Das Maedchen mit dem Flammenherz
würde er vielleicht überleben. Sie konnte ihn vor dem Tod bewahren.
Dann wurde sie fortgerissen und versank endgültig in der Schwärze.
Finley hatte schlechte Laune.
Der Kampf in Bandit’s Roost war nur der Anfang gewesen. Sie mochte es nicht, wenn jemand sie verletzte, und sie mochte es noch weniger, wenn sie nicht auf Emilys Biesterchen zurückgreifen konnte, um die Verletzungen zu versorgen. Es war ihr egal, dass sie trotzdem noch viel schneller in Ordnung kommen würde als ein normaler Mensch. Sie wollte jetzt behandelt werden.
Zu den Verletzungen war noch eine Beleidigung hinzugekommen, als sie in Daltons Domizil zurückgekehrt waren. Ihr persönlicher Telegraf war beim Kampf beschädigt worden, also konnte sie sich nicht mit Emily in Verbindung setzen. Dalton hatte sich, ohne auch nur mit einem Wort auf ihre Verfassung einzugehen, mit dem mechanischen Teil zurückgezogen, das Jasper ihm gegeben hatte.
Inzwischen neigte sie zu der Ansicht, dass der Verbrecher trotz seines Charmes und seines guten Aussehens ein verdammter Flegel war.
Schließlich tauchte auch noch Mei auf und wuselte um Jasper herum wie eine aufgeregte Glucke. Dabei funkelte sie Finley an, als sei es deren Schuld, dass Jasper verletzt worden war, obwohl doch in Wirklichkeit das genaue Gegenteil zutraf. Es war nicht zu übersehen, dass die Chinesin sie nicht leiden konnte und eifersüchtig war. Nun ja, wenn Mei Lust hatte, im nächsten Kampf Finleys Platz einzunehmen, dann konnte sie das gern tun. Was für eine dumme Kuh.
Ja, es war wirklich sehr verlockend, einfach die Hand auszustrecken und an Meis Kragen zu zerren.
Stattdessen ging sie in die Küche und versorgte sich mit Brot und gebratenem Huhn. Nach einem Kampf hatte sie immer großen Hunger, und das Essen schien den natürlichen Heilungsprozess zu fördern.
Sie musste dringend irgendetwas tun, weil sie sonst Mei geohrfeigt hätte. Es sollte sie eigentlich nicht mehr stören, wenn andere Mädchen sie betrachteten wie einen Klecks Hundekot am Schuh, aber sie musste zugeben – natürlich nur vor sich selbst –, dass es zugleich wehtat und sie wütend machte.
Sie hockte sich auf die Anrichte, aß und spülte ihre Mahlzeit mit Eistee hinunter. Es schmeckte gar nicht so schlecht, wie sie befürchtet hatte. Eigentlich sogar ziemlich gut, obwohl es völlig verkehrt war. Jeder wusste doch, dass man Tee heiß servieren musste.
Als sie später mit einer dräuenden dunklen Wolke über dem Haupt in ihr Zimmer ging, hörte sie, wie jemand an die Eingangstür klopfte. Einer von Daltons Männern öffnete. Eine Mädchenstimme ließ sich vernehmen. Sie erkannte Emily, die offensichtlich nach ihr fragte. Was hatte Emily hier zu suchen?
Finley wandte sich zur Tür. Daltons Handlanger versperrte ihr den Blick, aber sie hörte deutlich, wie er sagte: »Verschwinde, du kleine Schlampe.«
Finley zuckte zusammen. So durfte niemand mit ihrer Freundin Emily umspringen. Sie trat hinter den Mann, packte ihn am Arm und warf ihn mit dem Gesicht voran gegen die Wand. Dabei drehte sie ihn ein wenig, damit er sich die Schulter auskugelte. Er schrie und ging zu Boden.
Sie beugte sich über ihn. »Ich renke dir die Schulter wieder ein, wenn du dich entschuldigst«, erklärte sie ihm leise.
Er fluchte, doch sie lächelte nur. »Oh-oh. Diese Einstellung weckt in mir eine unbändige Lust, dir noch einmal wehzutun.«
»Finley.«
Sie hob den Kopf und sah die Angst in Emilys Augen. Es war echte Angst – kein Entsetzen über Finleys Verhalten, sondern echter Schrecken. Irgendetwas war geschehen. Griffin war etwas zugestoßen.
Es war, als hätte jemand einen Lappen genommen und den ganzen Ärger und alle anderen Gefühle weggewischt. Benommen renkte sie dem Kerl den Arm ein, stieg über ihn hinweg und gesellte sich zu ihrer Freundin.
»Ist er tot?« Sie wunderte sich selbst, wie kräftig ihre Stimme noch klang.
Emily schüttelte den Kopf, aus den weit aufgerissenen Augen kullerten Tränen. »Das weiß ich nicht. Als ich zu dir aufgebrochen bin, hat er noch gelebt.«
Finley schluckte, um den Kloß im Hals loszuwerden. Griffin konnte nicht tot sein. Er hatte beim Kampf gegen den Maschinisten eine böse Messerwunde überlebt. Er musste auch dies überleben.
»Bring mich zu ihm.« Es war ihr egal, dass sie damit Jasper im Stich ließ. Es war ihr egal, ob sie mit ihrer Abwesenheit das bisschen Vertrauen zerstörte, das Dalton gerade zu ihr gefasst hatte. Dalton sollte zur Hölle fahren.
Mit einem Knall
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