Das Maedchen mit dem Stahlkorsett
Labor. Schau doch mal, was du herausfinden kannst.«
Nachdenklich nagte Emily an der Unterlippe. »Griff, was ist, wenn er außer dem Erz auch ein paar Organellen mitgenommen hat?«
Der junge Adlige presste die Lippen zusammen. »Dann müsste er immer noch herausfinden, wozu sie dienen. Hoffentlich hat er sie einfach nur für irgendeinen Schleim gehalten und sich vor allem für das Erz interessiert. Damit könnte er seine Maschinen sehr lange Zeit betreiben.«
Emily nickte, doch der besorgte Ausdruck wich nicht aus ihren Augen. Finley wusste zwar, dass die Organellen Verletzungen heilen konnten – das hatte sie selbst erlebt –, doch wenn Emily so bedrückt war, musste noch mehr dahinter stecken.
»Jasper, komm mit.« Griff kletterte aus dem Ring. »Während Emmy im Labor ist, fahren wir zu Madame Tussauds.«
Auch Finley zwängte sich durch die Seile. »Und was soll ich tun?«
Griffin drehte sich zu ihr um und blickte ihr in die Augen. »Ich finde, du solltest am besten hierbleiben, da sich unser Freund so sehr für dich interessiert. Du kannst Emily im Labor helfen.«
Er wollte sie nicht abwimmeln, aber sie wusste, dass eine unwiderrufliche Entscheidung gefallen war. Ebenso gut hätte er ihr sagen können, sie solle sich in ihr Zimmer zurückziehen und sich nicht selbst in Schwierigkeiten bringen. Natürlich hatte er Recht, aber trotzdem fühlte sie sich ausgeschlossen.
Sie gehörte wohl doch nicht zu ihnen.
Sam ging in die Schänke und fand Leon am gewohnten Tisch.
»Guter Mann«, sagte der ältere Mann, als sich Sam zu ihm setzte. »Was ist denn los? Du siehst aus, als hättest du gerade deinen besten Freund verloren.«
»Nicht nur einen«, korrigierte Sam ihn verbittert, während er der Kellnerin winkte, ihm eine Pinte zu bringen. »Sie sind alle so angetan von Finley Jayne, dass sie nicht mehr erkennen, was sich direkt vor ihrer Nase abspielt.«
Mitfühlend betrachtete Leon ihn, während die Bedienung einen schäumenden Krug Ale vor Sam abstellte. »Das Mädchen, von dem du mir erzählt hast?«, fragte er. »Diejenige, von der ich glaubte, sie würde Schwierigkeiten machen?«
Sam nickte. »Und ob sie Schwierigkeiten macht. Nur, dass Griffin sie entzückend findet und nicht zugeben will, dass sie vielleicht doch nicht ganz so wundervoll ist, wie er meint.«
Leon war ganz Mitgefühl und Verständnis, und Sam fühlte sich gut aufgehoben. Leon würde verstehen, was Sam über Emily und Griff zu berichten hatte, und wie er sich fühlte. Er würde begreifen, wie es war, immerzu draußen zu stehen und hineinzublicken.
»Erzähl mir, was passiert ist, mein Freund.«
Nach einem großen Schluck Ale begann Sam zu erzählen.
Griffin und Jasper fuhren mit den Velos zu Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett in der Marylebone Road. Normalerweise benutzte Griff die Räder nicht gern bei hellem Tageslicht, weil sie viel Aufmerksamkeit erregten. Velos waren relativ neue Transportmittel und recht kostspielig, weshalb der Fahrer sofort als wohlhabender Mensch zu erkennen war. Und nicht nur das – die Velos in seinem Stall waren speziell für diejenigen angefertigt, die damit fahren sollten, was sie noch auffälliger machte. Die Leute tratschten sowieso schon über den Duke of Greythorne und die Bande von Herumtreibern, die bei ihm hauste.
Falls Finley bei ihnen blieb, musste er wohl auch für sie ein Velo anfertigen lassen. Beim letzten Mal hatte sie das Reservefahrzeug benutzt, das für sie allerdings ein wenig zu groß war.
Abgesehen von alledem waren Velos jedenfalls das Verkehrsmittel, mit dem man am schnellsten die Stadt durchqueren konnte, und das war wichtiger als der Klatsch.
Sie stellten die Räder hinter dem langen und eleganten weißen Gebäude ab und schalteten die Maschinen aus, damit sie keinen Dampf mehr produzierten und für jeden, der etwa auf die Idee käme, sie zu stehlen, nutzlos waren. Wer nicht so stark war wie Sam oder wenigstens einige Freunde mitbrachte, konnte sich kaum mit den Fahrzeugen aus dem Staub machen.
»Was ist nur mit Sam los?«, fragte Jasper.
Griffin drehte sich erschrocken zu ihm um. »Er ist wütend.«
»Das ist mir auch schon aufgefallen«, erwiderte der Amerikaner kichernd. »Und für Finley hat er anscheinend ungefähr genauso viel übrig wie du für Jack Dandy.«
Griffin schenkte sich die Antwort. Nichts, was er sagen konnte, würde Jasper davon überzeugen, dass Finley und Dandy ihm egal waren. »Sam ist mein bester Freund«, sagte er. »Und ich kenne ihn
Weitere Kostenlose Bücher