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Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Titel: Das Mädchen mit den Teufelsaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Kopf.
    Es war dunkel im Zimmer. Als Rosamund eine Kerze entzünden wollte, schüttelte er leicht den Kopf. «Nein, kein Licht.»
    «Du siehst doch nichts», entgegnete Rosamund.
    «Was nützen mir meine Augen, wenn ich nicht mehr malen kann, was ich sehe», erwiderte er feindselig.
    Rosamund schluckte. Sie hörte auch die Worte, die er nicht aussprach. Was nützen mir meine Augen, wenn ich durch deine Schuld nicht mehr malen kann, was ich sehe.
    Mit einem Mal fühlte sie sich elend. Sie hatte den ganzen Tag vor der Leinwand gestanden, voll von innerem Jubel, während ihr Mann allein und verlassen hier oben lag.
    «Verzeih», sagte sie leise. «Ich hätte dich nicht so lange allein lassen dürfen.»
    Matteo schnaubte. «Ich brauche dich nicht. Das, was du für mich tun kannst, kann genauso gut die Ulla übernehmen.»
    «Ich bin dir nicht mehr als die Magd?» Rosamund kämpfte mit den Tränen.
    «Die Ulla, sie hat mir nichts genommen», erwiderte er bitter.
    Rosamund nickte.
    Sie ließ sich auf ihr Bett fallen, doch Matteo rückte von ihr ab. Leise und bittend rief sie seinen Namen, streckte die Hand nach ihm aus. Er wich noch weiter vor ihr zurück, noch ein Stück – und da hörte sie ein dumpfes Poltern, gefolgt von einem Schmerzensschrei.
    Sofort war sie auf den Beinen, entzündete mit fliegenden Händen ein Licht.
    Matteo lag vor dem Bett auf den blanken Dielen und hielt mit schmerzverzerrtem Gesicht den kranken Arm. Sein Gesicht war grau, die Augen dunkel wie Höhleneingänge.
    Rosamund kauerte sich neben ihn, wollte ihn unter den Achseln packen, zurück auf das Bett ziehen, doch er schrie sie an: «Lass deine Finger bei dir. Rühre mich nicht an.»
    Rosamund fuhr zurück. «Aber warum   …»
    In diesem Augenblick klopfte die Magd an die Tür. «Kann ich helfen?», rief sie.
    «Komm rein», befahl Matteo.
    Schon stand Ulla im Zimmer. Matteo winkte sie zu sich. «Hilf mir auf.»
    Von der Ulla ließ er sich packen und auf das Bett zurückzerren. «Bring mir ein wenig Wasser», bat er dann noch, und Ulla eilte davon.
    Rosamund stand daneben, kam sich vor wie ein ungebetener Gast, der einfach nicht begreifen wollte, dass er störte. Keinen Blick hatte Matteo für sie, kein Wort.
    Da nahm sie ihr Bettzeug, klemmte Kissen und Decke unter den Arm. «Ich gehe in die kleine Kammer», flüsterte sie, wartete darauf, dass Matteo sie zurückhielt. Sie suchte seinen Blick, doch er wandte sich ab.
    Da ging sie zur Tür, und Matteo rief ihr nach: «Geh ruhig in die kleine Kammer. Richte dich dort ein. Für das, wofür sie einmal geplant war, werden wir doch niemals eine Verwendung haben.»
    Die Worte trafen Rosamund wie Axthiebe. Weinend ließ sie sich auf die Bettstatt in der kleinen Kammer sinken. Die kleine Kammer. Rosamund hatte die Hoffnung nie aufgegeben, dass daraus doch noch einmal das Kinderzimmer werden könnte.

Dreiunddreißigstes Kapitel
    Am nächsten Tag hatte Rosamund Mühe aufzustehen. Warum, dachte sie. Warum soll ich mich aus dem weichen, warmen Bett erheben, warum hinaus in den Morgen? Damit sich sehe, wie Ulla sich um Matteo kümmert? Was soll ich in der Werkstatt? Warum soll ich das Porträt malen, wenn Matteo letztendlich den Ruhm dafür einsteckt? Was ist eigentlich mit mir?
    Sie war mutlos und bekümmert. Immer war sie für Matteo da gewesen, hatte dafür gesorgt, dass im Haus alles zu seiner Zufriedenheit bestellt war, hatte in der Werkstatt geholfen. Und nun? Zum ersten Mal in ihrem Leben wusste sie nicht weiter. Alles war verloren: der Mann, das Leben, das sie sich mit ihm gewünscht hatte, ein Kind und nicht zuletzt auch die gemeinsame Arbeit in der Werkstatt.
    Rosamund glaubte an Gott, hatte immer an ihn geglaubt. Nichts, was ihr bisher widerfahren war, hatte diesen Glauben zerstören können. Gott war Gott. Und die Menschen manchmal eher Gottes Feinde als Gottes Kinder.
    Das Böse war ihr von den Menschen widerfahren, nicht von Gott. So hatte sie jedenfalls immer gedacht. Jetzt faltete sie die Hände, schloss die Augen, wartete, bis sie ganzruhig und konzentriert war, dann hielt sie Zwiesprache mit ihm. «Hast du mich wirklich von dir gestoßen? Trage ich tatsächlich das Böse in mir? Bringe ich den meinen Leid? Lieber Gott, ich kann mich nicht erinnern, sündig gewesen zu sein. Nicht mehr jedenfalls als andere auch. Du strafst bis ins dritte Glied. Bin ich die, die für die Schuld meiner Vorfahren büßen muss, oder muss ich büßen für eine Sünde, die mir nicht gegenwärtig ist?»
    Gott

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