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Das Maedchen mit dem Flammenherz

Das Maedchen mit dem Flammenherz

Titel: Das Maedchen mit dem Flammenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kady Cross
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Anführerin der Bande ihm keinen Höflichkeitsbesuch abstattete.
    Sie nagte einen Moment am Daumennagel, warf sich schließlich aufs Bett und machte es sich bequem. Als wäre es ihr eigenes, stützte sie sich rücklings gemütlich auf die Ellbogen. »In Five Points macht ein seltsames Gerücht die Runde.«
    Als sie nichts weiter sagte, zog Jasper eine Augenbraue hoch. »Bisher erkenne ich nicht, was das mit mir zu tun haben sollte.«
    Sie schlug die Beine übereinander. Die Stiefelsohlen waren staubig, aber nicht so schmutzig, dass er sich Sorgen um die Tagesdecke machen musste. »Es heißt, morgen Abend werde es einen Aufstand geben, an dem alle Banden teilnehmen. Angeblich wollen die Cops mit aller Macht in das Viertel einfallen, um die Aufrührer zu verhaften.«
    Jasper starrte sie an. Wildcats Großvater, ein freigelassener Sklave, war in den sechziger Jahren während eines Aufstands erschossen worden. Anscheinend dachte sie jetzt an ihn. Kein Wunder, dass sie sich Sorgen machte und sogar Angst empfand.
    »Willst du hierbleiben?«, fragte er. »Viel Platz habe ich nicht, aber von mir aus kannst du hier abwarten, bis es vorbei ist.«
    Abrupt richtete sie sich auf, ließ die Beine über die Bettkante hängen und stützte die Ellbogen auf die Knie. »Es gibt keinen Aufstand, Jasper. Keine einzige Bande weiß etwas darüber, obwohl sie doch angeblich alle beteiligt sind.«
    Er schüttelte den Kopf. »Das verstehe ich nicht.«
    »Irgendjemand hat das Gerücht in Umlauf gebracht, um dafür zu sorgen, dass die Polizei in Five Points beschäftigt ist, statt anderswo aufzupassen.«
    Jasper runzelte die Stirn, verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich an die Wand. Morgen Abend war der Empfang der Historical Society. Das konnte doch kein Zufall sein. »Ob dieser Jemand vielleicht Reno Dalton heißt?«
    Wildcat nickte und lächelte leicht. »So scheint es. Ich musste lange herumstochern, um es herauszufinden, sonst wäre ich schon eher gekommen. Dieser Lump hat etwas vor, und dafür bringt er meine Leute in Gefahr.«
    Ihre außergewöhnlichen Augen blitzten zornig. Wildcat hatte mit ungehobelten Kerlen zu tun und führte sie sogar an, aber ihre Leute waren ihr wichtig, und sie versuchte, ihnen in ihrem ärmlichen Viertel ein möglichst gutes Leben zu bieten.
    »Wir glauben tatsächlich, dass er ein Ding drehen will, Cat. Gut möglich, dass er deshalb die Polizei abzulenken versucht.«
    Ihr hübsches Gesicht wurde hart. »Morgen Abend werden Menschen sterben, Jasper. Die Cops werden erst schießen und dann ihr falsches Mitgefühl zum Ausdruck bringen. Mitgefühl kann keine Toten erwecken.«
    Jasper konnte nichts daran ändern. Selbst wenn er zur Polizei ging, würde man ihm nicht glauben, und es bestand sogar die Möglichkeit, dass dort ein Fahndungsplakat mit seinem Konterfei hing. Möglicherweise konnte aber Whip etwas unternehmen.
    »Ich werde sehen, was ich tun kann, Cat. Inzwischen solltest du deinen Leuten sagen, dass sie zu Hause bleiben, sich von den normalen Kampfplätzen fernhalten, nicht in Gruppen herumlaufen und überhaupt alles vermeiden müssen, was man als aggressives Verhalten deuten könnte.«
    Wildcat fluchte, schwieg und presste die Lippen zusammen. »Mehr konnte ich wohl nicht erwarten.«
    »Ich wünschte, ich könnte mehr für dich tun.«
    Sie suchte seinen Blick. »Du könntest den Dreck aus meiner Stadt herausschaffen.«
    »Ganz bestimmt, und zwar in Ketten.«
    Das entlockte ihr ein Lächeln, bei dem sie die Reißzähne entblößte. »Wenn du das machst, schenke ich dir den Sechsschüsser, den du mir immer abschwatzen wolltest.«
    Die Aussicht, diese Waffe tatsächlich zu bekommen, ließ den bedrückenden Nebel verfliegen, der sich seit Meis Verrat über ihn gelegt hatte. »Das ist aber nicht nötig.«
    »Du sollst ihn haben.« Sie stand auf. »Ich muss zurück und den Leuten Bescheid sagen. Die meisten werden auf mich hören, aber die Dead Rabbits und die Bowery Boys sind ein streitlustiger, störrischer Haufen. Vielleicht beschließen sie sogar, die Cops herauszufordern. Diese Idioten.«
    Als sie zum Fenster ging, hielt Jasper sie auf. »Du kannst auch die Tür benutzen.«
    Cat grinste ihn über die Schulter hinweg an, während sie das erste Bein hinausschob. »Damit mich die feinen Schnösel sehen? Nein, ich habe einen guten Ruf zu verlieren. Pass auf dich auf, Jas.«
    Er lächelte. »Du auch, Cat.«
    Dann war sie weg. Er fragte sich, ob sie hinuntergeklettert oder sogar gesprungen war.

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