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Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht

Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht

Titel: Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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Küche dachte sie darüber nach, dass die Haushälterin angespannt gewirkt hatte. Ob ihr Zustand mit den Männern zusammenhing, die sie im Hof gesehen hatte? Sie fragte sich, wo Ronsard wohl war. Vermutlich im Herrenhaus, wie es seinem Stand entsprach. Seit ihrer Ankunft hier trennte ihre beiden Leben wieder eine unsichtbare Mauer. Erstaunlicherweise hatte sie sich jedoch keinen Augenblick lang gekränkt gefühlt, als er am gestrigen Abend – nach ihrer Vorstellung bei Anne Maineville und der seltsamen Erwähnung, dass sie katholisch sei – ohne ein weiteres Wort verschwunden war. Im Gegenteil, Madeleine war erleichtert, denn trotz der Zeit, die sie zusammen verbracht hatten, verspürte sie in seiner Gegenwart ein unbehagliches Gefühl. Sie fragte sich, warum. Er hatte ihr geholfen, ihr wahrscheinlich sogar das Leben gerettet. Ohne ihn wäre sie bestimmt den Schergen der Guise in die Hände gefallen. Trotzdem war sie nicht gerne in seiner Nähe.
    Dabei schien sich Ronsard allgemein bei Frauen und Mädchen größter Beliebtheit zu erfreuen. Sie erinnerte sich, wie die Mägde sich in seiner Gegenwart verhalten hatten. Vielleicht lag es nur daran, dass seine Person für sie so eng mit den Ereignissen im Wirtshaus verbunden war, überlegte Madeleine, als sie wenig später in der Küche saß. Hungrig aß sie von einem Teller frisches Brot, Früchte und etwas Schinken. Catherine, eine der beiden Mägde, hatte ihr das Essen wortlos und mit kühlem Blick gereicht. Madeleine erinnerte sich nur zu gut an ihren Gesichtsausdruck, als Ronsard erwähnte, dass sie katholisch sei, und fragte sich, ob das der Grund für ihre abweisende Art ihr gegenüber war. Sie unterdrückte ein Seufzen und nahm das letzte Stück Brot in den Mund, als die andere Magd hereinkam.
    »Madame Maineville sagt, du sollst diesem flämischen Jungen im Stall auch etwas zu essen bringen!«, sagte sie zu Catherine.
    Diese sah sie wenig erfreut an. »Wie soll ich das denn schaffen?« Sie deutete auf den Berg Gemüse neben sich. »Das hier muss alles geschält werden. Und der Teig für die Brote ist auch noch nicht fertig. Dann hat sie etwas zu essen bekommen, und nun soll ich dem Jungen auch noch etwas bringen?« Ihre Stimme überschlug sich aufgebracht, doch die andere Magd hatte ihr gar nicht zugehört und schon wieder das Weite gesucht.
    »Ich könnte das machen!«, schlug Madeleine vor.
    Catherine starrte sie an.
    »Ich habe ohnehin nichts zu tun«, fügte sie hinzu.
    Die Magd schien unentschieden, ob sie auf das Angebot eingehen sollte. Es war offensichtlich, dass sie von Madeleine nicht gerne Hilfe annehmen wollte, doch dann nickte sie widerstrebend. »Na gut!«, sagte sie schließlich kurz angebunden.
    Sie packte einen Korb mit Esssachen, den sie mit einem Tuch abdeckte, und erklärte ihr, dass der Junge rotes Haar und irgendeinen unaussprechlichen Namen hätte. Deshalb würden ihn hier alle Guillaume nennen.

41
    U nschlüssig blickte sich Madeleine vor den Ställen um. Die Pferde waren verschwunden, und auch von den Knechten war nichts mehr zu sehen. Sie ging auf das geöffnete Tor zu und betrat zögernd das Innere des Gebäudes. Ein leises Schnauben zeigte ihr, dass die Tiere in ihren Boxen waren. Am Ende der Gasse sah sie eine Gestalt, die mit emsiger Anstrengung einen Sattel wienerte.
    Sie erkannte ihn sofort wieder. Es war der junge Mann, den sie heute schon einmal auf dem Hof gesehen hatte. Selbst in dem halbdunklen Licht des Stalls waren seine roten Haare nicht zu übersehen.
    Sie ging auf ihn zu. »Du bist Guillaume, nicht wahr? Ich soll dir etwas zu essen bringen!«, erklärte Madeleine.
    Er schaute überrascht auf und lächelte dann breit, als er sie er kannte. »Eigentlich heiße ich Willem, aber hier nennen mich alle Guillaume!«, erwiderte er dann. Seine Aussprache klang fremdartig und ein wenig gebrochen. Dankbar nahm er den Korb entgegen. »Leistest du mir Gesellschaft?«
    Sie nickte, da sie ohnehin nichts anderes zu tun hatte, und ließ sich ihm gegenüber auf einen Strohballen sinken.
    »Du kommst nicht von hier?«, fragte sie, während sie beobachtete, wie er hungrig in das Brot biss. Ihr fiel auf, dass er müde und erschöpft wirkte.
    Er schüttelte zögernd den Kopf. »Nein, aus Flandern«, erwiderte er, als hätte sie das wissen müssen.
    »Aus den Niederlanden?«
    Er nickte.
    Sie schlang die Arme um ihre Beine. Sie erinnerte sich, was man sich im Kloster von St. Angela erzählt hatte. »Dort hat es einen Aufstand gegeben,

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