Das Maedchen mit dem Stahlkorsett
überhaupt nicht mehr.«
»Vielleicht braucht er nur etwas Zeit«, antwortete Jasper, als sie sich der Tür näherten. »Er wird schon wieder zur Vernunft kommen.«
»Glaubst du wirklich?«
Er zuckte mit den Achseln. »Womöglich braucht er vorher noch einen kräftigen Tritt in den Hintern.« Er grinste. »Dafür melde ich mich freiwillig.«
Griffin lachte, und als Jasper die Tür des Museums öffnete, ging er lächelnd als Erster hinein.
Das Wachsfigurenkabinett gehörte nicht mehr der Familie Tussaud. Griffin bat um ein Gespräch mit dem Verantwortlichen und stellte sich und Jasper vor, als der Herr erschien. Mr. White war ganz außer sich, dass ein Herzog sein Etablissement aufsuchte. Als Griffin ihm erklärte, dass er gern die Stelle sehen wollte, wo Victorias Figur vor dem Diebstahl gestanden hatte, zögerte Mr. White keine Sekunde. Das war einer der Vorzüge, wenn man den höchsten Adelstitel unterhalb dem eines Prinzen führte. Es kam nur selten vor, dass man aufdringliche Fragen beantworten musste oder einen Wunsch äußerte, der nicht sofort erfüllt wurde.
Der Kurator führte sie durch das Museum in den sogenannten Königssaal. Griffin war schon einmal dort gewesen und trotz der erstaunlichen Ähnlichkeit moderner und historischer Figuren nicht besonders hingerissen gewesen. Jasper dagegen kam aus dem Staunen nicht heraus und betrachtete aufgeregt die Statuen.
Griffin warf ihm einen amüsierten Blick zu. »Wenn du möch test, könnten wir noch das Gruselkabinett besuchen, ehe wir gehen.«
Der Cowboy nickte nur, weil er bereits von der nächsten lebensechten Gestalt angezogen wurde.
»Nach dem Diebstahl haben wir den betreffenden Bereich natürlich gesperrt«, informierte Mr. White sie. »Ich muss Ihnen nicht sagen, wie unangenehm dies ist, zumal Ihre Majestät gerade ihr diamantenes Thronjubiläum feiert.«
»Ja«, stimmte Griffin zu. »Besonders, da gerade aus diesem Anlass so viele Besucher in die Stadt kommen.«
»So ist es. Glücklicherweise gibt es genügend Neugierige, die den Eintritt trotzdem bezahlen, weil sie die Stelle sehen wollen, von der die Figur entwendet wurde. Ich muss Euer Durchlaucht sicher nicht eigens erklären, wie seltsam die Menschen manchmal sind.«
Griffin war durchaus bereit, ihm von Herzen zuzustimmen und tat dies auch, als Mr. White sie direkt in den Königssaal führte. Prinz Albert stand dort allein, ewig gebannt in der Pose, die er kurz vor seinem Tod eingenommen hatte. Es wäre seltsam, diesen Mann in der Blüte seines Lebens neben der Königin zu sehen, wie sie heute war.
»Gibt es Zeugen für den Diebstahl?«, fragte Griffin den Kurator.
»Nein. Wir haben einen Nachtwächter, doch der Arme wurde von den gemeinen Dieben niedergeschlagen. Es war ein hässlicher Hieb, der ihm einen Schädelbruch eingetragen hat.«
Mr. Whites Miene war seltsam, als sei er damit beschäftigt, ein Rätsel zu lösen. Griffin fragte sich, ob der Nachtwächter an dem Diebstahl beteiligt gewesen war, verwarf den Gedanken aber rasch wieder. Der Diebstahl einer Wachsfigur war es nicht wert, eine solche Stellung zu verlieren, und wenn der Mann bestochen worden war, um den Dieb hereinzulassen, hätte er keine so schwere Verletzung davongetragen.
»Wurde sonst etwas entwendet?«
»Nein. Deshalb glaubt Scotland Yard, es sei nur ein harmloser Streich gewesen.«
»Ihr Nachtwächter würde dieser Darstellung sicher widersprechen«, wandte Griffin ein. »Könnten Sie uns sagen, wo er wohnt? Ich würde gern mit ihm reden, wenn wir hier fertig sind.«
Einem Herzog schlug man nicht so leicht eine Bitte ab. Mr. White war offensichtlich neugierig, warum Griff mit dem Mann reden wollte, und auch, warum sich der Adlige überhaupt für die ganze Angelegenheit interessierte, doch er behielt seine Fragen tunlichst für sich.
»Selbstverständlich, Durchlaucht. Ich werde mich sofort dar um kümmern.«
Sobald er sie zum richtigen Ort geführt hatte, zog sich der Kurator zurück. Er musste inzwischen die Adresse des Wachmanns notieren und am Eingang aufpassen. Bevor er ging, bat er Griffin, ihn jederzeit zu rufen, falls er noch etwas benötigte. Damit verneigte er sich und ging.
Jasper wartete, bis der Mann verschwunden war. »Bist du es nicht leid, dass dir überall die Leute in den Hintern kriechen?«
Griffin betrachtete ihn mit gespieltem Ernst. »Ja. Es ist unsäglich ermüdend, wenn die Menschen immer das tun, was ich will. Das macht mir das Leben regelrecht zu Hölle.«
Jasper grinste und
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