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Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht

Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht

Titel: Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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auf dem Hof verschleiert war?«
    Woher konnte sie das wissen? Zögernd nickte Madeleine.
    »Ich habe Monsieur Lebrun von Anfang an nicht geglaubt. Er ist beinah noch schlimmer als Ruggieri«, verkündete Margot.
    Madeleine spürte, wie die Gegenwart der Prinzessin langsam an ihren Nerven zehrte. »Warum erzählt Ihr mir das alles? Warum seid Ihr hier?«
    Margot schüttelte den Kopf und warf ihr einen herablassenden Blick zu. »Nur aus Neugier. Ich hörte, dass es jemanden Neues in den Privatgemächern meiner Mutter gibt. Und um Euch zu warnen. Ihr solltet Euch, wie gesagt, nichts auf das Interesse meiner Mutter einbilden. Ihr seid nicht mehr als eine weitere Kuriosität in ihrer Sammlung, genau wie ihre Zwerge oder ihr Papagei«, verkündete die Prinzessin, die sich bei diesen Worten auch schon wieder abwandte und aus der Tür rauschte. Verblüfft schaute Madeleine ihr hinterher.

San Lorenzo …

74
    E r hatte bewusst keinen einsamen Ort für ihr Treffen gesucht. Nichts war auffälliger, als wenn man ihn allein mit jemandem gesehen hätte. Stattdessen hatte er ein Wirtshaus in einem Ort nördlich von Paris ausgewählt. Der Schankraum war gefüllt mit Leuten, deren lautes Stimmengewirr einen kaum das eigene Wort verstehen ließ. Ihre Wangen waren vom Wein gerötet.
    »Ein Zimmer für die Nacht!«, sagte er zu dem Wirt. Er legte ein paar Münzen auf den Tisch.
    Der Mann händigte ihm einen Schlüssel aus. »Die Acht!«
    Er nickte dankend und ging die Stiege zum ersten Stock hinauf. Der Flur war leer. Er lauschte auf den Lärm, der aus dem Schankraum nach oben drang, dann lief er den Gang entlang, vorbei an der Acht, bis zu dem Zimmer am Ende, das die Nummer fünf trug. Er drückte leise die Klinke herunter.
    Der Herzog war bereits eingetroffen. Er hatte seinen Umhang nicht einmal abgelegt. Seiner ganzen Haltung war offensichtlich anzusehen, dass das Etablissement unter seiner Würde lag.
    San Lorenzo nickte ihm knapp zu.
    »Danke, dass Ihr kommen konntet!«, sagte Alava.
    »Was ist geschehen?« San Lorenzo blickte ihn fragend an.
    »Die Frau – sie ist entkommen«, teilte der Herzog mit.
    »Entkommen?«
    Der Spanier nickte.
    San Lorenzo strich sich aufgebracht die Haare aus dem Gesicht. »Die Guise – sie sind unfähig! Das ist der zweite unverzeihliche Fehler, der ihnen passiert.«
    Alava widersprach ihm nicht. »Sie wissen, dass sie das wieder in Ordnung bringen müssen«, erklärte der Botschafter.
    »In Ordnung?« , echote San Lorenzo. »Ist Euch bewusst, in welche Gefahr das mich und unsere ganze Sache bringen könnte? Wir wissen beide, dass die Behauptung, sie habe durch einen Zufall von dem Anschlag erfahren, nicht stimmen kann. Also hat sie selbst etwas herausgefunden oder von jemandem erfahren – und das bedeutet, dass es irgendwo bei den Guise einen Verräter geben muss. Alles, was wir in den letzten Jahren aufgebaut haben, könnte dadurch bedroht werden«, zischte er leise. Die unverhohlene Wut, die in seinen Worten schwang, war nicht zu überhören.
    »Ich verstehe Euch, aber die Sache ist kompliziert. So wie es aussieht, scheint die junge Frau bei ihrer Flucht tatsächlich Hilfe von außen gehabt zu haben«, versuchte ihm der Botschafter zu erklären.
    »Was meine Vermutung darüber, welche Gefahr sie darstellt, nur bestätigt«, erwiderte San Lorenzo nüchtern. »Habt Ihr einen Verdacht, von wem?«
    Der Herzog schüttelte den Kopf. »Wir hatten angenommen, dass das Ganze aus der Richtung Eures Lagers, also von den Hugenotten, kam.«
    »Nein. Die Hugenotten suchen selbst nach ihr. Nur die Unruhen um die Entführung des Königs und der Aufstand haben verhindert, dass sie das bisher nicht mit mehr Nachdruck getan haben. Glücklicherweise!«
    Der Spanier schaute ihn an. »Das gefällt mir nicht!«, sagte er schließlich.
    »Nein!«, bestätigte San Lorenzo. Ein kalter Zug zeigte sich um seinen Mund. »Wir müssen unbedingt herausfinden, wer ihr geholfen hat«, erklärte er dann.

75
    D er Kreis, den Ruggieri vor ihren Augen gemalt hatte, sah aus wie ein Rad, das in viele Abschnitte unterteilt war – in zwölf, genauer gesagt. Verteilt darüber befanden sich zahlreiche Symbole und Zeichen, die mit Linien kreuz und quer untereinander verbunden waren. Unten am Rand waren in akkurater Handschrift Berechnungen von Gradzahlen notiert.
    Ruggieris Hand fuhr über die Zeichnung. »Obwohl Eure Sonne im Zeichen des Sagittarius, des Schützen, steht, habt Ihr eine starke Betonung des Wasserelements in den Häusern

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