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Das Maedchen mit dem Stahlkorsett

Titel: Das Maedchen mit dem Stahlkorsett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kady Cross
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wohin dieser Klotz von Mann verschwand. Sie fühlte sich sowieso sicherer, wenn er nicht in der Nähe war.
    In den Ställen herrschte ein weiches, goldenes Licht vor. Finley war überrascht, dass dort tatsächlich einige Pferde standen. Außerdem entdeckte sie mehrere der eigenartigen mechanischen Apparate, mit denen Griff und Sam an dem Abend gefahren waren, als sich ihre Wege gekreuzt hatten.
    Auf dem mit Stroh bedeckten Boden schlich sie zu einer kleinen, schlanken Maschine, die Reifen mit dicken Profilen und eine sanft geschwungene Lenkstange hatte. Sie sah aus wie eines dieser modernen Fahrräder, war aber viel schwerer, hübscher anzusehen und sicherlich auch schneller. Sie strich mit der Hand über die verchromten Blenden und spürte das kühle Metall unter den Fingern.
    »Willst du weg?«
    Fluchend fuhr sie herum.
    Emily hockte auf dem Boden und arbeitete an einer kleineren Maschine, die rot lackiert war und nicht nur zwei, sondern drei Räder besaß. Auf der bleichen Wange hatte sie einen Ölfleck, die Haare waren zu einem unordentlichen Knoten gebunden.
    »Ja.« Trotzig reckte Finley das Kinn.
    Die kleine Irin blickte auf und schien sich zu wundern, dass Finley überhaupt noch da war. In einer Hand hatte sie einen ölverschmierten Lappen. Sie deutete auf die Maschine, vor der Finley stand. »Nimm die da, sie ist leichter und lässt sich besser steuern.«
    Wollte Emily sie denn nicht aufhalten? Dann betrachtete man sie wohl gar nicht als Gefangene. Hatte Emily keine Angst, Finley könne das Fahrzeug stehlen und nicht wiederkommen?
    »Willst du gar nicht wissen, wohin ich fahre?«
    Das Mädchen wischte sich die Stirn mit dem Handrücken ab und hinterließ einen zweiten Schmierfleck. »Wenn mich das was anginge, würdest du es mir von selbst sagen.«
    Finley lächelte erfreut. Sie war stark genug, um das Mädchen schwer zu verletzen, doch die Rothaarige blieb gelassen und völlig ruhig, was die Frage aufwarf, welche geheimen Fähigkeiten sie wohl besaß. Falls Emily über ähnlich interessante Fähigkeiten verfügte wie Griffin und Sam, war Vorsicht geboten.
    Das durfte sie nicht vergessen.
    »Was tust du denn da?« Auf einmal hatte sie es gar nicht mehr so eilig, das Haus zu verlassen.
    Emily nahm ein mattes Metallstück vom Velo ab und tausch te es durch ein neues glänzendes Ersatzteil aus. »Ich baue einen neuen Geschwindigkeitsregler ein.«
    Finley hockte sich neben sie und sah Emily zu, als diese das Teil festschraubte. »Wozu ist das gut?«
    Die Rothaarige grinste. »Damit kannst du schnell fahren.«
    »Sehr schnell?«, fragte Finley lächelnd.
    Emily kicherte. »Unheimlich schnell.«
    »Wie hast du das gelernt?« Finley fand es faszinierend und eigenartig, dass ein Mädchen Maschinen reparieren konnte. Es war sicher wundervoll, so etwas zu beherrschen.
    »Ich habe mich schon als kleines Mädchen dafür interessiert, wie Dinge funktionieren. Mein Vater und meine Brüder sind alle Erfinder oder interessieren sich für Technik. Ich bin das einzige Mädchen, und meine Mutter ist gestorben, als ich noch ganz klein war, also bin ich mit Maschinen aufgewachsen. Da war es klar, dass ich irgendwann selbst daran herumgefummelt habe.«
    »Faszinierend«, murmelte Finley und sah zu, wie das Mädchen die schmutzigen, geschickten Finger bewegte, als spielte es meisterhaft auf einem Instrument. »Tut mir leid, dass deine Mutter tot ist«, sagte sie schließlich.
    »Schon gut, ich kann mich gar nicht an sie erinnern.«
    »Meine Eltern leben noch. Na ja, meine Mutter jedenfalls. Sie hat wieder geheiratet. Mein richtiger Vater ist gestorben, als ich noch ein Baby war.«
    »Das tut mir leid.«
    Diese einfachen Worte überraschten und berührten Finley. Sie erwog sogar, auf den Ausflug zu verzichten und zu bleiben. Vielleicht konnte sie Emily bei der Reparatur helfen.
    Seit ihrer Kindheit hatte sie keine Freundin mehr gehabt. Die Mädchen mochten sie meist nicht, und die Jungs … die verlangten oft Dinge von ihr, die sie nicht wollte.
    Aber Emily war nicht ihre Freundin und würde es wahrscheinlich auch nie werden, weil Finley nicht mehr lange bleiben konnte. Sie gehörte einfach nicht in dieses vornehme Haus, das von klugen, privilegierten Menschen bewohnt wurde. Das war nicht ihre Welt.
    »Na gut.« Sie klatschte sich auf die Oberschenkel. »Dann breche ich mal auf.«
    Emily warf ihr einen Blick zu. »Pass gut auf dich auf.«
    Finley grinste sie an, während sie ein Bein über das Velo schwang. »Aufpassen? So macht

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