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Das Maedchen mit dem Stahlkorsett

Titel: Das Maedchen mit dem Stahlkorsett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kady Cross
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deine Freunde zu wenden. Dann werden auch sie erkennen, was du schon die ganze Zeit weißt.«
    Wenn Leon es aussprach, klang es so einfach. »Du hast Recht.«
    »Das Alter hat durchaus seine Vorzüge«, entgegnete sein Freund lächelnd.
    Sie redeten noch eine Weile über andere Dinge, bis Leon seinen Kaffee austrank und erklärte, der Besuch müsse nun ein Ende finden. »Leider ruft mich noch eine andere Verpflichtung. Ich hoffe aber sehr, dass wir uns bald wiedersehen.«
    Sam stand auf, er überragte den anderen Mann deutlich. Trotz seiner Größe und der überlegenen Körperkraft kam er sich neben diesem weltgewandten Herrn, der seinen metallenen Körperteil würdevoll und ohne Schwierigkeiten angenommen hatte, jung und kindisch vor. Vielleicht würde auch Sam eines Tages so weit sein und den neuen Arm – und sein Herz – nicht mehr als etwas Fremdes und Falsches empfinden, nicht mehr als Verrat, zugefügt von den Menschen, die ihm so teuer waren.
    »Natürlich.« Er nahm die angebotene Hand und zuckte nicht zusammen, als Leon die verchromten Finger um die seinen schloss. Das Metall war warm, wo es die Kaffeetasse berührt hatte, und an den übrigen Stellen kalt.
    »Danke«, sagte er, als sie zusammen zur Tür gingen. »Es tut gut, dass du dir Zeit für mich nimmst und mir Ratschläge gibst.«
    Der ältere Mann lächelte. »Ich bin hier, wenn du einen Freund brauchst. Das wirst du hoffentlich nie vergessen. Du bist ein guter Mann, du wirst das Richtige tun, was deine Freunde angeht, und sie werden dir dafür dankbar sein.«
    Sam lächelte. Wie lange war es her, dass er das letzte Mal den Eindruck gehabt hatte, jemand könne ihn wirklich verstehen? »Auf Wiedersehen, Leon.«
    Der Mann mit den dunklen Haaren nickte knapp. »Samuel.«
    Sam polterte die enge Treppe hinunter, verließ das Gebäude und trat in die beginnende Dämmerung des Spätnachmittags hinaus. So wohl war ihm schon lange nicht mehr gewesen. Er wollte nach Mayfair zurückkehren und den anderen verdeutlichen, was Finley Jayne wirklich war. Dann würden sie einsehen, dass er Recht hatte und kein Idiot war. Sie würden die Wahrheit erkennen, und Finley würde geradewegs zu Jack Dandy rennen, wo sie hingehörte.
    Er hoffte nur, er konnte sie loswerden, ehe sie jemanden verletzte.
    Nach dem Museumsbesuch verabschiedete sich Jasper, um bei einigen Kontaktleuten Erkundigungen einzuziehen. Später wollte er Griffin aufsuchen.
    Als Griffin ins Haus zurückkehrte, waren Emily und Finley im Laboratorium immer noch mit Victorias Wachsfigur beschäftigt. Ihre eifrigen Gesichter entschädigten ihn für den Aufenthalt in der winzigen Kiste, die ihn in den Keller befördert hatte.
    »Habt ihr etwas herausgefunden?«, fragten die Mädchen fast gleichzeitig.
    »Ja«, antwortete Griffin und sah sich im Raum um. »Ist Sam immer noch unterwegs?«
    Emily nickte, und der Kummer stand ihr ins Gesicht geschrieben. Mit der Schutzbrille und der Schürze wirkte sie etwas verloren. Die unförmigen Stiefel waren ihr zu groß, die Schutzbrille viel zu wuchtig für ihren Kopf. Sogar die struppigen roten Haarsträhnen schienen die falschen Proportionen zu haben. Neben ihr stand Finley wie eine Amazone in Lederkorsett, kurzärmligem Hemd und schwarzen Hosen. Die Absätze ihrer schwarzen Lederstiefel waren kräftig genug, um die Knochen eines Mannes zu Staub zu zermahlen.
    »Was denn?«, bohrte Emily.
    Griffin wandte sich an sie und schämte sich dafür, dass er sich wieder einmal auf Finley konzentriert hatte, obwohl er Wichtigeres zu tun hatte. »Es war der Maschinist, wir haben sein Öl entdeckt. Der Nachtwächter hat ein wenig davon auf den Kopf bekommen, und es hat ihn geheilt. Der Maschinist besitzt Organellen und benutzt sie in dem Öl, mit dem er seine Automaten schmiert.«
    Emily runzelte die Stirn und dachte angestrengt nach. »Ich wüsste nicht, wieso die Biesterchen einem Schmiermittel nützlich sein sollen, aber ich mache mal lieber ein paar Tests.«
    »Hättest du in den anderen Proben nicht ebenfalls Organellen finden müssen?«, fragte Finley.
    Emily schüttelte den Kopf, die roten Fransen pendelten über den Schultern. »Sie brauchen etwas, aus dem sie Energie ziehen können, und sie imitieren die Materie, mit der sie in Berührung kommen. Ich hätte sie nur in einer frischen Probe entdecken können. Eine Weile später sind sie tot und sehen aus wie die Umgebung.«
    Griffin war nicht sicher, ob Finley es wirklich verstand. Zum Teufel, er verstand es selbst nicht

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