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Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Titel: Das Mädchen mit den Teufelsaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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war es bereits dunkel. Matteo atmete tief durch. Er hatte Angst, den Sandweg zur Johanneskirche zu benutzen. Hier war er vor Wochen von dem Hund angefallen worden. Hier war er um seine Hand gebracht worden. Bisher hatte niemand den Hund fangen können,doch seit einiger Zeit ward er auch nicht mehr gesehen. Trotzdem schlug Matteo das Herz in der Brust wie ein Hammer auf einen Schmiedeamboss.
    Immer wieder blieb er stehen, sah sich nach allen Seiten um, lauschte in die Dunkelheit. Die Vögel hatten ihren Singsang eingestellt, der Wind murmelte nicht mehr in den Blättern, nur einzelne Tropfen blinkten im kahlen Geäst.
    Nebel lag über der Heide, und auch aus Matteos Mund kamen bei jedem Atemzug weiße Wölkchen.
    Einmal raschelte es dicht neben ihm. Sofort blieb er stehen, alle Sinne bis zum Zerreißen gespannt. Er blickte zurück zur Bornheimer Pforte, versuchte, den Abstand einzuschätzen. Doch es blieb still, und nach einer Weile beruhigte er sich und ging entschlossen, wenn auch mit weichen Knien, weiter.
    Stille lag über dem Dörfchen. An den meisten Katen waren die hölzernen Läden schon zugeschlagen. Hin und wieder entdeckte Matteo einen winzigen Lichtstreifen durch die Latten. Aus einigen Schornsteinen stieg Rauch auf, doch die Gassen waren leer. Kein Mensch, kein Hund, kein Lachen, kein Weinen. Nur zwei Ratten huschten ihm über die Füße.
    Eiligen Schrittes begab sich Matteo zur Johanneskirche, drückte die große Klinke, stemmte sich gar gegen das Türblatt, doch die Tür blieb verschlossen. Auch hier herrschte eine Stille, die tiefer zu sein schien als die eines ganz normalen Herbstabends.
    Matteo lief um das Gebäude herum, suchte nach demzweiten Eingang, der direkt in den Keller führte, fand ihn, doch auch hier war die Tür verschlossen.
    Mit hängenden Schultern stand er da, entdeckte im gegenüberliegenden Pfarrhaus noch Licht, klopfte dort an die Tür.
    Der Pfarrer selbst öffnete, und Matteo erkannte in ihm einen der Männer der Geheimen Bruderschaft.
    «Was führt Euch hierher?», fragte der Pfarrer und tat, als hätte er Matteo noch nie im Leben gesehen.
    «Es ist sieben Uhr, und die Kirche ist verschlossen», erwiderte Matteo.
    Der Pfarrer nickte, verschränkte seine Hände vor dem Bauch. «Das hat seine Richtigkeit. Unsere Kirche wird jeden Tag nach dem Vespergottesdienst verschlossen.»
    «Aber   … aber heute ist doch Dienstag!» Matteo konnte es nicht glauben. Der Pfarrer verhielt sich, ob er sich im falschen Dorf befände, vor der falschen Kirche, als wäre das alles hier ein großer Irrtum. Aber das konnte nicht sein. Die Bruderschaft hatte immer hier ihre Zusammenkunft gehabt.
    «Ja, heute ist Dienstag», bestätigte der Pfarrer.
    Matteo schüttelte den Kopf, trat von einem Bein auf das andere, nicht bereit, sich fortschicken zu lassen.
    «Und die Bruderschaft?», fragte er leise.
    Der Pfarrer sah ihn ungerührt an. «Ich weiß nicht, von was Ihr sprecht.»
    Matteo blieb hartnäckig. «Die Geheime Bruderschaft des Johannes Trithemius. Ihr wart doch dabei, ich habe Euch dort gesehen!»
    Der Pfarrer seufzte, sah sich nach allen Seiten um. Die Gassen lagen noch immer wie ausgestorben.
    Er packte Matteo am Ärmel, zog ihn ins Pfarrhaus hinein und bedeutete ihm mit einer Handbewegung zu schweigen.
    «Es gibt sie nicht mehr, die Bruderschaft. Es hat sie nie gegeben, versteht Ihr?»
    Matteo schüttelte den Kopf, und der Pfarrer verdrehte die Augen über so viel Begriffsstutzigkeit.
    «Einer hat geredet. Aus Angst. Erzählt hat er von der Bruderschaft. Und dass Euch ein Hund gebissen hat. Nun, die Strafe wäre es für all jene, die sich mit dem Teufel eingelassen haben. Deshalb gibt es keine Bruderschaft mehr und hat es auch nie eine gegeben.»
    Jetzt verstand Matteo, doch ihm fielen keine Worte ein.
    Stumm nickte er, wandte sich um und verließ das Pfarrhaus und das Dörfchen Bornheim, eilte durch die Heide und erreichte verwirrt sein Zuhause. Wie gern hätte er mit jemandem gesprochen über all diese Dinge. Aber da war niemand. Das Haus war leer, die Lichter gelöscht, das Feuer im Herd erloschen, das Bett kalt.
     
    Am nächsten Morgen begab er sich beim ersten Hahnenschrei in die Werkstatt und übte sich im linkshändigen Zeichnen. Das Bild der Dittmännin war seit Michaels Besuch unter einem Laken verborgen. Trotzdem kannte Matteo jeden Pinselstrich. Das Bild war fertig, zumindest beinahe. Ein paar kleine Korrekturen, ein paar fehlendeLichter, das war schon alles. Und den wenigsten, den

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