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Das Maedchen mit dem Flammenherz

Das Maedchen mit dem Flammenherz

Titel: Das Maedchen mit dem Flammenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kady Cross
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keinen Zweifel daran, dass sie ihn gleich aus dem Raum verbannen würde, und wenn sie das tat, dann wäre er nicht für Finley da, wenn sie ihn brauchte. Im Moment war sie allerdings sowieso kaum ansprechbar, weil Emily sie mit Chloroform betäubt hatte. So bestand keine Gefahr, dass sich die Splitter bewegten und das Rückgrat verletzten.
    Emilys Überzeugung, dass sie auch im schlimmsten Fall nur die verletzten Körperteile zusammenfügen musste, damit Finleys Wunden mehr oder weniger von selbst abheilten, beruhigte ihn keineswegs. Es spielte auch keine Rolle, dass Finley über erstaunliche Kräfte verfügte. Wichtig war nur, dass sie verletzt war und er ihr nicht beistehen konnte.
    Sie alle hatten unlängst Verletzungen davongetragen, und einige davon waren sogar lebensgefährlich gewesen. Wer war er, dass er seine Freunde bitten konnte, solche Gefahren auf sich zu nehmen? Und wozu? Für ein Land, das wahrscheinlich schreckliche Angst vor ihnen hätte, wenn herauskäme, welche Fähigkeiten sie besaßen? Das war weder richtig noch gerecht, aber sie taten es trotzdem, und er musste nicht nach dem Grund fragen. Sie taten es für ihn.
    Die Schuldgefühle und Verantwortung lasteten schwer auf ihm.
    »Wie kann ich helfen?«, fragte er. »Ich muss doch irgendetwas für sie tun können.«
    Emily goss Listerine auf Finleys Rücken, um die Wunden zu säubern und das Blut abzuwaschen. »Komm her, setz dich neben sie, und halte ihre Hand.«
    Er tat es. Dabei fiel ihm nicht einmal auf, dass er ihre nackte Haut sah und sogar ganz nahe bei ihr war. Eigentlich wäre dies höchst unschicklich gewesen. Natürlich hatte er sich schon einmal vorgestellt, sie nackt zu sehen – welcher junge Mann hätte das nicht? –, aber nicht auf diese Art.
    Er zog einen Stuhl heran und setzte sich vor ihren Kopf, um eine ihrer Hände zu nehmen, die über die Tischkante hing. Etwas Blut war auf den Teppich getropft, doch das war ihm egal. Wenn das Hotel ihm das Stück in Rechnung stellte, konnte er es mühelos bezahlen. Nur Finley war unersetzlich.
    »Nun sei nicht melodramatisch«, schalt Emily ihn, als sie eine Scherbe aus der Pinzette in den Mülleimer fallen ließ. »Die Heiligen mögen uns behüten. Junge, du siehst aus, als stündest du an ihrem Grab. Du musst aufhören, so zu tun, als wäre alles, was passiert, immer nur deine Schuld. Wir können selbst entscheiden. Ich kann mich sogar noch gut erinnern, dass Finley losgezogen ist und diesen Plan umgesetzt hat, ohne dir überhaupt etwas zu sagen. Sie wusste, was sie tat.«
    »Ich fühle mich trotzdem verantwortlich.«
    Emily zog mit geschürzten Lippen eine weitere Scherbe aus Finleys Haut. »Ja, na schön. Vielleicht gefällt es dir ja, für alles Mögliche verantwortlich zu sein. Aber nur damit du’s weißt, dieses Brüten und Jammern ist an einem Mann kein attraktiver Charakterzug.«
    »Und das von einem Mädchen, das glaubt, die Sonne dreht sich um Sam Morgan? Ist das nicht ein bisschen scheinheilig?«
    Darauf errötete Emily so heftig, dass sogar die Sommersprossen verblassten. »Sam hat nicht immer so gebrütet. Du dagegen warst schon immer bereit, die Bürde der ganzen Welt auf dich zu nehmen. Es ist ja nicht verkehrt, wenn man ein Held sein will, Griffin. Aber pass auf, dass du unterdessen nicht zum Märtyrer wirst.«
    Dazu konnte er nichts mehr sagen, weil sie völlig recht hatte. Er kam sich ausgesprochen dumm vor. Also hörte er mit der Grübelei auf und sah schweigend zu.
    Eine halbe Ewigkeit später hatte Emily alle Splitter aus Finleys Rücken gezogen und deckte das schlafende Mädchen zu. Dann nahm sie Griffin an der Hand und zog ihn zum Bett hinüber, auf dem sie sich nebeneinander niederließen.
    »Sie bedeutet dir etwas, nicht wahr?« Emily nickte in Finleys Richtung.
    »Ihr alle bedeutet mir etwas.«
    »Aber Sam oder mich möchtest du nicht küssen.«
    »Teufel auch, nein.«
    Emily lachte. »Das hätte ich auch nicht gedacht. Also, wo ist das Problem, Junge?«
    Er betrachtete Finley, die ruhig auf dem Schreibtisch lag. Ein wenig Blut war durch das Laken gesickert, und der Anblick drehte ihm den Magen um, obwohl er wusste, dass die Wunden bereits verheilten. Am Anfang hatte die Haut sogar Anstalten gemacht, über die Splitter zu wachsen.
    »Was ist, wenn sich nun herausstellt, dass die dunkle Seite eher ihrem wahren Selbst entspricht? Wenn sie sich entscheidet, lieber böse als gut zu sein?«
    Offensichtlich war er sehr bedrückt, und sie hielt ihn für einen Trottel.

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