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Das Mädchen und der Schwarze Tod

Das Mädchen und der Schwarze Tod

Titel: Das Mädchen und der Schwarze Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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aufrichtig gewesen. Niemals aber so innig. Und so wahrhaftig. An diesem Tag verstand sie den Satz aus dem Evangelium des Matthäus zum ersten Mal: »Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.«
    Nur einer stach heraus, der mit verschlossener Miene vor der Oldesloekapelle stand. Marike runzelte die Stirn, als sie erkannte, dass es sich dabei um Bernt Notke handelte. Ein erfreutes Lächeln huschte über ihre Züge. Sie hatte nicht bemerkt, dass er hereingekommen war. Warum war er nicht längst herübergekommen? Sie versuchte eine Weile vergeblich, seinen Blick einzufangen. Schließlich hatte Marike genug, rutschte aus dem Gestühl und machte sich auf den Weg, obwohl sich das mitten in der Messe nicht gehörte. Aber sie sorgte sich um den Maler, denn er sah völlig übernächtigt aus. Hatte er etwas von Oldesloe erfahren? War vielleicht etwas vorgefallen, dass er so unglücklich aussah? Marike wollte den Frieden der Betenden nicht stören.
    »Herrin!«, zischte Alheyd empört. Doch Marike ignorierte sie und ging leise außen um den Chorumgang, drängte sich durch die große Menge vor der Marientidenkapelle und kam an der Nordseite des Lettners bei der Oldesloekapelle an. Sie sah sich um. Dort stand Notke, eine schlanke und dunkle Gestalt am Rande der Menge, die seitlich am steinernen Lettner lehnte. Er sah zu, wie die Menschen einer nach dem anderen den Leib Christi empfingen.
    »Wollt Ihr nicht hinübergehen, Herr Notke?«, fragte sie ihn von hinten. Der Mann schrak zusammen, als habe sie ihn bei einer Untat ertappt. »Jungfer Marike«, stammelte er. »Ich … ich habe Euch gar nicht kommen hören.«
    »Ihr wart ja auch in Gedanken versunken«, stellte sie fest. »Habt Ihr bei dem Herrn Oldesloe etwas herausfinden können? Oder das hölzerne Buch gefunden?«
    Der Maler schüttelte den Kopf. Marike fand, dass er rastlos, ja gehetzt wirkte, denn sein Blick huschte hin und her, traf jedoch niemals den ihren. »Geht es Euch nicht gut?«
    »Mir?«, erwiderte er unwohl. »Doch. Mir geht es … gut.«
    »Und die Engel haben Euch geküsst und befohlen, in Stockholm einen Altar zu errichten.«
    Notke starrte sie verständnislos an, bis er begriff, dass sie ihn ironisch darauf hingewiesen hatte, dass er Unsinn redete. Doch er lächelte nicht, und das alarmierte Marike mehr als alles andere. Der Maler wusste sonst einen schnippischen Kommentar zu würdigen.
    »Wirklich, es geht mir gut«, behauptete er. »Macht Euch um mich keine Sorgen.«
    »Aber das tue ich, Meister Notke!«, erwiderte Marike besorgt. »Natürlich sorge ich mich um Euch. Genauso wie Ihr Euch gestern um mich gesorgt habt.« Als sie auf die Nähe des gestrigen Tages ansprach, wurden Notkes Züge weicher. »Natürlich tut Ihr das. Ich … ich muss mir nur über einiges klar werden.«
    »Und was wäre das, Bernt?«
    Er bemerkte sehr wohl, dass sie seinen Vornamen benutzte, doch es schien ihn eher zu schmerzen. Dann bekannte er leise: »Wie meine Zukunft aussehen wird.«
    Der Tonfall machte Marike Angst. Gestern hatte sie gedacht, dass er sich eine Zukunft mit ihr wünschte. Hatte er nun doch plötzlich Zweifel an einem gemeinsamen Leben? Doch wenn sie an seine Umarmung zurückdachte und die zärtlichen Küsse auf den Scheitel, dann wusste sie, dass dieser Mann mit ihr zusammen sein wollte. Also musste etwas geschehen sein. Sie legte ihm die Hand auf den Arm. »Bernt, was ist nur los mit Euch? Ist es Oldesloe? Bedroht er Euch?«
    Notke zog den Arm zurück. Er starrte sie an, bevor er mit fester Stimme sagte: »Er hat mir etwas zum Nachdenken gegeben.«
    Marike musterte den Maler, der sich von gestern auf heute so vollständig gewandelt hatte, und spürte, wie ihr langsam die Angst in die Glieder kroch. Neben ihnen hatte sich die Gruppe der Menschen gelichtet, die noch auf die Kommunion warteten. Als der Kaufmannstochter das Schweigen zu unbequem wurde, schluckte sie schwer und fragte: »Wollt Ihr nicht den Leib Christi empfangen, Notke?«
    Der Maler schaute hinüber zu dem Priester, der den Gläubigen das Brot reichte. Plötzlich wirkte der in der letzten Zeit so vertraute Mann wie ein Fremder auf Marike. Er schüttelte düster den Kopf. »Nicht heute«, murmelte er. Dann ging er und ließ Marike ohne ein Wort stehen.
    Erst blinzelte diese ihm verblüfft nach, dann drehte sie sich wütend um. Wenn er nicht reden wollte, sollte er doch sehen, wo er blieb. Aufgebracht stapfte sie um den Chor zurück zu ihrem Vater. Der stand auf

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