Das Maedchen mit dem Flammenherz
kleiner Schnitt auf der Stirn schon fast verheilt. Kaum zu glauben, dass sie vor Kurzem noch wütend gewesen war, weil sie die langsame Selbstheilung ihres Körpers abwarten musste. Jetzt sah sie Griffin vor sich, der ums Überleben kämpfte.
»Lass mich nicht im Stich.« Blinzelnd kämpfte sie gegen die Tränen an, die ihr über die Wange rollten und auf seine Haut fielen. Und dann, da sie nicht wusste, ob sie jemals eine weitere Gelegenheit dazu bekommen würde, beugte sie sich vor und presste die Lippen auf seinen Mund. Sie küsste auch seine Stirn und hob schließlich die Hände, um sich die Tränen aus den Augen zu wischen.
»Finley?« Seine Stimme war schwach, aber es gab keinen Zweifel.
»Griffin?« Fast hätte sie einen Freudensprung gemacht. »Du bist ja wach.«
Er runzelte die Stirn, die Augenlider flatterten. »Weinst du? Mein Gesicht ist feucht.«
»Natürlich nicht«, log sie. »Sam war vor mir hier. Wahrscheinlich war er es.« Sanft wischte sie ihm mit dem Daumen die Tränen von den Wangen.
Ein Mundwinkel zuckte ganz leicht. »Lügnerin.« Dann schlug er die Lider ein kleines Stück weit auf, und als er die sturmblauen Augen auf sie richtete, war ihr, als geriete ihr Herz ins Taumeln.
»Du weinst«, flüsterte er. »Du hast doch nicht damit gerechnet, dass ich tatsächlich sterbe und dich ohne jemanden zurücklasse, der dich herumkommandiert?«
Ihr Lachen klang wie ein Schluckauf, weil ihre Kehle immer noch eng war. »Nein, das wäre völlig ausgeschlossen.«
Sein Lächeln verblasste. »Ich glaube, ich muss noch etwas schlafen.«
»Tu das«, antwortete sie, aber er war schon wieder weggesackt. Hektisch legte sie ihm die Finger auf den Hals und tastete den Puls. Erst als sie ihn gefunden hatte – schwach, aber gleichmäßig –, wagte sie wieder zu atmen. Er lebte.
Finley ließ den Kopf sinken, schloss fest die Augen und tat still für sich etwas, das manch anderer wohl als Beten bezeichnet hätte. Sie nannte es Betteln.
Es war schon dunkel, als Griffin das nächste Mal die Augen aufschlug. Wahrscheinlich sogar mitten in der Nacht, denn von den Straßen drang kaum ein Laut herein. Er wusste nicht, wie er ins Hotel zurückgekehrt war, nahm aber an, dass Sam und Emily ihn hergebracht hatten, nachdem er ohnmächtig geworden war.
Er hatte Kopfschmerzen und in der Brust bei jedem tiefen Atemzug ein Gefühl wie von tausend Nadelstichen. Davon abgesehen war er offenbar unversehrt und gesund. Gar nicht so übel, wenn er daran dachte, dass er vor ein paar Stunden sicher gewesen war, dass Gevatter Tod ihn holen würde.
Er rutschte im Bett herum und wollte sich die Decke über die Brust ziehen. Erst als er einen Widerstand spürte, bemerkte er, dass noch jemand auf dem Bett lag. Er musste nur noch einmal Luft holen – es tat schon gar nicht mehr so weh –, um Finley zu erkennen. Sie roch wie frisch gebackene Plätzchen.
Als sich seine Augen an das Mondlicht gewöhnt hatten, drehte er sich zu ihr um. Sie lag auf der Decke und hatte nicht einmal die Stiefel ausgezogen. Auf dem weißen Hemd zeichnete sich ein Blutfleck ab. Ihr eigenes? Oder stammte es von jemand anders? Die Haare hatten sich aus dem gewohnten Knoten am Hinterkopf gelöst und lagen auf ihrer Schulter.
Direkt nach ihrer Ankunft in New York hatte er eine Bemerkung gemacht, wo sie sonst noch schlafen könne. Sie hätte ihm für diese Gemeinheit eine Ohrfeige versetzen können, hatte es aber nicht getan. Und jetzt lag sie neben ihm und schlief.
Er hob die Hand, um sie zu berühren, doch der Verband störte ihn. Da erinnerte er sich an die Verbrennungen, die er sich bei der Berührung der Maschine zugezogen hatte, und an die schwarzen Ausläufer, die ihm die Haut zerschnitten hatten. Was für ein Ding war das gewesen? Was tat es im Äther? Diese Fragen gingen ihm durch den Kopf und fanden keine Antworten, während er langsam den Verbandmull abwickelte. Die Hand war empfindlich, aber schon weitgehend verheilt. Am nächsten Morgen würde alles wieder in Ordnung sein. Wären nicht die Organellen gewesen, die sein Großvater vor Jahren zusammen mit dem Ganit entdeckt hatte, wäre er wahrscheinlich längst tot.
Behutsam legte er die Fingerspitzen auf Finleys Gesicht. Die Wange fühlte sich weich und warm an. Ihre schweren Augenlider flatterten und öffneten sich, und dann lächelte sie ihn an.
»Du lebst«, flüsterte sie. Als er ihre Erleichterung und Freude sah, wurde ihm die Brust eng. Sie hatte Angst um ihn gehabt.
»Scheint wohl so«,
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