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Das Mädchen und der Schwarze Tod

Das Mädchen und der Schwarze Tod

Titel: Das Mädchen und der Schwarze Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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»Natürlich. Das heißt, Ihr habt kein Interesse an der Bruderschaft des heiligen Blasius?«
    Notke erstarrte entsetzt. Dann begriff er die peinliche Situation. »Ihr seid Oldesloes Geschäftspartner?«
    Der Schmied lachte humorlos auf. »So hat er mich genannt? Ich schätze schon.«
    Der Maler wusste nicht, was er davon halten sollte. Er traute in Lübeck momentan keinem Menschen weniger über den Weg als diesem Mann. Und ausgerechnet er war der Kopf dieser Bruderschaft, der Notke sich anschließen wollte? Er starrte den Kerl an, um seine Absichten zu ergründen.
    »Hab ich was im Gesicht?«, grunzte Lynow gereizt.
    Notke schüttelte den Kopf und schluckte eine unfreundliche Antwort hinunter. »Ich war unhöflich, Herr Lynow. Ich bitte um Entschuldigung.«
    »Hab Euch überrascht, hm?«, grinste der schwitzende Kerl. »Macht nichts.« Er zog ein Leinentuch aus dem Wams. »Das kommt über die Augen!«
    Notke erstarrte. Er sollte diesen Mann seine Augen verbinden lassen und sich dann in seine Hände begeben? Was, wenn das eine gut eingefädelte Falle war? Lynow hier war ein ordentlicher Zunftmeister. Steckte vielleicht das Amt der Maler von Lübeck dahinter? Wollten sie einen lästigen Freimeister aus dem Weg schaffen, der ihnen vom Stadtrat verordnet worden war? Notke atmete ein paarmal durch und versuchte, seine galoppierende Furcht zu zügeln. Anton Oldesloe hatte ihm den Auftrag für den Totentanz erteilt. Warum sollte sein Gönner ihn jetzt hierherlocken, um ihm etwas anzutun? Er entspannte sich und schalt sich einen Narren.
    »Stimmt was nicht, Notke?«, schnarrte der Schmied. Er sah mit seinen blutunterlaufenen Augen wirklich bösartig aus, doch seine Bewegungen wirkten eher fahrig.
    »Nein, nein. Alles gut, Meister«, antwortete der Angesprochene. Hier wurde ein Spiel gespielt, dessen Regeln der Maler nicht kannte. Nichts hasste er mehr als das.
    Lynow hob die Augenbinde und zog Notke schnaufend in einen Hauseingang. »Mach schon!«
    Im Augenblick fühlte er sich wieder wie vor seiner Malertaufe, spürte Übelkeit im Bauch. Notke erinnerte sich noch mit Stolz an seine Gesellenprüfung, nach der er in einen großen Bottich mit Farbe geworfen worden und an einem Kreuz zum Trocknen aufgehängt worden war, wo ihn die anderen Gesellen mit faulen Früchten beworfen hatten. Auch diesen Leuten hier musste er wohl oder übel vertrauen. Also atmete Bernt Notke einmal tief durch und nickte, bevor die Augenbinde ihm die Sicht nahm. Darüber stülpte ihm der Schmied mit groben Fingern eine Gugel, damit er nicht so auffällig wirkte.
    Neben sich hörte er den Schmiedemeister schnaufen und war ganz dankbar, als der ihm eine Hand auf den Arm legte. »Wartet noch … Jetzt.« Lynow zog Notke voran und bugsierte ihn ziemlich unsanft durch die Gegend. Der Maler versuchte, seine aufkeimende Panik zu zügeln, als er über das unebene Kopfsteinpflaster stolperte, mit einem Fuß in der Abwasserrinne hängen blieb und sich im letzten Augenblick noch fing.
    »Passt doch auf!«, knurrte der Schmied und zog ihn weiter.
    »Kunststück«, zischte Notke zurück. Mehr und mehr verließ er sich auf sein Gehör und setzte auch seinen Geruchssinn ein. Stimmen drangen aus einem Hausfenster an sein Ohr, und in der Ferne ratterte ein Fuhrwerk über eine Straße – wie es schien entfernte man sich von der Mühlenstraße. Nach ein, zwei scharfen Kurven hatte er die Orientierung völlig verloren und klammerte sich an den Ärmel von Lynows Hemd. Die Geräusche von Menschen und Tieren um ihn herum wurden lauter, was bedeutete, dass man sich einem belebteren Orte näherte.
    Schließlich drang ein Flüstern an Notkes Ohren, dann das unheimliche Quietschen einer schlecht geölten Angel. Ein Frösteln ergriff ihn. Mehr denn je wollte er sich gegen den Griff des Schmiedes stemmen, um sich in Sicherheit zu bringen. Dann hörte er schwere hohle Schritte und wurde vorangezogen. Er stolperte, denn der Boden fiel plötzlich ab. Der laute Hall der Schritte bedeutete wohl, dass man sich in eine Kirche begeben hatte – der Duft von Weihrauch, Bienenwachs und Leichensäften sprach ebenfalls dafür. Nun gab es kein Zurück mehr.
    »Willkommen! Seid Ihr bereit?« Eine fremde helle Männerstimme begrüßte ihn mit salbungsvollem Tonfall. Einen Augenblick lang erwog Notke, dies zu verneinen. Er hatte noch von keiner Pestbruderschaft gehört, die so geheimnisvoll vorging. »Das bin ich!«
    »Dann folgt mir.« Wieder zog ihm ein eisiger Hauch über den Nacken, und

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