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Das Mädchen in den Wellen

Das Mädchen in den Wellen

Titel: Das Mädchen in den Wellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Barbieri
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backt die besten Kuchen der Insel. Sie ist eine klasse Köchin. Bei mir brennt noch das Wasser an.«
    »Setz dich«, forderte Maire sie auf. »Der Kuchen ist gleich fertig. Du kommst genau richtig.«
    Für den Kuchen und als Ablenkung.

ACHT
    D ie Tage vergingen. Annie, die sich zu fragen begann, ob sie Ronan wiedersehen würde, gewöhnte sich an, den Strand in der Morgendämmerung zu erkunden, wenn Nebel vom Meer aufstieg wie in einem Traum. Um diese Zeit war, abgesehen von Owen Kavanagh, der fischte oder schwamm, niemand unterwegs. Er nickte oder winkte ihr zu, aber sie kamen sich nur selten nahe genug, um miteinander zu sprechen, weil er sich weiter auf die Felsen und in die Brandung hinauswagte als Annie.
    An jenem Morgen stand das Wasser so tief, dass sie zwischen den kleinen Tümpeln hindurchwaten konnte, die die Flut zurückließ. »Hallo, Fische«, sagte sie. »Hallo, Anemonen.« Ihre Freunde. Sie schlüpfte zwischen den Felsen am Ende des Strands hindurch; der Sand dahinter lag bei Ebbe frei da. Annie liebte es, sich zu verbergen. Zu Hause hatte sie das oft im Garten getan, sich in der Lorbeerhecke mit den nistenden Vögeln ein Versteck eingerichtet, ideal für sie und einen lieben Freund. Nicht für Ella – sie war zu groß und zu laut; die Vögel mochten ihre Stimme nicht. Von der Hecke aus hatte Annie gehört, wie ihr Vater unter dem Vorwand, die Karpfen im Teich zu füttern, ein Handygespräch führte. Er hatte leise gesprochen, so leise, wie Annie es manchmal mit ihrer besten Freundin Katie tat. »Hast du auch Geheimnisse, Daddy?«, hatte sie ihn gefragt, war aus der Hecke geschlüpft und ihm ins Haus gefolgt. »Das war geschäftlich, Annie-pan«, hatte er hastig erklärt. »Ich hab nicht gemerkt, dass du in der Hecke sitzt.«
    Weil ihr im Schatten der Felsen von Glass Beach kalt wurde, trat sie in die Sonne hinaus. Ich bin ein Schmetterling. Sie konnte sich verwandeln, alles neu machen.
    »Hallo, Annie.« Ronan balancierte gekonnt am Rand eines Tümpels entlang.
    »Wo warst du?« Sie hatte gehofft, ihn hier zu treffen, und nun war er tatsächlich da.
    »Weg, angeln. Du hast doch niemandem von mir erzählt, oder?«
    »Nein. Ich halte meine Versprechen.«
    »Gut. Ich wusste, dass ich dir vertrauen kann. Schau, ich hab was für dich.« Er reichte ihr eine große, makellos weiße Muschel an einem Strang aus geflochtenem Seegras. »Trau dich. Blas rein.«
    Sie versuchte es. »Nichts zu hören.«
    Seine Augen funkelten. »Wenn du nichts hörst, heißt das noch lange nicht, dass niemand was hört. Behalt sie. Vielleicht wirst du sie eines Tages brauchen.«
    »Wann?«
    »Jetzt ist noch nicht eines Tages. Wenn’s so weit ist, merkst du’s schon.«
    Sie legte die Kette um ihren Hals. Ihr gefiel, dass sie nach Meer roch und dass er sie für sie gemacht hatte.
    »Möchtest du schwimmen?«
    »Ich darf nicht allein schwimmen.«
    »Du bist nicht allein. Ich bin ja bei dir. Wir schwimmen nicht weit raus. Ich will dir was zeigen.«
    »Wir zwei sind immer noch nicht mit meinem Boot rausgefahren. Ich hab jetzt Ruder.«
    »Schwimmen ist besser, du wirst schon sehen.« Er nahm ihre Hand. Die Wärme seiner Haut breitete sich in ihrem Körper aus. »Noch kalt?«
    Sie schüttelte lachend den Kopf.
    Sie rannten durchs seichte Wasser, so dass es im Sonnenlicht schillernd aufspritzte, und tauchten ein. Obwohl das Salz in Annies Augen brannte, ließ sie sie offen. Sie wollte sehen, wohin Ronan sie führte. Annie kannte niemanden sonst, der so schwamm wie er, nicht einmal ihre Mutter, und ahmte seine Bewegungen nach, so gut sie konnte.
    Nach einer Weile hielt Ronan inne. »Sie kommen. Hör zu.« Er zog sie unter Wasser, wo sie einen tiefen, gedämpften Ton wie von einem Horn, gefolgt von höheren Pfeiftönen, vernahm – eine Meeressymphonie.
    »Was war das?«, fragte sie, als sie nach Luft schnappend auftauchten. Noch nie hatte sie den Atem so lange angehalten. »Das war wunderschön.«
    »Der Gesang der Wale.« Er schaute sie an. »Du bist müde. Wir kehren lieber um.«
    »Ich will nicht.«
    »Ich weiß.« Er lotste sie zum Ufer zurück, setzte sich neben sie und zeichnete Symbole in den Sand.
    »Was bedeutet das?« Sie zeigte auf die Zeichen, Kurven und Linien.
    »Das ist eine besondere Sprache«, antwortete er. »Vielleicht bringe ich sie dir irgendwann bei.«
    »Schreibst du meinen Namen?«
    Er formte Kringel und Striche im Sand, die aussahen wie Spatzenflügel oder Fischschuppen.
    »Hübsch. Von jetzt an schreibe ich

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