Das Mädchen mit den Teufelsaugen
allerwenigsten würde es auffallen, wenn diese Korrekturen nicht ausgeführt würden.
Matteo seufzte. Der Pinsel lag schwer in seiner linken Hand, sträubte sich, den Befehlen seines Herrn zu folgen. Einmal fiel er Matteo sogar auf den Boden. Und Matteo bückte sich nicht danach, sondern trat nach dem Pinsel, schimpfte dabei wie ein Fuhrknecht. Bis Dietrich schließlich kam, den Pinsel säuberte und ordentlich neben das Papier auf den Tisch legte.
«Ihr macht Fortschritte, Herr», sagte er leise.
«Unfug!», brüllte Matteo. «Nichts gelingt. Als sie noch da war, da war es schlimm, doch seit sie weg ist, ist alles noch viel schlimmer.»
Dietrich zog den Kopf zwischen die Schultern, machte sich am Feuer zu schaffen, erwiderte nichts. Nur einmal blickte er auf, zeigte zur Tür. «Da kommt jemand.»
Matteo hielt inne, erspähte auf dem Hof den Ratsherrn Dittmann.
«Geh, Dietrich, geh zur Apotheke. Kauf dort Leinöl und Alkohol. Bald werde ich mit Farben üben.»
Dietrich verstand, wechselte seinen Malkittel mit einem ordentlichen Umhang und verschwand. In der Tür traf er mit dem Ratsherrn zusammen. «Ist der Meister drinnen?», fragte dieser.
Dietrich nickte und ging.
«Gott zum Gruße, Meister Matteo», sprach der Ratsherr.
Matteo tat, als schreckte er aus seiner Arbeit hoch.
«Ach, Ihr seid es. Gott zum Gruße auch Euch.»
«Ist das Bildnis fertig? Ihr wisst, der Termin rückt näher.»
Matteo stand auf, trat vor die Staffelei. «Seht selbst, Ratsherr.»
Doch der Ratsherr beugte sich über die Zeichnungen. «Ihr übt Euch in der Kunst der Linksmalerei?»
Matteo schwieg, sah auf seine rechte Hand, die noch immer bandagiert war.
«Das ist recht so. Ihr werdet bald wieder malen können. Es war gut und richtig, Stillschweigen über die Schwere Eurer Verletzung zu bewahren. Es mangelt Euch doch nicht an Aufträgen?»
Matteo lächelte schief. «Die Bruderschaft, als es sie noch gab, sorgte gut für die ihren.»
«Das wird auch so bleiben.»
Der Ratsherr nickte Matteo zu, dann trat er vor das Porträt seiner Frau.
Lange stand er davor, betrachtete es mit zur Seite geneigtem Kopf. Erst nach einer Weile, die Matteo unendlich lang erschien, trat er zurück. Seine Stimme bebte leicht, als er sagte: «Ich sehe sie vor mir in diesem Bild, meine Maria. An mich halten muss ich, um nicht die Hand auszustrecken und ihr über die Wange zu streicheln.»
«Es lebt, das Bild. Sagt zumindest unser Geselle.»
«Recht hat er, der Geselle. Mir ist gerade so, als hätte der Maler meine Maria auch von innen gemalt. Ihr Herz, versteht Ihr, und ihr Hirn. So, wie sie eben ist.»
Matteo nickte. Auch er war angerührt von diesem Porträt,das er als Plan entworfen, Rosamund aber vollendet und belebt hatte.
Ratsherr Dittmann zog seine Geldkatze hervor. «Ich bezahle Euch jetzt und nehme das Bild gleich mit.»
«Es ist noch nicht ganz durchgetrocknet», gab Matteo zu bedenken.
«Das ist mir gleich. Es kann genauso gut in meinem Haus trocknen. Ich aber möchte keinen Augenblick mehr ohne dieses Bild sein.»
Er legte Matteo eine Summe auf den Tisch, für die ein normaler Handwerker ein ganzes Jahr lang arbeiten musste.
Matteo starrte auf die Goldgulden. «Das ist zu viel», flüsterte er.
Der Ratsherr schüttelte den Kopf. «Genau diese Summe ist mir das Bild wert. Der Wert bestimmt den Preis. So handelt man unter Ehrenmännern.»
Matteo schluckte. «Dann sage ich dem Dietrich, er möchte gleich nach seiner Rückkehr das Bild zu Euch bringen.»
«Gut so, mein Freund. Doch ehe er kommt, noch ein Wort von mir. Ihr wart gestern in Bornheim, nicht wahr?»
Matteos linke Hand strich über den Verband an seiner rechten. «Ja.»
«Die Bruderschaft gibt es nicht mehr, das habt Ihr sicherlich erfahren?»
«Ja. Aber ich weiß nicht, warum das so ist. Der Pfarrer, er hat mir nichts darüber gesagt.»
«Es gibt auch nicht viel darüber zu sagen. Euer Erscheinen hat letztlich dazu beigetragen, dass die Bruderschaft des Johannes Trithemius sich aufgelöst hat.»
«Ich!» Matteo wich entsetzt zurück, beide Hände in Abwehr erhoben.
Der Ratsherr lächelte. «Ja, Ihr. Eure Fragen waren es, über die sich die Mitglieder nicht einigen konnten.»
Der Ratsherr ließ sich auf den Schemel fallen. «Gibt es keinen Wein hier? Mein Mund ist ganz trocken vom vielen Reden.»
Matteo nahm die Kanne, goss einen Becher voll und schob ihn dem Ratsherrn hin. Der trank und seufzte.
«Wo war ich?»
«Ihr sagtet, der Zerfall der Bruderschaft wurde
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