn da so fein?«, fragte sie. »Blaubeerkuchen? Wäre möglicherweise ein Stück für mich übrig?« Sie wandte sich Nora zu. »Maire

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