Das Maedchen mit dem Flammenherz
antwortete er. »Wie lange bist du schon hier?«
Finley wandte den Blick ab. Diese plötzliche Schüchternheit war eigenartig und passte nicht zu ihr. »Seit heute Nachmittag.«
»Bist du die ganze Zeit hiergeblieben?« Er war gerührt, aber auch überrascht. »Was ist mit Dalton und Jasper?«
»Die können warten, die laufen mir nicht weg.«
»Aber Jasper …«
»Der ist mir lange nicht so wichtig wie du«, gab sie mit einer gewissen Schärfe zurück. »Überlass die Amerikaner ruhig mir, ja?«
Griffin blinzelte. »Du bist wütend.«
Sie erwiderte seinen Blick. Im Mondlicht waren ihre Augen gespenstisch hell, fast wie die einer Katze. »Da hast du verdammt recht. Du hättest heute sterben können. Du liest mir die Leviten, weil ich allein weglaufe und etwas anstelle, aber du rennst dauernd herum und musst den Helden spielen.«
O ja, sie war wütend.
»Ich musste doch etwas unternehmen. Wenn die Maschine explodiert wäre, hätte sie uns alle getötet, und eine Menge andere Leute dazu.«
»Sam hat doch angeboten, sie zu zerstören.«
»Emily hat ihn nicht gelassen«, wandte er ein.
»Du wolltest es auch nicht zulassen, obwohl er am besten dazu geeignet gewesen wäre. Du musstest wieder den Retter spielen. Was ist denn nur los mit dir?«
Nun wurde auch er wütend. »Verzeih mir, dass ich versucht habe, Menschen das Leben zu retten.«
»Das meine ich nicht, und das weißt du auch. Natürlich willst du nicht, dass Menschen sterben. Das will keiner von uns. Aber warum musst du immer für andere Leute dein eigenes Leben aufs Spiel setzen, du verdammter Idiot?«
»Du hast gut reden – du hast riskiert, zu Tode geprügelt zu werden, nur um dich in eine Bande einzuschleusen.«
Sie funkelte ihn an. »Du fandest den Plan gut.«
Griffin erwiderte den Blick ebenso erbost. »Manchmal sind gute Pläne auch dumme Pläne.«
»Du bist selber dumm.«
»Nicht so dumm wie du.«
Sie schwiegen und starrten einander an. Griffin war nicht sicher, wer von ihnen zuerst einlenkte, aber das spielte auch keine Rolle. Nach wenigen Sekunden lachten sie beide über ihr kindisches Verhalten. Jedes Kichern war wie ein Tritt in die Brust, aber er konnte nicht aufhören.
Nach einer Weile wischte sich Finley die Augen trocken. »Wir sind schon zwei, was?«
»Das kann man wohl sagen.« Er meinte es ernst – viel mehr, als er es jemals offen zugegeben hätte. »Es tut mir leid, dass ich dir solche Angst gemacht habe.«
Sie öffnete den Mund und zögerte. Zuerst dachte er, sie werde es bestreiten. »Das sollte dir auch leidtun. Und mir tut leid, dass ich so eine blöde Kuh bin.«
Er grinste. »Ja, das sollte dir auch leidtun.«
Sie lächelte leicht, aber dann nahm sie die Hand, die er von dem Verband befreit hatte. »Versprich mir, dass du in Zukunft vorsichtig bist. Wir wollen dich nicht verlieren.«
Griffin entging nicht, dass sie wir und nicht ich gesagt hatte. Irgendetwas in ihrer Miene weckte seine Neugier. »Was gibt es, das du mir noch nicht gesagt hast?«
Sie schüttelte den Kopf, doch er bohrte weiter. »Finley, sag es mir.«
»Ich musste Emily versprechen, dir nichts zu verraten, solange sie nicht sicher ist, dass du dich erholt hast.«
»Es geht mir viel besser, und Emily ist nicht da. Sag’s mir.«
Finley starrte seine Brust an, und erst jetzt erinnerte sich Griffin, dass sein Oberkörper entblößt war. Verlegen zog er die Decke hoch. Sie hob den Blick, und obwohl es zu dunkel war, um es genau zu erkennen, war er sicher, dass sie errötete.
»Emily hat mir das Papier aus dem Schreibapparat gezeigt.«
Die Geistermaschine? »Das Ätherübertragungsgerät? War das Geschriebene demnach irgendwie sinnvoll? Ich habe angenommen, es sei nicht mehr als irgendein Gekritzel.«
Sie lachte humorlos. »Nein, es war eine zusammenhängende und ganz und gar unverschlüsselte Aussage.«
»Nun spuck’s schon aus. Was hat das Ding geschrieben?«
Sie suchte seinen Blick und hielt dabei seine Hand fest. »Der Text lautet: ›Ich werde dich erwischen, Griffin King.‹«
ZEHN
F inley wollte Griffin nicht einfach wieder allein lassen, und ganz besonders nicht, nachdem Emily ihr den von der Geistermaschine geschriebenen Text gezeigt hatte. Die Drohung gegenüber Griffin konnte man nicht missverstehen. Er war jedoch der Einzige unter ihnen, der etwas über den Äther wusste, und konnte ihnen trotzdem nur sagen, dass die dunkle Energie, die in Teslas Gerät zusammengeströmt war, es irgendwie geschafft hatte, ihn zu verletzen. Er
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