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Das Mädchen und der Schwarze Tod

Das Mädchen und der Schwarze Tod

Titel: Das Mädchen und der Schwarze Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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all die Menschen sterben?« Das Ächzen des alten Gebäudes füllte die entstehende Pause.
    Der riesige Mann ließ sich nicht stören. Er wusch seine Unterarme weiter mit dem bereits rot gefärbten Wasser. »Ich habe es Euch einmal gesagt. Ich sage es Euch wieder. Kümmert Euch um Eure eigenen Angelegenheiten. Ihr habt keine Ahnung, in was Ihr Euch überhaupt einmischt!«
    »Dann sagt es mir! Was auch immer es ist, was auch immer Ihr da tut – es kann den Tod so vieler lieber Menschen nicht wert sein!«
    »Woher wollt Ihr das wissen? Es ist jeden Tod wert – ob zehn, achtzehn oder zweihundert, gar zweitausend!«
    »Und warum? Um einem Götzen zu opfern, dem der Sinn nach Blut steht?«
    Oldesloe zog eine Augenbraue hoch. »Das habt Ihr herausgefunden? Respekt.« Dann schüttelte er den Kopf. Er griff zu einem Leinentuch, um sich die Hände und die Arme abzutrocknen.
    »Aber nicht genug. All dies, werte Jungfer«, er richtete sich zu seiner ganzen Größe auf und streckte dabei den Rücken, den er sich beim Waschen gekrümmt hatte, »ist kein simpler Opfergang. All dies dient nicht zur Sättigung eines Dämons. All dies dient zu nicht weniger als zur Erlösung der Stadt!«
    »Erlösung – wie? Und wovor?«
    »Vor der Pest und dem sicheren Untergang.« Er machte eine dramatische Pause. »Wir werden den Tod aus Lübeck verbannen.«
    »Ihr wollt …?« Marike wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Sie hatte ja bereits geahnt, dass schwarze Magie oder Hexerei dahinterstehen könnten. Doch das … wie sollte das funktionieren? »Ihr wollt den Tod … aus der ganzen Stadt verbannen? »
    Der rotgesichtige Mann nickte aufgeregt. Das Haus um sie herum arbeitete, und die Wendeltreppe neben Marike knarrte leicht. »Allerdings. Alle, die in Lübeck wohnen, werden leben – egal, wie alt sie sind, egal, wie krank sie sind, egal, ob sie im Sterben liegen oder nicht – wir werden leben. Denn der Tod kann uns nicht finden.«
    Marike staunte. »Niemals?«
    »Niemals.«
    »Und es wird nie wieder jemand sterben?«
    Oldesloe zögerte kurz – er war sich offenbar nicht sicher. »Nun, zumindest nicht jene, die hier jetzt leben. Wie es mit der nächsten Generation aussieht … das wird man sehen, nicht?«
    Die schiere Gewalt dieses Plans raubte Marike den Atem. Sie wusste nicht, ob möglich war, was Oldesloe beabsichtigte. Er schien davon zumindest überzeugt, denn er tötete dafür. Doch genau darin lag der Haken. »Ihr tötet Menschen, um Menschenleben zu retten?«, fragte sie. Ein wiederholtes Knacken an der Wendeltreppe drohte sie abzulenken, doch Marike hielt ihre Augen fest auf den Mann vor ihr geheftet. Sie durfte nicht unachtsam sein! Wenn Oldesloe zum Messer griff, wäre es aus mit ihr. Sie hätte tatsächlich niemals allein herkommen dürfen.
    »Es klingt widersinnig, ich weiß«, seufzte Oldesloe und stopfte sein langes Hemd in die Hose. Gönnerisch zwinkerte er ihr zu. »Wenn Ihr es mit einem Auge für die größeren Zusammenhänge betrachtet, Jungfer, dann ergibt das durchaus einen Sinn. Lübeck besteht aus Menschen, die in Ständen angeordnet sind. Vom Bischof über die Ritter, den Bürgermeister, die kirchlichen Stände hinunter bis zu den einfachen Handwerkern, den Weibern, den Jungen und den Alten. Ja, ich sehe, auch das habt Ihr bereits herausgefunden. Euer Vater hat Euch also doch nicht so oft auf den Kopf fallen lassen, was?« Er lachte polternd. Aus jeder seiner Bewegungen sprach die Kraft, die der Mann besaß. In Marikes Kopf pochte die Angst.
    »Der Totentanz steht für Lübeck, er ist ein Symbol für die Stände unserer Stadt. Diese Leute sterben an unser aller statt! Notkes Totentanz wird ihr Opfer für alle Zeiten bewahren. Und Lübeck bleibt unberührt. Lübeck...«, er breitete schwärmerisch die Arme aus, als wolle er die Stadt umarmen, »Lübeck ist der Kopf der Hanse, ein Mythos! Lübeck muss seine Größe bewahren! Wie sollen wir das tun, wenn die Bürger hier genauso wie die Fliegen sterben wie anderswo auch?« Er schüttelte den Kopf und wendete sich Marike ganz zu. »Nein, Jungfer. Wir müssen diese Stadt erlösen. Wir müssen sie vor allem Übel bewahren, denn sie ist einmalig auf der Welt. Aber wir müssen auch ein Zeichen setzen, das Lübecks wahrhaft würdig ist. Eines, das die Jahrhunderte überdauert und unseren Stand als Königin der Hanse für immer festschreibt!«
    Marike starrte den Mann sprachlos an. Irgendwie hatte sie es die ganze Zeit gewusst. Anton Oldesloe war wahnsinnig. Ob

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